Ein Hackroboter mit eingebautem Spritzsystem hilft im Gemüsebau bei der Reduktion von Pflanzenschutzmitteln. Das ergaben Versuche in Feldern mit Salat und Pak Choi, wie der Verband Schweizer Gemüseproduzenten bekannt gab.
Im Rahmen eines AgriQnet-Projektes hat eine breit abgestützte Projektpartnerschaft einen Prototyp eines Pflanzenschutzroboters (PS-Roboters) mit Spotspraying-Technologie gebaut und in den letzten Jahren zahlreiche Versuche durchgeführt. So wurde ein Hackroboter vom Typ Steketee IC zu einem multifunktionalen PS-Roboter weiterentwickelt. Er verfügt über eine integrierte Bilderfassung und -verarbeitung.
Kein Herbizid mehr nötig
Der modifizierte Hackroboter kann dank seiner Kamera Kulturpflanzen erkennen und mittels des Punktspritzsystems gezielt mit Pflanzenschutzmitteln versehen, wie der Verband am Montag bei der Vorlage des Projektberichts mitteilte. Dadurch landet weniger Spritzbrühe neben dem eigentlichen Ziel, wie es bei de herkömmlichen Flächen- und Bandspritzung der Fall ist.
Der PS-Roboter kann vier Pflanzenreihen gleichzeitig behandeln und wird von einem Traktor gezogen. Neben dem gezielten Spritzen hackt und jätet das Gerät zwischen und in den Gemüsereihen. Bei den Versuchen sank der Verbrauch von Fungiziden dank des Roboters im Vergleich mit den flächenweisen Spritzmethoden um die Hälfte. Unkrautvernichtungsmittel (Herbizide) waren keine mehr nötig. Nahezu alle Unkräuter hackte der Roboter weg. In den Versuchen konnten beispielsweise in Salat und Pak-Choi mit Spotspraying über die Kulturdauer mehr als 50% der Fungizide und Insektizide und 100% der Herbizide eingespart werden im Vergleich zum Feldbalken (flächigen Ausbringen).
Reduktion ohne Mehrkosten
Agroscope hat zudem die Kostenseite des PS-Roboters mit einem Standardverfahren im Anbau von Freilandkopfsalat verglichen. Nachteilig am Roboter ist nach Verbandsangaben die geringe Fahrgeschwindigkeit von 1,5 Kilometern pro Stunde. «So können rund 2 ha in knapp 10 Stunden bearbeitet werden», schreibt der VSGP. Die Kosten für Pflanzenschutz und Unkrautbekämpfung lagen mit dem Roboter vier Prozent unter denen der Standardverfahren. Bei weniger Unkraut schneiden letztere indessen besser ab.
«Die Wettbewerbsfähigkeit des Roboters hängt damit von Unkrautaufkommen ab», schreibt der Verband. Immerhin senkt er die Menge der Pflanzenschutzmittel stark und ohne deutliche Mehrkosten, weil sich mit dem Prototypen das teure Jäten von Hand erübrigt.
Zeitbedarf deutlich höher
Mit dem Prototyp muss der Produzent/die Produzentin deutlich mehr Zeit einplanen als mit konventionellen Methoden wie Feldspritze und Hackgerät. Der Arbeitszeitbedarf für den Pflanzenschutz steigt von 0,65 h/ha mit der konventionellen Methode auf 3,83 h/ha mit dem Prototypen.
Die Gründe dafür sind hauptsächlich technischer Natur: die tiefere Fahrgeschwindigkeit von 1,2 statt 6,5 km/h, sowie die geringere Arbeitsbreite von 1,5 statt 3 m. Aber auch im Arbeitsablauf gibt es Änderungen. Derzeit fahren zwei Personen zur Parzelle, um zu Arbeitsbeginn die Einstellungen am Spritzrahmen des Prototyps vorzunehmen.
Weniger Kosten für Pflanzenschutz, Maschinenkosten hoch
Dank der digitalen Applikationstechnologie, kombiniert mit Hacken zwischen und innerhalb der Pflanzreihen, können die Ausgaben für PSM in Salat um 50 % gesenkt werden, von 829 auf 411 Franken pro Hektar. Dafür treibt der Anschaffungspreis des Roboters von 135’000 Franken die Maschinenkosten in die Höhe und verhindert aktuell die Wirtschaftlichkeit der Spotspraying-Technologie.
Würde der Roboter aber auf 80 ha statt nur 20 ha pro Jahr, d.h. auf einem grösseren Betrieb oder überbetrieblich eingesetzt, so könnten die Kosten um 45 %, d.h. von 4’625 auf 2’757 Franken pro Hektar gesenkt werden. Auch technische Weiterentwicklungen, beispielsweise eine höhere Fahrgeschwindigkeit von 2 km/h oder eine Verdoppelung der Arbeitsbreite auf 3 m, bewirken deutliche Kostenreduktionen.
Im Folgeprojekt ab dem Frühling soll ein verbessertes Modell zum Einsatz kommen. Der Roboter wird nur noch punktgenau spritzen und nicht mehr hacken. Das macht ihn leichter und er kann schneller übers Feld bewegt werden. Er soll eine Fahrgeschwindigkeit von bis zu 6 km/h unter optimalen Bedingungen erreichen. Das erhöht die Wirtschaftlichkeit. Neben den Robotertests erfolgt weiterhin eine Kontrolle des Spritzmitteleintrags in die Umwelt.
-> Hier gibts den wissenschaftliche Artikel
Fazit
- Ein sensor- und kameragesteuertes Hack- und Spotsprayinggerät kann im Lauf einer Salatsaison 75 % der üblicherweise eingesetzten Pestizide und 100 % Herbizide einsparen.
- Der Prototyp in seiner derzeitigen Form erfordert sowohl höhere Investitionen als auch einen höheren Arbeitseinsatz pro Hektar als herkömmliche Pflanzenschutzgeräte.
- Eine neue Perspektive bekommt der Einsatz des Prototyps, wenn damit manuelle Hackarbeit ersetzt werden kann, wie beispielsweise im biologischen Anbau.
- Der Einsatz dieser neuen Technologie könnte sich ausserdem als attraktiv erweisen, wenn Konsumentinnen und Konsumenten bereit sind, für eine umweltschonendere Produktion einen Mehrpreis zu zahlen oder wenn der Staat diese ökologischen Leistungen speziell vergütet.
- Es erfordert darüber hinaus die Begeisterung der betriebsleitenden Person für technische Entwicklungen und einen guten technischen Support, um neue digitale Technologien erfolgreich in die Praxis einzuführen.
