Nach den Ausgaben 2005 und 2015 liegt nun der dritte Waldbericht vor. Er beantwortet Fragen zur Entwicklung, zum Zustand und zur Zukunft des Waldes. Und es zeigt sich: Der Wald steht unter erheblichem Druck.
2018, 2019, 2022 und 2023 erlebten die Wälder extreme Trockenperioden, die insbesondere den in der Schweiz weit verbreiteten Buchen zu schaffen machten. «Viele davon sind regelrecht vertrocknet, weil ihre Wurzeln das Wasser nicht mehr erreichen konnten», erklärte Thomas Wohlgemuth von der Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) in der SRF-Sendung «Echo der Zeit» bei der Vorstellung des Berichts.
Die Anpassung an den Klimawandel
Das Hauptthema des Waldberichts 2025 ist die Fähigkeit der Wälder, sich an den Klimawandel anzupassen: «Die Anpassung, zum Beispiel mit geeigneten Baumarten und Waldstrukturen, ist eine Herausforderung, die es zu meistern gilt. Denn nur ein Wald, der sich anzupassen vermag, kann auch in Zukunft seine vielfältigen Leistungen erbringen», heisst es im Bericht.
Der Schutz vor Naturgefahren wie Lawinen und Steinschlag ist ebenfalls ein wichtiger Aspekt, der ohne intakte Wälder nicht gewährleistet werden kann.
Befall durch Schadorganismen
Ein weiteres Problem stellt der Befall durch Schadorganismen dar. Durch die zunehmenden Extremwetterereignisse sind die Bäume geschwächt und somit anfälliger für Insektenbefall. «Wenn dann die Trockenheit noch kommt, dann produzieren die Bäume weniger Harz und die Borkenkäfer können rascher eindringen», erklärt Wohlgemuth von der WSL gegenüber SRF weiter.
Der Borkenkäferbefall hat in den letzten Jahren insbesondere den Fichtenbeständen stark zugesetzt. Diese Problematik wird laut dem Bericht durch den globalisierten Warenhandel verstärkt, der die Einschleppung gebietsfremder Schädlinge begünstigt.
Diese Fichten hat der Borkenkäfer dahingerafft.
Waldschutz Schweiz
Neben der biologischen Vielfalt spielt der Wald auch eine entscheidende Rolle im Klimaschutz. Wälder binden CO₂ und tragen zur Minderung der Treibhausgase bei.
Waldfläche und Holzernte
Der Schweizer Wald weist eine konstante Fläche von etwa 1,3 Millionen Hektar auf, wobei die Waldfläche in den letzten zehn Jahren nur leicht zugenommen hat. Besonders in höheren Lagen, wo die Alpwirtschaft zurückging, ist ein Anstieg zu verzeichnen.
Die Holzernte bleibt stabil bei rund 5 Millionen Kubikmetern jährlich, aber der Nettozuwachs des Waldes geht aufgrund der steigenden Baumsterblichkeit zurück, vor allem in Regionen mit längeren Trockenperioden und klimatischen Veränderungen. «Der Anteil der Zwangsnutzungen hat in tieferen Lagen stark zugenommen», erklärt der Bericht.
Einführung neuer Baumarten
Das Holzangebot wird sich durch die klimatischen Veränderungen in Zukunft verändern. Strukturreiche Wälder und Mischbestände könnten sich besser an die neuen Bedingungen anpassen. Auch die Einführung neuer Baumarten könnte erforderlich werden.
In den letzten Jahrhunderten wurden in der Schweiz bereits verschiedene Baumarten aus anderen Ländern eingeführt, um den Wald widerstandsfähiger zu machen. «Wir müssen uns nach Bäumen umsehen, die im benachbarten Ausland wachsen, also vielleicht im Mittelmeergebiet. Das ist quasi die Zukunft in den nächsten 50 Jahren», erklärt Kathrin Schneeberger, Direktorin des Bundesamts für Umwelt (Bafu), die den Waldbericht vorgestellt hat, im SRF-Beitrag.
