Fest steht: Der Biolandbau fördert Bodenfruchtbarkeit und Biodiversität. Auch schneide er bei den Erträgen insgesamt gut ab. «Bei Kulturen wie Getreide und Kartoffeln müssen die Erträge aber noch verbessert werden», kommentiert das Forschungsinstitut für biologischen Landbau (Fibl) die Ergebnisse einer neuen Studie. Die Studie wurde vom Fibl gemeinsam mit Agroscope durchgeführt. Die Daten dafür stammen aus dem seit 40 Jahren bestehenden DOK-Versuch.
Der DOK-Versuch
Es handelt sich dabei um einen weltweit einzigartigen Langzeitversuch im Freiland, der in der Schweiz die Anbausysteme biologisch-dynamisch (D), biologisch-organisch (O) und konventionell (K) vergleicht. Seit 1978 werden auf einem Feld in Therwil im Kanton Basel-Landschaft biologische und konventionelle Landwirtschaft wissenschaftlich exakt miteinander verglichen. Auch die ETH Zürich war an der Studie beteiligt. Die kürzlich erschienene Veröffentlichung in der Fachzeitschrift «Scientific Reports» sowie weiterführenden Infos zum Versuch finden Sie unter diesem Link.
«Die gesammelten Daten aus 40 Jahren belegen, dass der Biolandbau die Biodiversität sowie die Bodenfruchtbarkeit fördert. Zudem werden Risiken negativer Umweltwirkungen durch Pflanzenschutzmittel oder Stickstoffüberschüsse reduziert», berichtet Hans-Martin Krause vom Fibl in der Mitteilung, die auf die neue Studie hinweist. Krause ist einer der beiden Hauptautoren der Studie und seit 2024 Co-Leiter des Versuchs.
Biolandbau begünstigt die Bodenfruchtbarkeit
In den Bioböden wurden 16 Prozent höhere Humusgehalte und eine um bis zu 83 Prozent höhere Aktivität der Bodenorganismen nachgewiesen, was sich positiv auf die Bodenstruktur auswirkt. Eine gesunde Bodenstruktur hilft laut den Ergebnissen der Studie, Wasser zu speichern und Bodenverluste durch Erosion zu reduzieren.
Nach einem Starkregen zeigt sich die unterschiedliche Struktur eines rein mineralisch gedüngten Bodens (links) und eines mit kompostiertem Mist gedüngten biodynamischen Bodens (rechts).
FiBL
Ausschlaggebend für eine gute Bodenfruchtbarkeit ist in allen Systemen der Mist aus der Tierhaltung. «Wird er in ausreichender Menge aufs Feld ausgebracht, am besten in Form von Kompost, bleiben die Humusgehalte in allen Systemen stabil oder steigen sogar an. Wird jedoch, wie in einem der untersuchten konventionellen Systeme, ausschliesslich mit synthetisch hergestelltem Mineraldünger gedüngt, nimmt der Humusgehalt ab», konstatierten die Forschenden in der Mitteilung zur Studie.
Phosphatmangel im Biolandbau
Hingegen würden die Phosphorgehalte in Bioböden aufgrund der geringeren Düngung stärker abnehmen als in konventionell bewirtschafteten Böden. Das zeige den Bedarf an Phosphorzufuhr durch Recyclingdünger, um im Biolandbau langfristig Phosphatmangel zu vermeiden.
«Auffallend ist, dass das biodynamische System in Bezug auf Bodenfruchtbarkeit, Humusaufbau und Klimawirkung am besten abschneidet», lässt sich Paul Mäder in der Mitteilung zitieren. Mäder ist ebenfalls Co-Hauptautor der Studie und langjähriger Co-Leiter des DOK-Versuchs. Er erklärt weiter: «Das besondere Merkmal dieses Systems ist die Kompostierung des Mists und die Verwendung pflanzlicher Präparate.»
85 Prozent der konventionellen Erträge
Die Langzeitdaten aus dem DOK-Versuch zeigen: Im Schnitt produzieren biologische Systeme 85 Prozent der konventionellen Erträge – bei nur 8 Prozent an biokompatiblen Pflanzenschutzmitteln und 65 Prozent Stickstoffeinsatz über Düngemittel.
Da Stickstoff einer der wichtigsten, aber für die Umwelt kritischsten Pflanzennährstoffe ist, sei es laut dem Fibl wichtig, Überschüsse zu vermeiden. Denn diese können ins Grundwasser oder als Klimagase in die Atmosphäre gelangen.
