Die geringe Verbreitung gerade von modernen Agroforstsystemen ist dem EURAF-Präsidenten zufolge auch durch die immer noch ungünstigen regulatorischen Rahmenbedingen zu erklären. – zvg
Agroforstsysteme haben beträchtliches Potential, die Speicherung von CO2 mit Landnutzung zu kombinieren. Darauf hat der Präsident des Europäischen Agroforstverbandes (EURAF), Patrick Worms, hingewiesen.
Wie Worms im Rahmen einer Veranstaltung des Europäischen Umweltbüros (EEB) erläuterte, beziffern Schätzungen die mögliche zusätzliche Speicherkapazität auf bis zu 1,5 Mrd t CO2-Äquivalente jährlich. Das entspräche in etwa einem Drittel der gesamten Emissionen der Europäischen Union. Ausserdem verringere der zusätzliche Kohlenstoff die Versäuerung der Böden durch Düngemittel und erhöhe damit deren Effektivität.
Erosion und Dürreschäden entgegengewirkt
Neben der Funktion als Kohlenstoffspeicher haben Agroforstsysteme nach Angaben des EURAF-Präsidenten noch zahlreiche weitere Vorteile, insbesondere auch hinsichtlich der Anpassung an den Klimawandel. Beispielsweise würden der Erosion und Dürreschäden entgegengewirkt, und auch beim Pflanzenschutz machten sich positive Effekte bemerkbar.
Die Forststrukturen dienten in der Agrarlandschaft als Lebensraum für Vögel, die sich bevorzugt von Insekten ernährten und damit die Schädlingspopulationen verringerten. Laut Worms fungieren grossflächige Agroforstsysteme zudem als Verbindungskorridore zwischen Schutzgebieten und fördern auf diese Weise die Biodiversität. Diese Funktion sei anderenfalls nur aufwändig und kostenintensiv zu erreichen.
Die geringe Verbreitung gerade von modernen Agroforstsystemen ist dem EURAF-Präsidenten zufolge auch durch die immer noch ungünstigen regulatorischen Rahmenbedingen zu erklären. Bis 2013 seien Landwirte für Bäume auf den Flächen bestraft worden. Bis heute seien die Vorgaben so komplex, dass sich kaum ein Landwirt traue, Bäume zu pflanzen. Hinzu komme, dass den Landwirten das Know-how zur korrekten Kultivierung der Bäume fehle und auch die Beratung in dieser Hinsicht schlecht aufgestellt sei.
Wertschöpfungsketten fehlen
Die Bedeutung von organischen Böden und Torfmooren für den Kampf gegen den Klimawandel unterstrich Jan Peters vom Greifswald Moor Centrum (GMC). Nach seinen Angaben machen Torfmoore nur 3 % der Landfläche der EU aus, sind aber der grösste terrestrische CO2-Speicher. Allerdings seien etwa 50 % dieser Flächen degradiert und würden vor allem landwirtschaftlich genutzt, was gewaltige CO2-Emissionen zur Folge habe.
Laut Peters sind die entwässerten europäischen Torfmoore für etwa 5 % des gesamten Treibhausgasausstosses der EU verantwortlich. Der Anteil an den landwirtschaftlichen Emissionen betrage 25 %. Nach Einschätzung des Greifswalder Wissenschaftlers könnten Mechanismen zur Entlohnung der CO2-Speicherung durch Landnutzung eine wichtige Rolle dabei spielen, wirtschaftlich tragfähige Bewirtschaftungsmodelle für wiedervernässte landwirtschaftliche Flächen zu schaffen.
Allerdings fehle es für die Paludikultur derzeit noch an tragfähigen Wertschöpfungsketten. Peters betonte, dass diese Transformation nicht den Landwirten allein aufgebürdet werden dürfe, sondern eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sei.
Förderung von Einstiegsinvestitionen
Dem Leiter des Referats Landnutzung und Innovationsfinanzierung der Generaldirektion Klimapolitik der EU-Kommission, Christian Holzleitner, zufolge kann auch die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) genutzt werden, um die Wiedervernässung von Torfmooren zu unterstützen. Durch eine Förderung für Einstiegsinvestitionen könnte nach seiner Einschätzung das Risiko für die Landwirte gemindert werden.
Dr. Berenice Dupeux vom EEB kritisierte, dass die derzeitigen rechtlichen Rahmenbedingungen für „Carbon Farming“ und Bodenschutz fragmentiert und inkohärent seien. Gebraucht werde ein ganzheitlicher Ansatz, der Klarheit für alle Akteure schaffe und die verschiedenen Mechanismen miteinander verzahne.
Das EEB spricht sich laut Dupeux dafür aus, im Rahmen der neuen EU-Verordnung für Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft (LULUCF) konkrete Emissionsziele für die betreffenden Sektoren vorzugeben. Gebraucht werde ein Regelwerk, das landwirtschaftliche Landnutzung, Ernährung und Klimaschutz unter einen Hut bringe. AgE