Mehr als jedes dritte Lebensmittel, das 2021 von ausserhalb der EU in die Schweiz eingeführt und amtlich getestet wurde, enthielt Pestizide, die in der Schweiz verboten sind. Dies hätten ausgewertete Daten des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) ergeben.
Ausgewertet hat die Daten die Organisation «Public Eye», wie diese in einer Medienmitteilung informiert. «Public Eye» ist eine nichtstaatliche, parteipolitisch unabhängige Organisation, die vor 2016 unter dem Namen «Erklärung von Bern» wirkte.
Am Dienstag stimmt der Ständerat über die Motion 20.3835 von Christine Badertscher ab, die diesen Missstand beheben will. Sie fordert eine Nulltoleranz für Rückstände von in der Schweiz verbotenen Pestiziden in Importlebensmitteln.
Giftige Substanzen in jedem dritten Lebensmittel
Bislang unveröffentlichte Resultate von insgesamt 1’419 Tests zeigten, dass 35% der 737 von ausserhalb der EU stammenden Proben giftige Substanzen enthalten, die in der Schweiz und der EU verboten sind. Diese würden die menschliche Gesundheit oder die Umwelt gefährden. In Entwicklungs- und Schwellenländer wurden diese giftigen Stoffe aber weiterhin verwendet. Diese Pestizide stammten nicht selten auch von Herstellern, die ihren Sitz in der Schweiz oder in der EU hätten, so wie der Basler Chemiekonzern Syngenta, heisst es in der Medienmitteilung von «Public Eye» weiter.
Daniel Salzmann
«Einfuhrtoleranz» gefährdet Bauern in Drittstaaten
Laut Gesetz sind solche Rückstände verbotener Pestizide in Lebensmitteln eigentlich nicht erlaubt. Es würden aber immer wieder sogenannte «Einfuhrtoleranzen» gewährt. Möglich sei dies, solange der Verzehr von damit behandelten Lebensmitteln vom Bund für «gesundheitlich unbedenklich» gehalten werde. Ignoriert werde dabei jedoch die Umwelt und die Gesundheit der Bäuerinnen und Landwirte in Drittstaaten. Jedes Jahr vergiften sich so Millionen von Menschen.
Bundesrat Alain Berset äussert sich zur Motion Badertscher.
EU hat erste Schritte eingeleitet
Für den Nationalrat sei die aktuelle behördliche Praxis inakzeptabel. Das zeigte er letzten Sommer mit der deutlichen Annahme einer Motion von Christine Badertscher (Grüne/BE). Diese fordert eine konsequente Nulltoleranz. Die EU hätte diese Gesetzeslücke bereits erkannt und beschlossen, bei der Festlegung von Rückstandhöchstgrenzen nicht nur die Konsumierenden, sondern erstmals auch die «globalen Umweltauswirkungen» zu berücksichtigen.
Als ersten Schritt hat die EU im Februar 2023 eine Nulltoleranz für Rückstände von zwei Insektiziden in Importlebensmitteln eingeführt, um dem durch diese Stoffe mit verursachten Bienensterben entgegenzuwirken, das weltweit die landwirtschaftliche Produktivität und die Ernährungssicherheit bedroht.
Schweizer Bauernverband unterstützt Motion
Zahlreiche Produzentenorganisationen und der Schweizer Bauernverband bekunden in einem Brief an die Ständeratsmitglieder ebenfalls ihre Unterstützung für die Motion. Der aktuelle Doppelstandard schaffe ungleich lange Spiesse für die heimische Landwirtschaft, die ohne diese Produkte auskomme.
Badertschers Vorstoss wurde der kleinen Kammer im März auch von der Ständeratskommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur zur Annahme empfohlen.
Das war schon mit DDT dasselbe Problem.