Unterschiede bei Weizen und Kartoffeln
Weiter zeigte die Studie, dass Soja in allen Systemen gleich hohe Erträge liefert. Kleine Ertragsunterschiede sind bei Futtermitteln wie Kleegras und Silomais messbar, wie die Forschenden schreiben und führen weitere Resultate aus: «Am grössten sind die Unterschiede bei Kulturen wie Weizen und Kartoffeln. Insgesamt schwanken die Erträge in den biologischen Systemen deutlich stärker.»
Das liege am geringeren Einsatz von Düngemitteln und Pflanzenschutzmitteln. «Dafür ist das Risiko einer Belastung von Gewässern, Lebens- und Futtermitteln durch Schadstoffe deutlich geringer», wie es in der Mitteilung heisst.
Klimawirkung des Biolandbaus: Pro Fläche besser, pro Produkt ähnlich
In Bezug auf die Klimawirkung zeigen die Ergebnisse, dass der niedrigere Einsatz von Stickstoffdüngern der Hauptfaktor für die bessere Klimawirkung biologisch bewirtschafteter Böden ist. «Wenn stickstoffhaltige Düngemittel im Überschuss im Boden vorhanden sind, werden diese von Mikroorganismen in das hoch klimawirksame Lachgas umgesetzt», wird der Zusammenhang erklärt.
In Bioböden kommt es daher pro Flächeneinheit zu deutlich niedrigeren Emissionen. Doch weisen die Forschenden auch darauf hin, dass durch die geringeren Bio-Erträge die Lachgasemissionen pro Produkteinheit jedoch ähnlich ausfallen wie bei konventionellen Systemen, ausser beim biodynamischen System. Da Bioböden mehr CO2 im Humus speichern, wird jedoch die Klimawirkung weiter verbessert.
Nährstoffkreisläufe, robuste Sorten und Diversifizierung
Zusammenfassend zeige die Studie, dass der Biolandbau eine tragfähige Grundlage für die Weiterentwicklung nachhaltiger Anbausysteme biete, um Nahrungsmittelproduktion und Umweltwirkung gleichermaßen zu berücksichtigen, wie das Fibl schreibt.
«Das Potenzial für die Weiterentwicklung des Biolandbaus liegt vor allem im Schliessen überbetrieblicher Nährstoffkreisläufe und deutlichen Fortschritten bei der Pflanzenzüchtung», sagt Jochen Mayer, Wissenschaftler bei Agroscope und Co-Leiter des DOK-Versuchs von Agroscope gemäss der Mitteilung.
«Dazu gehört das Recycling von Phosphor und Stickstoff, zum Beispiel aus Nahrungsmittelabfällen oder Abwasser. Zudem empfehlen wir Diversifizierungsstrategien im Pflanzenbau, beispielsweise Mischkulturen, Untersaaten oder Streifenbau, im besten Fall mit mehrjährigen Kulturen», erklärt Mayer weiter.
Fliessen die Umweltfolgen der Hofdüngerproduktion auch ein oder wird dieser im Gegensatz zum mineralischen Dünger als gegeben/neutral angenommen?
Details finden sich im ausführlichen Dossier zu den Ergebnissen aus 45 Jahren DOK-Versuch:
Deutsch: https://www.fibl.org/de/shop/1260-dok-dossier
Französisch: https://www.fibl.org/de/shop/1261-dok-dossier-fr
Paul Mäder, DOK Leiter am FiBL 1987 bis 2023
Gemäss diesem Artikel, scheint es fast so, als kompostierter Mist eine Bio-Exclusivität wäre.
Ist es denn wirklich verboten diesen hochwertigen Hofdünger im konventionnelen Landbau einzusetzen? Ironie off
Die Autoren sind warcheindlich die einzigen die den sehr hohen Wert, in allen belangen, des Mistes nicht kannten.
Besonders kritisch sehe ich die Durchschnittszahlen zur Ertragserwartung, die mit 85 Prozent der konventionellen Erträge recht positiv erscheinen. Hier ist jedoch Vorsicht geboten: Diese Zahl wird durch den Sojaanbau geschönt, da Soja in der Studie in beiden Systemen ähnliche Erträge liefert. Soja ist jedoch in der Schweiz eine relativ unbedeutende Kultur im Vergleich zu Weizen oder Kartoffeln, bei denen die Ertragsunterschiede weit grösser ausfallen. Diese Verzerrung zeigt, dass der durchschnittliche Bioertrag auf dem Papier besser aussieht, als er in der Realität für wichtige Grundnahrungsmittel tatsächlich ist.
