Diese Erkenntnis habe Auswirkungen auf das Verständnis des Klimasystems, hiess es vom Paul Scherrer Institut (PSI) in Villigen AG am Donnerstag. Wolken reflektieren Sonnenlicht zurück ins Weltall und beeinflussen so die Temperatur auf der Erdoberfläche.
Wie sich die Bedeckung mit Wolken in Zukunft entwickeln wird, ist laut PSI bisher jedoch noch weitgehend ungeklärt. Sie ist jedoch ein wesentlicher Faktor für das Klima, da mehr Wolken mehr Sonnenstrahlung reflektieren und dadurch einen kühlenden Effekt auf die Erdoberfläche haben. Die im Fachmagazin «Science Advances» publizierte Studie zur Rolle der Sesquiterpene könnte laut den Forschenden die Klimaprognosen verbessern.
Wolkenbildung
Um die Wassertröpfchen, aus denen Wolken bestehen, zu bilden, braucht Wasserdampf feste oder flüssige Partikel, an denen er kondensieren kann, sogenannte Kondensationskeime. Das sind komplexe Aerosole, winzig kleine, feste oder flüssige Partikel mit einem Durchmesser zwischen 0,1 und 10 Mikrometern, die sowohl durch Prozesse in der Natur als auch durch uns Menschen verursacht und in die Luft emittiert werden. Diese Partikel können Salz aus dem Meer, Sand aus der Wüste, Schadstoffe aus Industrie und Verkehr oder Russpartikel von Feuern enthalten.
Etwa die Hälfte der Kondensationskeime aber entsteht erst in der Luft, indem sich verschiedene gasförmige Moleküle verbinden und dabei in den festen Aggregatzustand übergehen, ein Phänomen, das Fachleute «Nukleation» oder «New Particle Formation» (NPF) nennen, also auf Deutsch Partikelneubildung. Solche Partikel sind zu Anfang noch winzig, kaum grösser als ein paar Nanometer, können mit der Zeit aber durch die Kondensation gasförmiger Moleküle wachsen und Kondensationskeime werden.
Zwei Zutaten für Wolken
Damit Wolken entstehen können, braucht es grundsätzlich zwei Zutaten: Wasserdampf, und sogenannte Kondensationskerne, an denen das Wasser kondensieren kann. Als Kondensationskerne dienen kleine Partikel in der Luft wie Meersalz, Sand, oder Russpartikel. Rund die Hälfte der Kondensationskerne bildet sich aber erst in der Luft durch die sogenannte Partikelneubildung. Dabei verbinden sich mehrere Gasmoleküle und gehen dabei in einen festen Aggregatzustand über.
Zu den wichtigsten natürlichen Gasen, die eine Rolle spielen, gehören sogenannte Isoprene, Monoterpene und Sesquiterpene. Das sind Kohlenwasserstoffe, die vor allem von der Vegetation freigesetzt werden. Sie sind wesentliche Bestandteile der ätherischen Öle, die wir riechen, wenn zum Beispiel Gras geschnitten wird oder wir im Wald spazieren gehen. Wenn diese Substanzen in der Luft oxidieren, bilden sie Partikel.
Welcher Faktor überwiegt
«Zu beachten ist, dass die Konzentration des Schwefeldioxidsin der Luft in den letzten Jahren durch strengere Umweltgesetze deutlich geringer geworden ist und auch weiterhin abnehmen wird», sagt Lubna Dada, Atmosphärenwissenschaftlerin am PSI. «Die Konzentration der Terpene dagegen nimmt zu, weil Pflanzen unter Stress mehr davon freisetzen – beispielsweise wenn Temperaturen und Wetterextreme zunehmen und die Vegetation häufiger Dürren ausgesetzt ist.»
Die grosse Frage für die Verbesserung der Klimaprognosen ist also, welcher Faktor überwiegt, sodass die Wolkenbildung zunehmen oder abnehmen wird. Und dazu müsste man bei jeder dieser Substanzen wissen, welchen Beitrag sie bei der Partikelneubildung leisten.
Sesquiterpene
Sesquiterpene befanden sich laut PSI bislang jedoch noch nicht im Fokus der Forschung. «Das liegt daran, dass sie recht schwer zu messen sind», erklärt Dada. «Zum einen, weil sie sehr schnell mit Ozon reagieren, und zum anderen, weil sie viel seltener vorkommen als die anderen.»
Während pro Jahr rund 465 Millionen Tonnen Isopren und 91 Millionen Tonnen Monoterpene ausgestossen werden, kommen Sesquiterpene nur auf 24 Millionen Tonnen. Dennoch – das hat die neue Studie, deren Hauptautorin Dada ist, ergeben – spielen diese Verbindungen bei der Wolkenbildung eine wichtige Rolle. Laut der Messungen bilden sie bei gleicher Konzentration zehnmal mehr Partikel als die anderen beiden organischen Substanzen.
Bäume immer wichtiger
Ziel der Studie war die biogene Partikelbildung in der Atmosphäre zu simulieren. Und zwar so, wie sie in vorindustrieller Zeit stattfand, als es noch keine menschlichen Schwefeldioxid-Emissionen gab. Im Vergleich zu heute lässt sich so der menschliche Einfluss klarer herausarbeiten und in die Zukunft projizieren.
Bei den Tests am Cern mischten die Forschenden Luft, die bereits Isopren und Monoterpen enthielt, Sesquiterpene bei. Schon bei nur zwei Prozent Zugabe verdoppelte sich die Rate der Partikelneubildung. Die Forschenden schlagen aufgrund ihrer Ergebnisse vor, neben Isoprenen und Monoterpenen künftig auch die Sesquiterpene als eigenen Faktor in die Klimamodelle aufzunehmen.
Die Studie offenbart einerseits einen weiteren Faktor, mit dem die Vegetation Wetter und Klima beeinflussen kann. Vor allem aber schlagen die Forschenden aufgrund ihrer Ergebnisse vor, neben Isopren und Monoterpenen künftig auch die Sesquiterpene als eigenen Faktor in die Klimamodelle aufzunehmen, um die Prognosen zu verbessern. Zumal mit der Abnahme der Schwefeldioxid-Konzentration in der Atmosphäre und gleichzeitig steigenden biogenen Emissionen infolge von Klimastress die Rolle letzterer für das Klima der Zukunft immer wichtiger werden dürfte.
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