Orange, gelbe und grüne Quadrate leuchten auf einer digitalen Karte, die aus der Luft aufgenommen wurde. Die Farben zeigen an, wie gross der Ertrag auf den jeweiligen Feldern war: «Das sind die einzelnen bewirtschafteten Äcker, Obstplantagen und Rebberge der Schweiz. Für jeden von ihnen können wir vor der Ernte den Ertrag voraussagen. Je grüner die Farbe, desto höher ist der Ertrag», erklärt einer der Forscher hinter dem Start-up «Terensis».
Das Unternehmen wurde vor einem halben Jahr von den beiden Agrarwissenschaftlern der ETH Zürich, Gregor Perich und Lukas Graf, gegründet. Während ihrer Doktorarbeiten forschten sie im Bereich Satellitenbilder und Erntedaten. «Im Kern ist unsere Arbeit eine Daten-Raffinerie. Wir nehmen bereits vorhandene Daten und bringen sie in eine Form, die über eine Plattform einfach nutzbar und interpretierbar ist», erklärte Perich dem «Zürcher Unterländer» ihre Arbeit.
Digitaler Zwilling
Dank Satellitenbildern, Ernte- und Wetterdaten erstellt ihre Software einen digitalen Zwilling aller Anbauflächen weltweit. Damit kann sie präzise vorhersagen, wann und wo in den nächsten sechs Monaten geerntet werden kann und wie hoch die Erträge ausfallen. Derzeit konzentrieren sich die beiden Gründer auf Weizen, doch das Konzept lässt sich auf andere Kulturen ausweiten. Auch Prognosen zu veränderten Erntezeitpunkten aufgrund des Klimawandels wären möglich.
Im Oktober erhielten Perich (30) und Graf (28) das ETH-Spinoff-Label, ein Gütesiegel für Start-ups mit einer Verbindung zur ETH. «Es hilft primär, bei Kunden Vertrauen zu schaffen», meint Perich gegenüber dem «Zürcher Unterländer». Jetzt arbeiteten sie daran, ihr Produkt im Landwirtschaftsmarkt zu positionieren und erste Kunden zu gewinnen.
Vom lokalen Bauern zum globalen Markt
Obwohl sie ihr Projekt ursprünglich mit Blick auf lokale Bauern entwickelt haben – unter anderem in Zusammenarbeit mit dem Strickhof –, erkannten sie schnell, dass die Nachfrage bei einzelnen Landwirten begrenzt ist. «Die Bauern kennen ihre Felder besser als wir mit unserer Technik. Unsere Ertragsschätzungen brauchen sie nicht», räumt Perich in der Zeitung ein. Stattdessen könnte ihre Software für andere Akteure entlang der Wertschöpfungskette interessant sei, etwa Rohstoffhändler, Verarbeiter (z. B. Mühlen) oder den Detailhandel.
Profitieren könnten von den Prognosen auch politische Institutionen, zum Beispiel bei der Gestaltung der Rahmenbedingungen für die Landwirtschaft. Denn das Ertragsmodell von Terensis erweise sich als sehr genau, wie Perich gegenüber dem «Zürcher Unterländer» sagt: «Sogar genauer als die Prognosen des US-Landwirtschaftsministeriums».
Lebensmittel effizienter verteilen
Die Vision von Perich und Graf ist es, Lebensmittel effizienter zu verteilen und Verluste entlang der Lieferkette zu reduzieren. Laut einem Bericht der Vereinten Nationen gehen global zwischen 10 und 20 Prozent der Lebensmittel in der Lieferkette verloren, bevor sie die Konsumenten erreichen. Langfristig hofft die beiden auch, dass Terensis auf eigenen Füssen steht und mit Institutionen wie der UNO zusammenarbeiten kann.
Das ETH-Spin-off Terensis sagt mit Hilfe von Satelliten den Ernteertrag und Klimarisiken wie Dürre oder Frost voraus. Dies hilft Landwirt:innen, aber auch Behörden und Versicherungen. Wie? Das lesen Sie im Artikel. 👇https://t.co/THFqIr26ey
— ETH Zürich (@ETH) September 26, 2024