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Pestizidinitiative trifft Industrie hart

Die Initiative «Für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide» würde die Schweizer Lebensmittelverarbeiter und Detailhändler massiv treffen. Denn sie importieren viele Waren, die mit «Pestiziden» hergestellt wurden.

Daniel Salzmann |

 

 

Die Initiative «Für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide» würde die Schweizer Lebensmittelverarbeiter und Detailhändler massiv treffen. Denn sie importieren viele Waren, die mit «Pestiziden» hergestellt wurden.

Am 14. Juni 2019 verschickte der Schweizer Schokoladehersteller Lindt & Sprüngli eine Medienmitteilung. «Nach nur 12 Monaten Bauzeit und einer Investition von mehr als 30 Millionen Franken eröffnet Lindt & Sprüngli den Aus- und Neubau des Produktionsstandortes in Olten – dem Lindt Cocoa Center – mit einem feierlichen Anlass.»

Bei Ja Bau Fehlinvestition

Die Investition sei ein Bekenntnis zum Standort Schweiz und dank der erhöhten Kapazitäten in der Kakaomasseherstellung der Grundstein für künftiges Wachstum der gesamten Firmengruppe. Es seien acht neue Stellen dazugekommen, erklärte laut der Fachzeitschrift «Alimenta» der Standortleiter Martin Salzmann. Gesamthaft würden dort 32 Leute im Dreischichtbetrieb in der Fabrikation arbeiten.

Die grosse Investition folgt dem unternehmerischen Erfolg der Lindt-Sprüngli-Gruppe, die immer mehr Schokolade verkauft und jedes Jahr Marktanteile gewinnt. Doch der Bau könnte sich als Fehlinvestition herausstellen. Dann nämlich, wenn die Schweizer Stimmbevölkerung die Pestizidverbotsinitiative annimmt. Diese schreibt nicht nur den Schweizer Landwirten den völligen Verzicht auf chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmittel vor. In der ihr eigenen Konsequenz steht im Initiativtext ebenfalls:«Die Einfuhr zu gewerblichen Zwecken von Lebensmitteln, die synthetische Pestizide enthalten oder mithilfe solcher hergestellt worden sind, ist verboten.»

Kein Bio-Kakao

Auf den Schokoladetafeln von Lindt und auf den berühmten Lindor-Kugeln, um die sich in China die Konsumenten reissen, prangt kein Bio-Logo. Es ist also davon auszugehen, dass die Kakaobohnen, die aus dem afrikanischen Ghana via die Niederlande nach Olten gelangen, auch mit chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln hergestellt worden sind. Mindestens ist es nicht auszuschliessen.

Im «Lindt & Sprüngli Farming Plan» schult die Firma die Kakaobauern in Ghana zwar auch in ökologischem Anbau, von einer Bio-Zertifizierung oder einem völligen Verzicht auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel ist auf der Lindt-Website dabei allerdings nicht die Rede. Der «Schweizer Bauer» fragte bei Lindt & Sprüngli nach, wie viele Tonnen Kakaobohnen jährlich in die Schweiz gelangen, wie viele davon nachweislich ohne chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel hergestellt worden seien, wie viele Arbeitsstellen Lindt & Sprüngli in der Schweiz in Produktion, Qualitätssicherung und Forschung und Entwicklung bietet und wie sich Lindt & Sprüngli gegen die Pestizidinitiative engagieren wird.

Lindt will sich nicht äussern

Mediensprecherin Sara Thallner gab zur Antwort bloss: «Als Schokoladehersteller im Premium-Segment legen wir unseren Fokus seit jeher auf verantwortungsvolles Handeln gegenüber all unseren Stakeholdern und der Umwelt. Wir möchten uns deshalb zur aktuellen politischen Diskussion nicht äussern.»

Fakt ist: Bei einem Ja zur Initiative müsste Lindt & Sprüngli die allenfalls mit Pestiziden hergestellten Kakaobohnen im Ausland rösten, was auch zum Kauf von viel weniger Schweizer Milchpulver führen könnte, oder ihre Beschaffung komplett auf Bio-Bohnen umstellen. Die Schweiz würde überdies in Konflikt mit dem Handelsrecht der Welthandelsorganisation (WTO) geraten – regulatorische Unsicherheit ist für die Wirtschaft bekanntlich nie gut. 

Nestlé: «Geht zu weit»

Eine weitere Firma, die von einem Ja zur Pestizidverbotsinitiative stark betroffen wäre, ist Nestlé Schweiz. Nicht nur stellt die Firma in Broc FR mit importiertem Kakao Cailler-Schokolade her, sondern in gleich drei Fabriken – Avenches VD, Orbe VD und Romont FR – werden enorme Mengen importierte Kaffeebohnen für die Marken Nescafé und Nespresso geröstet. Auch auf diesen Produkten ist kein Bio-Logo zu erkennen. Es ist also auch hier davon auszugehen, dass in der Produktion im Ausland chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel zum Einsatz kommen.

Auf die Frage, wie hoch der Anteil an Kakaobohnen und Kaffeebohnen sei, die nachweislich ohne chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel produziert worden sind, erhielt der «Schweizer Bauer» keine Auskunft. Zur Pestizid-Initiative schreibt Nestlé Schweiz, die Firma engagiere sich für nachhaltige Agrarsysteme. Dazu zähle auch die Unterstützung der parlamentarischen Initiative zur Reduktion der Risiken bei der Anwendung von Pestiziden (Absenkplan). Doch «die Anwendung der Anti-Pestizid-Initiative auf importierte Produkte geht aus unserer Sicht zu weit und bedroht die lokale Lebensmittelindustrie». 

Migros sagt eher Nein

Die dritte Firma, bei welcher der «Schweizer Bauer» bezüglich Pestizidverbotsinitiative nachgefragt hat, ist die Migros-Industrie. Die Gruppe importiert jedes Jahr viele Tonnen Kaffeebohnen, Kakaobohnen, Reis, Speiseöle und Hartweizen für die Teigwarenherstellung – wie viele genau und wie viele davon ohne chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel produziert werden, will Migros-Mediensprecher Marcel Schlatter nicht sagen.

Die Migros unternehme viel im Bereich Pflanzenschutz, sie fördere etwa zusammen mit der IP-Suisse den herbizidfreien Getreidebau in der Schweiz. Zu den Initiativen sagt der Sprecher: «Der Pestizidverbots- und auch der Trinkwasserinitiative steht die Migros eher kritisch gegenüber.» Ob und wie stark sich die Migros und mit ihr die IG Detailhandel in einem allfälligen Abstimmungskampf engagieren werde, sei noch offen. 

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