Biodiversität: Ein Hoffnungsschimmer
Trotz der Herausforderungen gibt es auch positive Entwicklungen: Die Biodiversität im Wald hat sich in den letzten zehn Jahren leicht verbessert. Insbesondere Bestände von Schnecken-, Moos- und Baumarten sowie Waldvögeln haben zugenommen.
Totholz bietet vielen Tieren und Pflanzen ein neues Habitat.
Raphael Müller
Dies hängt mit einer positiven Entwicklung des Gesamtökosystems zusammen, das struktur- und artenreicher wird. Totholz, das für viele Tiere ein wichtiger Lebensraum ist, nimmt zu, und Waldreservate, die unter Schutz stehen, nähern sich dem Ziel von 10 % der Gesamtwaldfläche. «Es gibt tatsächlich eine positive Entwicklung, was die Biodiversität betrifft», bestätigt Schneeberger gegenüber SRF.
41 % der Waldgesellschaften sind gefährdet
Im Mittelland sind viele Wälder von Naturfichtenbeständen dominiert, die anfällig für Störungen sind. Zudem sind etwa 41 % der Waldgesellschaften gefährdet.
«Eine grosse genetische Vielfalt der Bäume wäre ein Potenzial für die Anpassung des Waldes an den Klimawandel und sollte bei waldbaulichen Strategien berücksichtigt werden», betont der Bericht. Zudem müssen die Wälder besser vernetzt werden, um den Artengemeinschaften die Anpassung an klimatische Veränderungen zu ermöglichen.
Lichtmangel und intensiver Wildverbiss
Der Schutzwald spielt eine zentrale Rolle im Kampf gegen Naturgefahren. Etwa 44 % des Schweizer Waldes schützen Menschen und Infrastrukturen vor Lawinen und Steinschlägen. «In den letzten Jahren hat sich der Schutzwald verdichtet, was vorerst die Schutzwirkung verbessert hat», heisst es im Bericht.
Doch auch hier gibt es Probleme: Durch Lichtmangel und intensiven Wildverbiss fehlt zunehmend die Verjüngung. Die Schutzwirkung ist dadurch nicht mehr überall dauerhaft gewährleistet, und nach Störungen dauert es länger, bis der Wald wiederhergestellt ist. Gezielte Verjüngungseingriffe und ein angepasstes Wildtiermanagement sind notwendig.
Schadorganismen und Waldbrände reduzieren
Daneben zeigt der Waldbericht weiteren Handlungsbedarf auf: Stressfaktoren wie Stickstoffeinträge, die Ausbreitung von Schadorganismen und Waldbrände müssen reduziert werden. Auch ein verstärkter Dialog zwischen allen Akteuren im Bereich Wald und Holz sowie eine integrative Waldbewirtschaftung sind entscheidend, um die Multifunktionalität des Waldes langfristig zu sichern.
«Die Wertschöpfungskette Wald und Holz muss sich von der Rohstoffproduktion über die Verarbeitung bis hin zur Nutzung der Produkte an die veränderten Bedingungen anpassen», so der Bericht. Der Wald wird zunehmend auch ein Bestandteil der Kreislaufwirtschaft, die im Einklang mit den Umwelt- und Klimazielen des Bundes steht.
Der Waldbericht
Am Waldbericht, herausgegeben vom Bundesamt für Umwelt (Bafu) und der WSL, haben rund neunzig Expertinnen und Experten gearbeitet. Der Bericht ist in sechs Kapiteln aufgeteilt:
- Ressourcen (Kapitel 1)
- Gesundheit und Vitalität (Kapitel 2)
- Waldnutzung (Kapitel 3)
- Biodiversität (Kapitel 4)
- Schutzwald (Kapitel 5)
- Soziökonomie (Kapitel 6)