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Pflichtlager: Widerstand beim Getreide

Die Pläne des Bundesrates für Anpassungen bei den Nahrungsmittel-Pflichtlagern sind in Vernehmlassungen auf Widerstand gestossen. Die Landesregierung lässt nun bis Ende 2024 abklären, was es braucht, um gegen Krisen gut gerüstet zu sein.

In Mangellagen kann es vorkommen, dass die Wirtschaft die Versorgung mit lebenswichtigen Gütern nicht selbst sicherstellen kann. In diesem Fall soll auf strategische Reserven in den Bereichen Ernährung, Energie, Heilmittel und Industrie zurückgegriffen werden können, wie der Bundesrat am Freitag schrieb.

250’000 Tonnen mehr

Seine Pläne, künftig mehr Getreide und mehr Speiseöle einzulagern, sind in der Vernehmlassung im Sommer auf Kritik gestossen. 50 Prozent mehr Getreide sollten eingelagert werden, nämlich neu 755’000 Tonnen statt 507’900 Tonnen. Bei den Speiseölen und -fetten beträgt die geplante Erhöhung rund 25 Prozent oder 10’000 Tonnen, auf 44’000 Tonnen. Diese Reserven sollten die Schweiz bis zu ein Jahr lang versorgen.

In der Vernehmlassung habe es dazu Vorbehalte gegeben, etwa zur Grundannahme eines zwölfmonatigen Importstopps und zur Finanzierung, schrieb der Bundesrat. Der Schweizer Bauernverband unterstützt eine moderate Erhöhung der Pflichtlager für Getreide. «Sie müsse aber so ausgestaltet werden, dass das bisherige System der Vorratshaltunq weiterhin funktioniere und der Austausch der Pflichtlagerwaren über den Konsum im Rahmen der menschlichen Ernährung und der Fütterung der Nutztiere sinnvoll und wirtschaftlich organisiert werden könne», heisst es in der Vernehmlassungsantwort.

«Worst-Case-Szenario»

Eine wesentliche Erhöhung der Pflichtlager für die menschliche Ernährung über die mittlere jährliche Nettoimportmenge hinaus sei auch für die Abdeckung in der Interventionsphase nicht nötig. «Wenn die Pflichtlager für Getreide praktisch auf die Menge eines Jahresbedarfes erhöht würden, könnte die Lebensmittelindustrie nur noch mit jähriger oder überjähriger Ware versorgt werden. Ware aus der letzten Ernte würde nicht mehr vor der nächsten Ernte in die Verarbeitung kommen», schreibt der Verband weiter.

Auch die Schweizer Getreideproduzenten (SGPV) begrüssen die Pflichtlagerhaltung. Kritisiert wird der Importstopp. «So stellt die Annahme eines zwölfmonatigen Importstopps für den SGV eine Worst-Case-Szenario dar, das nur in einem Kriegsfall eintrete und besondere rechtliche und sachliche Massnahmen erfordere», schreibt der SGPV. Es sei zudem schwierig, das Projekt in nur zehn Jahren zu realisieren. Zudem würden die Entschädigungen, die den Pflichtlagerhaltern für Investitionen und Reparaturen vergütet würden, die Kosten nicht vollständig abdecken. Darüber hinaus wäre es schwierig, die grossen Mengen an Getreide innerhalb eines Jahres umzuschlagen, hält der SGPV fest.

Proteinträger nicht so stark verkleinern

Réservesuisse hält fest, dass die im Verordnungsentwurf vorgesehenen Mengen an Getreide und Reis einen überdurchschnittlich grossen zusätzlichen Aufwand in der Rotation der eingelagerten Nahrungsmittel und beträchtliche Investitionen in den Aufbau zusätzlicher Lagerinfrastruktur bedeuten würden. Die Genossenschaft lehnt den Änderungsentwurf der Verordnung in der vorliegenden Form ab.

Kritisiert wird auch der im Bericht «dargestellte radikale Abbau der Tierbestände von Schweinen und Geflügel in einer schweren Mangellage». Dies sei in der Praxis in diesem Zeitraum für die Réservesuisse kaum vorstellbar. «In der Konsequenz müsse der Abbau der Pflichtlager an Proteinträgern kleiner sein», schreibt die Genossenschaft.

Bei den Futtermitteln sollen die Vorräte an Proteinträgern zu Futterzwecken künftig den Durchschnittsbedarf für Schweine und Geflügel für rund zwei Monate decken. Entsprechend sinkt der Mengenbedarf an Pflichtlager von heute 93'300 Tonnen auf 58'000 Tonnen.

Auch die 2019 zur Diskussion gestellte Abschaffung der Kaffee-Pflichtlager stiess auf Widerstand.  Die Auswertung der Rückmeldungen ergab, dass Kaffee aus psychologischen und auch wirtschaftlichen Gründen im Sortiment der Vorratshaltung bleiben soll. 

Der Bundesrat erteilt nun auf die Kritik und einen Prüfbericht hin – befragt wurden über 230 Fachleute – mehrere Prüfaufträge. Zunächst lässt er abklären, ob es zusätzliche Instrumente braucht, um nationale und internationale Lieferketten von kritischen Gütern und Dienstleistungen zu überwachen.

Höhere Bundesgarantien

Wissen will er auch, ob Güter der Vorratshaltung hinzugefügt werden sollen in Ergänzung zu den bestehenden Pflichtlagern. Und ob die Milizorganisation der Wirtschaftlichen Landesversorgung den Bund in schweren Mangellagen bei Beschaffungsaufträgen unterstützen kann.

Der Prüfbericht enthält auch einen Ländervergleich. Er zeigte, dass Frankreich, Deutschland, Österreich, Norwegen und Finnland eine weniger umfassende Pflichtlagerhaltung haben als die Schweiz. Sie stünden jedoch vor den gleichen Herausforderungen.

Angesichts des geplanten Pflichtlager-Ausbaus will der Bundesrat die Bundesgarantien für Pflichtlager ab 2025 von 540 Millionen auf 750 Millionen Franken aufstocken und deren Dauer auf zehn Jahre erhöhen. Der Ständerat hat zugestimmt, der Nationalrat muss noch entscheiden.

Kommentare (1)

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  • Daneli | 16.12.2023
    Da die Bevölkerung stetig zunimmt müssen auch die zur Versorgung notwendigen Mengen angepasst werden. Oder geht man davon aus dass in einem Kriesenfall plötzlich 2 Millionen Konsumenten nichts mehr essen wollen?
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