99 Delegierte trafen sich am Mittwoch an der Bio-Suisse-Delegiertenversammlung in Olten SO. Sie hatten unter anderem über einen Antrag von Progana und Bio Grischun zur Wiederkäuerfütterung zu befinden.
«Brauchen genügend Betriebe»
In einer ersten Fassung wollten die zwei Mitgliederorganisation von der 100-Prozent Schweizer Knospe-Fütterung bei den Wiederkäuern abkommen und sowohl Kraft- wie auch Raufutterimporte wieder zulassen. Dies, «solange das Angebot im Inland nicht verfügbar ist». In einer zweiten Version, über die die Delegierten dann abstimmten, ging es nur noch um die Zulassung von maximal 10 Prozent Knospe-Raufutterimporten. Dahingehend sollten die Richtlinien angepasst werden.
Bio-Grischun-Vizepräsident Christian Bosshard sagte, dass hinter dem ursprünglichen Antrag nicht die Absicht gestanden habe, Soja in rauen Mengen zu importieren. Vielmehr sei unbestritten, dass in trockenen Jahren Raufutterimporte nötig sein würden und er ergänzte: «Um Marktanteile zu gewinnen und zu halten, benötigen wir genügend Betriebe, die Bio produzieren.» Bosshard warf weiter die Frage auf ob, eine Kuh nicht auch als standortgerecht bezeichnet werden dürfe, wenn maximal zehn Prozent ihres Raufutters importiert würden. «Würden wir die Kühe mit den Hühnern vergleichen , dann gäbe es auch keine standortgerechten Eier mehr», so Bosshard.
«Aufhören mit der Richtlinien-Sturheit»
Fadri Riatsch von Bio Grischun sprach von Knospe-Milchproduzenten, die wegen der Fütterungsrichtlinien aus der Knospe-Produktion aussteigen würden. Und er sagte, dass dadurch zum Beispiel kleinere Käsereien im Bündnerland gefährdet sein könnten. Bio-Schwyz-Präsident Paul Ebnöther sagte darauf, dass sich Milchproduzenten von der Knospe abwenden könnten, dass Milcheinkäufer wie die Zentralschweizer Milchproduzenten (ZMP) neue Biomilchlieferanten für den Sommer suchen würden. «Wir müssen aufpassen mit unserer Richtlinien-Sturheit. Sonst haben wir keine Betriebe mehr, die auf Bio umstellen wollen», so Ebnöther. Er wies darauf hin, dass bereits jetzt die Umstellbetriebe fehlen würden.
Der Vorstand empfahl den Delegierten, den Antrag abzulehnen. Denn die 100-Prozent Schweizer Knospe-Fütterung sei verständlich, sagte Urs Brändli und ergänzte: «Damit schaffen wir einen Mehrwert.» Standortgerecht heisse , nur so viele Tiere zu halten, wie auf der vorhandenen Futterfläche ernährt werden könnten, so der Bio-Suisse-Präsident. Dazu sagte Progana-Direktor Kurt Zimmermann: «Wenn in der Schweiz jeder Biobetrieb den Viehbestand an die Fläche anpassen würde, hätten wir zu wenig Milchprodukte in den Regalen.»
Die Abstimmung zur Wiederkäuerfütterung ging mit 53 zu 36 Stimmen bei 8 Enthaltungen im Sinne des Vorstandes aus: Der Grundsatz von 100% Schweizer Futter bleibt bestehen.
Daniel Salzmann
Keine Anpassung der Richtlinien
Paul Walder, Präsident des Bioforums Schweiz, warf Bio Grischun gar Konzeptlosigkeit vor und sagte: «Wir alle haben die Avanti-Strategie mitgestaltet und mitgetragen.» Damit nahm er Bezug auf einen DV-Entscheid aus dem Jahr 2017 mit dem Ziel, dass bis 2025 ein Viertel der hiesigen Landwirtschaftsbetriebe Bio sein sollten.
