Die aktuellen Rahmenbedingungen würden nicht dazu beitragen, dass die Bauernbetriebe die ambitionierten Ziele des Bundes würden erreichen können, schreiben verschiedene Pflanzenbau-Organisationen, die IP-Suisse und der Schweizer Bauernverband (SBV) in einer Medienmitteilung. Die Realität sei anders. Die pflanzliche Produktion, unter anderem wegen fehlenden Schutzmöglichkeiten gegenüber Schadorganismen, nehme gar ab.
Landwirtschaft ist auf Kurs
Die Landwirtschaft konnte die Umweltrisiken im Zusammenhang mit dem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in den letzten Jahren stark reduzieren, heisst es in der Mitteilung weiter. Wichtige Teilziele des Nationalen Aktionsplans Pflanzenschutzmittel sind heute erreicht. Die Verbesserungen lassen sich hauptsächlich auf die Optimierung und die Reduktion bei der Verwendung von Pflanzenschutzmitteln zurückführen.
Die Landwirtschaft ist somit auf Kurs, schreibt das Gremium. Das bestätigt auch der Bundesrat in seinem ersten Zwischenbericht zum Aktionsplan. Gleichzeitig ist aber der Schutz der Kulturen aufwändiger geworden und die Bauernbetriebe sind immer grösseren Risiken und somit wirtschaftlichen Schäden ausgesetzt.
«Nicht nur reden, sondern auch handeln»
Die Organisationen aus dem Pflanzenbau, die IP-Suisse und der Schweizer Bauernverband fordern auf, nicht nur über die Wichtigkeit der pflanzlichen Ernährung in der Schweiz zu sprechen, sondern zu handeln und die nötigen Rahmenbedingungen für eine starke und vor allem nachhaltige pflanzliche Produktion in der Schweiz zu schaffen. Konkret müssen gute Bedingungen für ein verlässliches Zulassungsverfahren von Pflanzenschutzmitteln und biologischen Alternativen geschaffen werden. Die Zulassung von alternativen, biologischen Schutzmöglichkeiten muss unkompliziert und mit deutlich weniger administrativem Aufwand möglich sein, schreibt das Gremium weiter.
Diese Pflanzenbau-Organisationen schliessen sich der Forderung der IP-Suisse und des SBV an:
Schweizer Getreideproduzentenverband (SGPV), Schweizer Obstverband (SOV), Schweizer Saatgutproduzentenverband (Swisssem), Schweizerischer Verband der Zuckerrüben-pflanzer (SVZ), Schweizerischer Weinbauernverband (SWBV), Verband der Schweizer Gemüseproduzenten (VSGP), Vereinigung Schweizerischer Kartoffelproduzenten (VSKP).
Zudem müsse die Forschung und vor allem die Züchtung und Sortenprüfung im Pflanzenbau gestärkt werden, damit praxistaugliche Lösungen zur Verfügung gestellt werden können. Robuste Sorten bilden die Grundlage für eine nachhaltige Produktion. Die neuen Züchtungsverfahren als mögliches Werkzeug müssen daher pragmatisch reguliert werden. «Der Pflanzenbau in der Schweiz und mit ihm die ganze Wertschöpfungskette würde somit nachhaltig gesichert und auf die Zukunft ausgerichtet», schreiben die Organisationen.
Drahtwürmer und Kirschessigfliege
Gemeinsam mit einem Expertengremium wurde die aktuelle Lage in der pflanzlichen Produktion analysiert. In über 100 Fällen wurden Lücken beim Schutz der Kulturen festgestellt. So besteht beispielsweise im Kartoffelbau keine ausreichende Schutzmöglichkeit gegenüber Drahtwürmern. Drahtwürmer gehörten heute zu den wirtschaftlich bedeutendsten Schädlingen des Kartoffelanbaus, heisst es in der Mitteilung.
Die aus Südost- und Ostasien stammende, etwa 2,5–3,5 Millimeter grosse Kirschessigfliege (Drosophila suzukii) wurde 2008 nach Europa eingeschleppt. Seither verursacht sie massive Ernteausfälle im Obst- und Weinbau.
Beat Wermelinger
Im Obst- und Beerenbau verursacht die Kirschessigfliege seit Jahren grosse Schäden, bis hin zu Totalausfällen bei Hochstammbäumen. Auch hier fehle nach wie vor eine verlässliche Schutzmöglichkeit, kritisieren die Organisationen. Diese Entwicklung betreffe zunehmend den ganzen Pflanzenbau.
Selbstversorgungsgrad erhalten
In der Klimastrategie des Bundes wird die Produktion von pflanzlichen Nahrungsmitteln zur direkten menschlichen Ernährung als Massnahme zur Reduktion von Treibhausgasemissionen und zur Steigerung der Ernährungssicherheit hohe Priorität zugemessen. Mit der Agrarpolitik 2030 soll der Selbstversorgungsgrad nicht weiter sinken.
Um diese Ziele zu erreichen, müssten dem gestiegenen Anbaurisiko und dem Schliessen der Lücken beim Schutz der Kulturen die «grösstmögliche Beachtung» geschenkt werden. «Aktuell löst die Schweiz die Probleme leider nicht, sondern verlagert sie dank Importen einfach ins Ausland. Das ist nicht nachhaltig», heisst es weiter.