Schweizer Bauer: Wie sieht es aktuell mit den Blütezeiten im Schweizer Obstbau aus?
Hubert Zufferey: Momentan stehen alle Obstkulturen in Blüte oder sind bereits verblüht. Die Aprikosenblüte beginnt als erstes und ist bereits seit wenigen Wochen abgeschlossen. Die jungen Aprikosenfrüchte haben jetzt die Grösse von Oliven. Beim Kern- und Steinobst hängt es von der Höhenlage und Sorte ab, ob die Bäume noch blühen.
Können Sie die diesjährigen Blütezeiten etwas einordnen?
Die Vegetation begann in dieser Saison früher als üblich. Der Zeitraum vom Beginn bis zum Ende der Blütezeit war bei allen Obstkulturen generell kürzer, was mit dem mild-warmen Wetter mit sommerlichen Temperaturen der letzten Wochen zusammenhängt.
Lässt sich bezüglich der Entwicklung der Blütezeit über die letzten Jahre ein Trend feststellen?
Ja, tendenziell blühen die Kulturen immer früher. In den vergangenen Jahren hat sich das Blühdatum von Kern- und Steinobst nach vorne verschoben.
Letztes Wochenende herrschten Temperaturen wie im Sommer, diese Woche lag in vielen Teilen des Mittellandes eine kleine Schneedecke. Haben solche Schwankungen Auswirkungen auf die Kulturen?
Wetterumschwünge sind im April keine Seltenheit. Nur die warmen Temperaturen der letzten Wochen waren ungewöhnlich. Schnee an sich hat noch keine negativen Auswirkungen auf die Obstkulturen. Er kann sogar isolierend wirken, gleichzeitig beeinträchtigt er jedoch die Schutzmassnahmen. Mehrere kalte Nächte hingegen, mit Temperaturen bereits leicht unter dem Gefrierpunkt, erhöhen die Gefahr für Frostschäden an den Obstkulturen deutlich. Bei Aprikosen entstehen bei Jungfrüchten bereits ab -0.5°C Frostschäden.
Wie kann man als Obstbauer darauf reagieren?
In solchen Wetterlagen ist erhöhtes Monitoring essenziell. Unsere Produzentinnen und Produzenten haben viel Erfahrung mit solchen Situationen und können nach Bedarf entsprechend reagieren: Erdbeeren können beispielsweise mit zusätzlichem Vlies bedeckt werden. Sollten die Temperaturen weiter fallen, können in den Obstanlagen Frostkerzen oder Pelletöfen aufgestellt werden. In einigen Regionen, abhängig von der Wasserverfügbarkeit und der Bodenart, ist die Kronenberegnung auch eine mögliche Lösung, um frostempfindliche Pflanzenteile zu schützen. Sie reduziert nicht nur den Energieverbrauch, sondern benötigt auch weniger Arbeitskraft und hat einen minimalen ökologischen Fussabdruck.
An kantonale Fachstellen wenden
Obstproduzentinnen und -produzenten reagieren können, sich bei Fragen jederzeit auch an die kantonalen Fachstellen wenden. Sie beraten die Produzentinnen und Produzenten und stellen ihnen Informationen zur Verfügung. SOV
Die Vegetationszeiten werden durch die milderen Winter länger, gleichzeitig werden die Sommer trockener und heisser. Welche Herausforderungen und Chancen bieten diese Tendenzen dem Obstbau?
Wasserknappheit ist in vielen internationalen Obstbaugebieten in südlicheren Teilen der Welt (in Europa z.B. Spanien) bereits ein grosses Thema. Mittel- bis langfristig kommen solche Herausforderungen aufgrund des Klimawandels auch auf die Schweiz zu. Der SOV engagiert sich zusammen mit weiteren Akteuren im Projekt «Resiliente Sorten für einen nachhaltigen Schweizer Obstbau» (RESO). Ein Teilprojekt beschäftigt sich mit der Suche und Prüfung von Sorten, welche im Klimawandel bestehen können.
Was empfehlen Sie den Obstbauern für die Zukunft?
Das Ziel ist es, in Zukunft vermehrt auf robuste und resistente Sorten zu setzen, die sowohl gegen extreme Witterungseinflüsse sowie Krankheiten und Schädlinge besser gewappnet sind. Obstproduzentinnen und Obstproduzenten verfügen bereits heute vielfach über eigene Wetterstationen, um die klimatischen Verhältnisse in ihren Kulturen genau beobachten zu können und bei Bedarf schnell zu reagieren.
In welche Richtung wird sich der Obstbau der Schweiz in Zukunft entwickeln?
Stimmen der Markt und die Rahmenbedingungen ist der Schweizer Obstbau innovativ genug, um sich darauf auszurichten. Dazu kann auch der Anbau von wärmeliebenden Obstsorten in Betracht gezogen werden. Der Schutz der Kulturen muss stets mit vertretbarem Aufwand machbar bleiben. Hier sehen wir auch den Bund in der Pflicht.
Beenden Sie die Sätze…
Der Obstbau in der Schweiz ist… innovativ und nachhaltig.
Schnee ist… für blühende Obstkulturen an sich nicht gefährlich, kann jedoch die Schutzmassnahmen beeinträchtigen.
Die Schweizer Landwirtschaft ist… für den angestrebten Selbstversorgungsgrad von 50% unabdingbar.