Dem Antrag von Progana stimmten letztlich 36 Delegierte zu, 53 hielten dagegen bei 8 Enthaltungen. Demzufolge bleibt die Anforderung zur 100-Prozent Schweizer-Knospe-Fütterung für die Wiederkäuer in den Richtlinien bestehen. Bereits an der letzten Delegiertenversammlung im November 2023 hatte die Delegiertenversammlung aber einer befristete Ausnahmeregelung zugestimmt. Während fünf Jahren ist es den Mischfutterherstellern erlaubt, einen bestimmten Prozentsatz an ausländischen Knospe-Eiweisskomponenten einzusetzen. Konkret sind das in den Jahren 2024 bis 2026 zehn Prozent ausländische Knospe-Eiweiss-Komponenten (gemessen an der Gesamtmenge Wiederkäuer-Kraftfuttermenge) und während der Jahre 2027 bis 2028 fünf Prozent ausländische Knospe-Eiweisskomponenten.
«Mein Feuer ist noch da»
Auf dem Programm stand weiter die Gesamterneuerungswahl des Vorstands inklusive des Präsidiums. Die Amtszeit beträgt vier Jahre. Alle bisherigen Vorstandsmitglieder stellten sich zur Wiederwahl. Urs Brändli (Goldingen, SG) ist seit 2011 Präsident von Bio Suisse und sah sich durch Maria Thöni, Bergbäuerin aus Stierva GR (Gemeinde Albula), herausgefordert. Die 50-Jährige leitet seit dem Jahr 2000 zusammen mit ihrem Mann Christian Thöni den Angushof Thöni, einen Bio-Mutterkuhbetrieb mit Direktvermarktung. Im Interview mit dem «Schweizer Bauer» sagte Thöni, dass sie für eine Amtszeitbeschränkung von 12 Jahren sei . Und dass laut Bio-Suisse-Statuten das Präsidium durch einen Betriebsleitenden mit Produzentenvertrag geführt werden sollte, was Brändli nicht mehr sei. Der ehemalige Knospenproduzent hat den Betrieb seinem Sohn übergeben.
Das betonte Thöni auch in ihrer kurzen Rede vor der Wahl: «Ich kandidiere, weil ich im Vergleich zu Urs Brändli eine Einzelmitgliedschaft von Bio Suisse habe», sagte sie. Urs Brändli bewarb sich mit den Worten: «Lust und Freude sind unabdingbar für dieses Amt.» Weiter brauche es eine Portion Demut, damit man sich selbst nicht zu wichtig nehme und er ergänzte: «Meine Feuer, meine Energie sind noch da.»
Das Resultat der geheimen Wahl war eindeutig. Urs Brändli wurde mit 78 Stimmen wiedergewählt. Maria Thöni erhielt 13 Stimmen. Ebenso wurden die übrigen Vorstandsmitglieder in ihrem Amt bestätigt. Das sind: Milo Stöckli (Séprais, JU), Karine Contat (Grimisuat, VS), Joseph Bircher (Malters, LU), Cédric Guillod (Praz-Vully, FR), Dora Fuhrer (Burgistein, BE) und Rahel Beglinger (Mollis, GL).
Interpretation dazu: In der Regel heisst, dass ausnahmsweise auch andere wählbar sind. Bei praktizierenden Biobauern wird jemand, der wie Brändli zu Hause noch mithilft als Bauer oder auch z.B. Angestellter in einem Gutsbetrieb ist, ebenfalls zugelassen.
Also: formell ist das Präsidium von Brändli korrekt
Es geht ja nicht darum, wie sehr man die Statuten zurechtbiegen kann, damit Brändli weiterhin wählbar bleibt. Sondern dass nach einer wirklich langen Amtsdauer Zeit ist, einer neue Person das Präsidium zu übergeben. Und wenn es der Inhaber des betreffenden Amtes nicht von alleine merkt, wäre es an den Delegierten, hier durchzugreifen. Aber man hat sich halt aneinander gewöhnt und man will sich nicht gegenseitig wehtun...