Die Beiträge sollen steigen, fordert Wandfluh.
Bettina Kiener
Landwirt Ernst Wandfluh ist besorgt. Er führte deshalb Journalisten der «NZZ am Sonntag» auf die Alp Ueschinen bei Kandersteg BE. Dort sömmern die Kühe des Berner Oberländers, der seit Oktober 2023 für die SVP im Nationalrat politisiert.
«Klimawandel gibt es»
Im Juni verursachte ein Murgang schweren Schaden. Ein rund zwanzig Meter breiter Graben zieht sich durch die Weide. Auch die Zufahrt zur Alp war unterbrochen. Starkniederschläge und Murgänge würden ganz klar zunehmen, so Wandfluh. «Wer so viel in den Bergen ist wie ich und den Klimawandel bestreitet, der lügt oder verdrängt etwas», machte der 49-Jährige gegenüber den Journalisten deutlich.
Ernst Wandfluh im Ueschinental ob Kandersteg BE.
Michael Schinnerling
Doch nicht nur Starkniederschläge, sondern auch die Trockenheit machen den Älplern zu schaffen. Deshalb hat die Alpgenossenschaft 2018 vorgesorgt: Eine Quelle versorgt einen grossen Wasserspeicher – Kostenpunkt: 2 Millionen. «Ein Meilenstein», sagte der Landwirt zur Zeitung. Insgesamt 500 Kühe und über 700 Schafe werden im Gebiet gesömmert.
Zu wenig Personal
Nicht nur die klimatischen Veränderungen machen dem Präsidenten des Schweizerischen Alpwirtschaftlichen Verbandes (SAV) zu schaffen, sondern auch die Personalsituation auf den Alpen – und damit deren Bewirtschaftung. Er kenne mehrere Betriebe, die aufgeben mussten, weil das Personal fehlte, sagte er der «NZZ am Sonntag». Er führt dies einerseits auf die Arbeitsbedingungen zurück: Es fehle an Privatsphäre, und es werde viel Handarbeit benötigt.
Andererseits seien die Löhne für viele potenzielle Bewerberinnen und Bewerber zu tief. Diese variieren von Region zu Region. Einen Richtwert gibt es im Kanton Graubünden: Der kantonale Bauernverband und Interessenvertreter der Älplerinnen und Älpler handeln jährlich Richtlöhne aus. Gemäss der Zeitung sollte ein Senn ohne landwirtschaftliche Ausbildung mindestens 180 Franken und 40 Rappen pro Tag verdienen – abzüglich Sozialabgaben und teils auch Kost und Logis.
Der ausbezahlte Lohn liege aber oft unter diesem Richtwert, sagte Sandra Contzen, Professorin für Agrarsoziologie an der Berner Fachhochschule für Landwirtschaft in Zollikofen, zur «NZZ am Sonntag». Höhere Löhne könnten die Personalsuche erleichtern, meint sie.
Ohne höhere Beitrage drohe eine voranschreitende Verbuschung auf den Alpen wie hier im Krauchtal GL, warnt Wandfluh.
Pius Fölmli
2 Franken statt 40 Rappen
Man würde gerne höhere Löhne bezahlen, entgegnete Wandfluh. Doch liege meist nicht mehr drin. Eine Lösung sieht er beim Bund. Für eine gemolkene Kuh würden heute 40 Rappen pro Tag ausbezahlt, so Wandfluh. Es handelt sich um den Zusatzbeitrag für die Milchproduktion. Gemäss Agrarbericht 2024 wurden 2023 rund 106'000 Milchkühe gesömmert.
Der Berner fordert nun eine Verfünffachung dieses Betrags – also zwei Franken pro Tag oder 200 statt 40 Franken pro Saison. Die Kosten würden gemäss «NZZ am Sonntag» um 23 Millionen Franken pro Jahr steigen. «Wir erbringen wichtige Leistungen für die ganze Gesellschaft», rechtfertigte er seinen Anspruch. Ohne die Arbeit des Alppersonals würden die Berglandschaften verbuschen und zuwachsen. Das sei schlecht für die Biodiversität und den Tourismus. «Ich bin überzeugt, dass die Schweizerinnen und Schweizer die Alpwirtschaft erhalten wollen», sagte er zur «NZZ am Sonntag». In der Schweiz umfasst das Sömmerungsgebiet gemäss Bundesamt für Landwirtschaft rund 465‘000 Hektaren.
