Der Verein Vision Landwirtschaft will das Direktzahlungssystem grüner machen. Finanziert wird er von einer Stiftung des Pharma-Riesen Hoffmann La Roche. Auch der EU-Agrarfreihandel steht auf der Agenda.
Der Kampf um die Ausgestaltung der Agrarpolitik 2017 und die Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems (WDZ) ist in vollem Gange. Eine nicht unerhebliche Rolle in diesem Poker um die Verteilung der Direktzahlungen spielt der erst 2007 gegründete Verein Vision Landwirtschaft (VL).
Weniger Brot, mehr Käfer
Ziel von VL ist, die AP 2017 auf Kosten der produzierenden Landwirtschaft «grüner» zu machen. So kritisiert VL die Versorgungssicherheitsbeiträge und will das Ziel einer wesentlich grüneren Landwirtschaft zum Preis einer deutlich tieferen Bruttoproduktion erreichen. Zugunsten der Ökologie nimmt VL sogar in Kauf, dass auch die Nettoproduktion nach Abzug der Input-Faktoren wie importiertem Futtermittel oder Dünger abnehmen würde.
VL hat auch einen künstlichen «Produktionswert für gemeinwirtschaftliche Leistungen» erfunden, der aber nichts mit effektiv produzierten Lebensmitteln zu tun hat, sondern direkt den staatlichen Beiträgen entspricht. Milch, Brot oder Fleisch wird also durch einen künstlichen Index von einem Mehr an Natur ersetzt. Oder zugespitzt gesagt, will VL weniger Brot, dafür mehr Käfer.
VL kämpft mit einem sehr aufwendigen und effizienten Lobbying für ihre Ziele. So wurden diverse bürgerliche Politiker aus dem Berggebiet ins Schlepptau genommen, welche teilweise sogar die Vernehmlassungseingabe von VL zur AP 2017 unterstützten. Dies, obschon die Positionen von VL in völligem Widerspruch zur Haltung des Schweizerischen Bauernverbandes stehen. Das aufwendige Lobbying kostet aber auch viel Geld. Zu den Trägern von VL gehören beispielsweise die Schweizerische Vogelwarte, Sempach, oder auch das Forschungsinstitut für Biologischen Landbau (FiBL). Beide Institutionen sind kaum finanzkräftig genug, um die teuren Studien von VL zu finanzieren.
Mava sponsert 1 Million
Wie Recherchen des «Schweizer Bauer» ergaben, finanziert die Mava-Stfitung für Naturschutz die Studien von VL zur AP 2017 massgeblich mit. Mava wurde von Luc Hoffmann gegründet. Dessen Grossvater Fritz Hoffmann-La Roche war Gründer des Pharma-Multis Hoffmann-La Roche. Gemäss Angaben auf ihrer Homepage hat die Stiftung während drei Jahren zwischen 500’000 und 1 Million Franken in das Lobbying von VL gesteckt. Die Stiftung gibt jährlich 50 Millionen Franken aus, um Naturschutzprojekte im Mittelmeerraum, im Alpenbogen und an der Westküste Afrikas oder eben das Politlobbying von VL zu finanzieren. Aktueller Stiftungsratspräsident ist André Hoffmann.
Kritik wegen Seveso-Unglück
Die milliardenschweren Pharma-Erben geben sich also gerne umweltfreundlich. In Anbetracht der Geschichte des Unternehmens mag dies doch etwas erstaunen. Denn Roche wurde gerade von Umweltschützern immer wieder kritisiert. So war der Chemieunfall im italienischen Seveso im Jahr 1976 in einer Fabrik der Roche-Tochter Givaudan eine der grössten Umweltkatastrophen Europas. Offenbar verfolgen die Roche-Erben über die Ökologisierung der Landwirtschaft hinaus auch noch andere Ziele. Über VL wollen sie auch die Diskussion über ein Agrarfreihandelsabkommen mit der EU wieder in Gang bringen (siehe Kasten). Das erstaunt kaum, sitzt doch auch Nestlé-Chef Paul Bulcke im Roche-Verwaltungsrat. Und Nestlé ist Mitglied bei der freihandelsfreundlichen Interessengemeinschaft Agrarstandort Schweiz (Igas).
Die Ziele von Mava
Auf der Homepage der Mava-Stiftung steht als Zweck für die Unterstützung von Vision Landwirtschaft folgender sinngemäss auf Deutsch übersetzter Text: «Die letzte Phase der Arbeit, im Zeitraum 2011–2013, zielt auf die Debatte über mögliche Reformen des Direktzahlungssystems, ein mögliches EU-Freihandelsabkommen und das nächste 4-Jahres-Budget für die Schweizer Landwirtschaft ab. Ein zentrales Element ist es, die Wichtigkeit der Biodiversität in Kulturlandschaften zu betonen, insbesondere die Qualität und die Quantität der natürlichen Lebensräume, die durch nachhaltige bäuerliche Landwirtschaft gefördert werden. Im Kern geht es darum, dass die allgemeinen Direktzahlungen für Landwirte durch zielgerichtete Beiträge für spezifische Massnahmen ersetzt werden.»
Quelle: www.mava-foundation.org