Die Schwäche zeigt sich gerade dort, wo es um die zentralen Kulturen geht, die hierzulande eine grosse Anbaufläche einnehmen und essenziell für die Ernährung sind. Bei Weizen und Kartoffeln schwanken die Bioerträge stärker und sind oft deutlich niedriger als im konventionellen Anbau. Das wirft die Frage auf, wie nachhaltig der Biolandbau auf begrenzter Fläche ist, wenn es darum geht, eine wachsende Bevölkerung zu ernähren.
Auch die Rolle der Bodenfruchtbarkeit ist widersprüchlich. Zwar wird betont, dass Bioböden höhere Humusgehalte und eine bessere Bodenorganismenaktivität aufweisen, doch scheint das keinen durchschlagenden Einfluss auf die Ertragsmenge zu haben. Wieso liefert Soja trotz geringerer Bodenfruchtbarkeit im konventionellen System ähnliche Erträge wie im Biolandbau? Und wieso bleiben die Erträge bei Weizen und Kartoffeln trotz besserer Bioböden zurück? Dies deutet darauf hin, dass die Vorteile der Bodenfruchtbarkeit nicht automatisch zu höheren oder stabileren Erträgen führen – ein Punkt, der kritisch hinterfragt werden sollte.
Auch bei der Klimawirkung wird selektiv argumentiert. Die bessere Klimabilanz des Biolandbaus pro Fläche wird betont, doch die entscheidende Kennzahl ist die Klimawirkung pro Produkteinheit. Wenn durch die niedrigeren Bioerträge ähnliche Lachgasemissionen entstehen wie im konventionellen Anbau, ausser im biodynamischen System, sollte dies nicht einfach heruntergespielt werden. Letztlich zählt doch, wie effizient Nahrungsmittel mit möglichst geringem Klimaeinfluss produziert werden können – und nicht nur, wie es pro Hektar aussieht.
Immer wieder wird betont, dass die Weiterentwicklung des Biolandbaus durch resistente Sorten erfolgen soll. Doch Biolandbau gibt es seit Jahrzehnten (Gründung BioSuisse 1981, vor 44 Jahren, Rudolf Steiner ab 1920 - also >100 Jahre, Demeter Schweiz 1928 - fast hundertjährig) – wo bleiben denn diese versprochenen Sorten? Wenn nach so vielen Jahren immer noch keine wirklich robusten Sorten für problematische Kulturen wie Weizen und Kartoffeln verfügbar sind, sollte man sich fragen, ob diese Vision nicht mehr Wunschdenken als Realität ist.
Auch neue Anbaumethoden welche zwar nicht in der Studie erwähnt sind wie Agroforst, Relay Intercropping, Transfer Mulch bzw. Cut-and-Carry-Systeme mögen auf dem Papier oder in Versuchsfeldern gut funktionieren in belangen der Bodenfruchtbarkeit, Ertragsstabilität usw.. Doch wie realistisch ist deren flächendeckende Umsetzung in der Schweiz? Landwirte müssen unter strikten wirtschaftlichen und zeitlichen Bedingungen arbeiten. Die Implementierung solcher Systeme erfordert eine hohe Anpassungsfähigkeit, zusätzliche kapitalintensive Investitionen und oft spezialisierte Maschinen. Es wird nie angesprochen, wie diese Herausforderungen in der Praxis überwunden werden sollen. Die Vorstellung, dass sich komplexe Mischkulturen oder überbetriebliche Nährstoffkreisläufe einfach so in der Schweizer Landwirtschaft etablieren, ist mehr Wunsch als Realität.
Die Landwirtschaft ist auf die Tierhaltung ausgeichtet obwohl dort die erlöse sehr klein sind da kann der Bio Ackerbau längst mithalten.
Den Phosphorgehalt in Bodenproben beeinflussen Entnahmezeitpunkt der Bodenprobe und die Messmethode stark, dies besonders in belebten, humusreichen Böden. Günstige OeLN Bodenproben zeigen nur den Gehalt an löslichem Phosphor und nicht den Gesamtgehalt wir zum Beispiel bei einer Kompost-Laboranalyse.
In belebten Böden beeinflusst die Vegetationsphase die Phosphorwerte der OeLN Bodenprobe. Wer tiefe Werte braucht, entnimmt die Bodenprobe jetzt, nach längerem Frost.
Wurde dies in der Studie berücksichtigt?