Sömmerungsbeiträge
Ein Normalstoss (NST) entspricht der Sömmerung einer raufutterverzehrenden Grossvieheinheit (GVE) während 100 Tagen. Er entspricht somit der Menge Gras, die eine Kuh während 100 Tagen verzehrt. Wenn auf einer Alp mit 80 Normalstössen (NST) 80 Kühe 100 Tage gesömmert werden, ergibt dies eine Sömmerung von 100%. Die Anzahl Normalstösse sind für jede Alp festgelegt. Der Bund will keine Übernutzung und keine Unternutzung der Weiden, daher gibt es Abzüge bei den Direktzahlungen, wenn die Alp unter 75% oder über 110% bestossen wird.
Der Sömmerungsbeitrag wird für die Sömmerung raufutterverzehrender Nutztiere, mit Ausnahme von Bisons und Hirschen, auf anerkannten Sömmerungs- und Gemeinschaftsweidebetrieben im Inland ausgerichtet. Für eine Kuh wird ein Beitrag von 400 Franken pro NST ausgerichtet. Der Zusatzbeitrag für die Milchproduktion wird aufgrund der effektiven Bestossung berechnet und beträgt für Milchkühe, Milchschafe und Milchziegen 40 Franken pro NST und Jahr, das sind 40 Rappen pro Tag.
Eine deutliche Erhöhung des Beitrags für Milchtiere ist dringend notwendig.
Es wurde schon vor Jahren beim SAV auf diesen Sachverhalt hingewiesen, weder der damalige Präsident noch der Geschäftsführer haben etwas unternommen.
Eine der Ursachen könnte darin liegen, dass vor allem kleinere privat geführte Alpbetriebe keine klare finanzielle Trennung zwischen Tal- und Alpbetrieb vornehnen. Deshalb können sie auch das Defizit ihres Alpbetriebes nicht erkennen. Anzutreffen vor allem in der Zentralschweiz und Bern.....
Die Ackerbauern brauchen jedoch auch bessere Preise für ihre Produkte(faire Preise).
Daher ist der Ruf nach mehr Staat nicht zielführend, sondern höhere Produkte Preise!
Dazu gehören faire Entschädigungen — auf Augenhöhe mit einem KMU-Unternehmer — und verlässliche soziale Strukturen: Stellvertretungen, Ferienlösungen, Unterstützung, wohnortnahe öffentliche Infrastruktur & Grundversorgung damit das Leben auf dem Land wieder lebenswert wird.
Nicht die grössten Flächen sichern die Zukunft unserer Alpen und Täler, sondern die Menschen, die sie bewirtschaften. Und diese Menschen müssen wir endlich so behandeln und bezahlen, dass sie bleiben können und wollen.
Mein Vorschlag: Ein Grundbeitrag von bis zu CHF 40’000 pro Betrieb, abhängig vom SAK-Faktor, jedoch gedeckelt bei 1 SAK pro Betrieb — alle erhalten für denselben Grundaufwand die gleiche Basis. Ergänzt wird das System durch modulare Beiträge für gezielte Leistungen wie Biodiversität, Klima- und Ressourcenschutz oder soziale Verantwortung — unabhängig von Fläche, Tierzahl oder Baumanzahl. Die Gesamtsumme pro Betrieb bleibt bei maximal CHF 60’000 pro Jahr gedeckelt. So wird Fairness gestärkt, Bürokratie reduziert und echte Leistung honoriert. Funktioniert auch für das Sömmerungsgebiet.
-Livia Greenvale
Schau einfach mal über en Zaun nach Griechenland oder Portugal. Eher früher als später werden Flächenbrände auch in den Schweizer Alpen ein Thema. Feuer braucht Nahrung, dies bietet eben genau die Verbuschung der Landschaft.
ich denke langsam es reicht.