Nestlé könnte zunächst davon profitieren, dass sich Keurig Dr Pepper (KDP) bis mindestens Ende 2026 auf die Integration und anschliessende Aufspaltung in ein Getränke- und ein Kaffeeunternehmen konzentrieren muss. Hinzu kommen die hohe Verschuldung nach der Transaktion sowie operative Risiken. Dies schwäche den neuen Wettbewerber vorerst, schrieb die Bank Barclays in einem Kommentar.
Überraschender Knall
Die Ankündigung war am Montag ein Knall im globalen Kaffee-Geschäft: Der US-Konzern KDP teilte überraschend mit, d en niederländischen Jacobs-Mutterkonzern und Tassimo-Hersteller JDE Peet’s für 18 Milliarden Dollar zu übernehmen und sich danach in zwei Gesellschaften aufzuspalten: BeverageCo für Getränke und CoffeeCo als reiner Kaffeeanbieter. KDP vertreibt Marken wie Schweppes, Lavazza und Green-Mountain-Kaffee.
Die Fusion erfolgt vor dem Hintergrund hoher Kaffeepreise und globaler handelspolitischer Spannungen. KDP kämpft schon länger mit hartem Wettbewerb. Der Konzern war 2018 durch den Zusammenschluss von Dr Pepper Snapple und Keurig Green Mountain entstanden. Bei JDE Peet’s, das über 50 Marken im Kaffee- und Teebereich führt, lief es zuletzt gut.
Nestlé mit Vorsprung
Mit dem Deal steigen die Kaffeeerlöse von KDP gemäss einem Kommentar der Bank Vontobel von 3,5 auf mehr als 11 Milliarden Franken. Zum Vergleich: Nestlé erzielt mit Nescafé, Nespresso und Starbucks rund 21 Milliarden Franken Umsatz.
Nestlés Vorsprung gerät durch den Zusammenschluss nicht unmittelbar in Gefahr. Auch die Gewinnmarge von JDE Peet’s liegt mit 18 Prozent klar unter den 28 Prozent des Nestlé-Kaffee-Geschäfts. Dies unterstreicht die stärkere Marktstellung der Westschweizer.
Dr Pepper ist ein kohlensäurehaltiges Erfrischungsgetränk mit einer geheimen Mischung aus 23 verschiedenen Aromen und zählt zu den ältesten Softdrinks der USA, entwickelt 1885 in Texas, ein Jahr vor Coca Cola.
Langfristig jedoch rückt der neue Konkurrent wohl näher. Barclays verweist darauf, dass spezialisierte Konsumgüterunternehmen wie CoffeeCo oft bessere Wachstumschancen hätten, da sie Ressourcen fokussierter einsetzen könnten. Auch die UBS hält die Aufspaltung für sinnvoll und erwartet bereits im ersten Jahr einen Gewinnanstieg.
Umkämpfter US-Markt
Besonders im US-Markt könnte Peet’s vom KDP-Vertriebsmodell profitieren. Analysten sehen die Kombination von KDPs Technologie bei Kaffeekapseln und -maschinen mit den globalen Marken von JDE Peet’s – Jacobs, L’Or, Peet’s – als schlagkräftige Konkurrenz zu Nespresso. Die USA gelten als wichtigster Kaffee-Markt weltweit.
Vontobel betont, dass die Fusion den Wettbewerb dort verschärfen werde. Keurig ist führend bei Kaffeekapseln, auch bei Nespresso-kompatiblen Produkten von Lavazza. JDE Peet’s wiederum hat mit L’Or die erfolgreichste Nespresso-Nachahmerkapsel im Sortiment.
Der Zusammenschluss dürfte zudem die Innovationsdynamik im Kaffee-Markt erhöhen. Zwar gilt Nestlé mit Nespresso als Massstab im Premiumsegment, doch bei neuen Produkten hätten die Westschweizer zuletzt nachgelassen. Inzwischen setzt Nestlé stärker auf wenige, aber wichtige Innovationen wie Kaltkaffee oder neue Maschinen wie Dolce Gusto NEO. Ein starker Wettbewerber könnte den Konzern zwingen, beim Innovationstempo zuzulegen.
Nestlé schätzt den weltweiten Kaffeemarkt auf 455 Milliarden Franken. Bis 2030 wird ein jährliches Wachstum von 4 Prozent erwartet. 2024 stieg der Konsum zu Hause um 7 Prozent auf 105 Milliarden Franken, während der Ausserhaus-Konsum in Restaurants und Hotels um 2 Prozent auf 350 Milliarden Franken wuchs.