Die Temperaturen in der Schweiz waren in den letzten zwei Jahrzehnten noch nie so hoch wie zuvor seit Messbeginn. Das hat einen starken Einfluss auf den Permafrost, der sich weiter erwärmt, wie Langzeitmessungen des Schweizer Permafrostmessnetzes (Permos) zeigen.
Die in Bohrlöchern gemessenen Permafrost-Temperaturen sind an allen 15 Beobachtungsstandorten angestiegen, wie Permos am Dienstag mitteilte. Die 32-jährige und längste Messreihe vom Blockgletscher Corvatsch-Murtèl im Oberengadin zeige, dass sich der Permaforst seit Messbeginn in 10 Metern Tiefe um etwa 1 Grad Celsius erwärmt habe und in 20 Metern Tiefe um etwa 0,5 Grad.
Auch der Wassergehalt im Permafrost ist deutlich gestiegen und die Auftauschicht - die Schicht, die im Sommer positive Temperaturen erreicht - ist an den Bohrlochstandorten um mehrere Meter tiefer geworden.
Zudem haben sich die Bewegungen der 15 vermessenen Blockgletscher, die aus Gesteinsblöcken und Eis bestehen, erhöht. Ihre Geschwindigkeit liege heute bei mehreren Metern pro Jahr, hiess es. Zu Beginn der Messungen in den 90er-Jahren sei der Wert noch bei mehreren Dezimetern pro Jahr gelegen.
Erwärmungstendenzen verstärkt
Diese Tendenzen haben sich laut Permos in den letzten zehn Jahren verstärkt. Die fünf wärmsten Jahre sind alle nach 2010 gemessen worden. Nahe der Oberfläche blieben die Jahresdurchschnittstemperaturen in den letzten 10 Jahren denn auch an den meisten Standorten über 0 Grad Celsius.
Das bedeute, dass sich der Permafrost der Alpen nicht mit den aktuellen klimatischen Bedingungen im Gleichgewicht befinde, so Permos. Dieses Ungleichgewicht spiegele sich auch in einer Erwärmung des Permafrosts wider, die kleiner sei als die Zunahme der Lufttemperaturen im gleichen Zeitraum. Laut Permos deutet das darauf hin, dass sich der beobachtete Trend noch für lange Zeit und bis in grosse Tiefen fortsetzen wird.
Die Auswertungen über die letzten 20 Jahre haben zudem räumliche Muster erkennen lassen. So hat sich gezeigt, dass der kalte Permafrost in den höchsten Gipfeln, wo permanentes Eis nur in Fels-Poren und Klüften zu finden ist, am schnellsten erwärmt. In den flächenmässig grössten, eisreichen Schuttgebieten ändern die Temperaturen hingegen nur wenig. Permos führt das auf die grosse Menge Energie zurück, die zum Schmelzen des Eises nötig ist.
Wenig Schnee, weniger Erwärmung
Eine weitere Erkenntnis war, dass die Schneebedingungen einen Einfluss auf die Erwärmung haben. So hat etwa der schneearme Winter 2016/2017 die Erwärmung kurzzeitig unterbrochen. Grund dafür war laut Permos, dass der Untergrund ohne die isolierende Schneedecke auskühlen konnte. Die Messungen zeigten zudem, dass Änderungen der Deformationsgeschwindigkeiten von Blockgletschern generell der Entwicklung der Permafrosttemperaturen und des Wassergehalts folgen.
Als Permafrost bezeichnet man dauerhaft gefrorenes Untergrundmaterial. In der Schweiz findet man ihn unter rund fünf Prozent der Landesfläche, typischerweise in schattigen Schutthalden und Felswänden oberhalb von etwa 2500 Metern über Meer.
Permos wurde im Jahr 2000 gegründet und liefert derzeit die grösste Datensammlung zu Permafrost in Gebirgsregionen. Die längste Datenreihe deckt über 30 Jahre ab.