Mitarbeitende Ehepartnerinnen auf Bauernbetrieben sollen finanziell besser abgesichert werden.
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Mit 170 zu 12 Stimmen und mit 4 Enthaltungen stimmte der Nationalrat am Mittwoch den Vorschlägen des Bundesrates zu. In der Landwirtschaft sind besonders Frauen finanziell oft von ihren Partnern abhängig. Es ist kaum möglich, Partnerinnen und Partner, die im Landwirtschaftsbetrieb mitarbeiten, am Geschäft zu beteiligen.
Bessere finanzielle Absicherung
Kommt es zu einer Scheidung, stehen viele Partnerinnen und Partner von landwirtschaftlichen Betriebsleitern und -leiterinnen finanziell vor dem Nichts. Die vom Parlament verlangte Vorlage will deshalb die Mitarbeit der Partner auf dem Betrieb regeln.
Verheiratete oder in eingetragener Partnerschaft lebende Betriebsleitende sollen eine gemeinsame Beratung und die finanzielle Regelung der Mitarbeit wahrnehmen müssen. Das soll Voraussetzung werden für Finanzhilfen für einzelbetriebliche Strukturverbesserungen. Der Nachweis soll durch eine Selbstdeklaration erfolgen. Diese muss von beiden Ehegattinnen oder Ehegatten oder beiden eingetragenen Partnerinnen oder Partnern unterschrieben werden. Allenfalls werden die beiden Voraussetzungen auch kumulativ zu erfüllen sein, beispielsweise ab einer gewissen Investitionshöhe.
«Tiefe Einkommen sind Problem»
Der Nationalrat unterstützte dies. Der Bundesrat habe einen Vorschlag der Branche vorgelegt, sagte Martin Hübscher (SVP/ZH) namens der Wirtschaftskommission (WAK-N). Das wahre Problem seien aber tiefe Einkommen. Die allermeisten Ehen stünden unter dem Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung.
«Bei einer güterrechtlichen Auseinandersetzung wird die Errungenschaft hälftig aufgeteilt. Wenn nun nichts da ist respektive alles für den Lebensunterhalt gebraucht wurde, dann gibt es auch nichts aufzuteilen - und daran ändert auch eine neue Regelung nichts», sagte Hübscher. Das gelte auch für die Altersvorsorge. «Bei der ersten, der zweiten und der dritten Säule werden bei einer Scheidung sämtliche einbezahlten Beiträge durch zwei geteilt», fuhr er fort.
«Pragmatischer Weg»
Die SVP sprach von einem pragmatischen Weg. Dieser trage zur Sensibilisierung für die Lohnfrage auf Bauernbetrieben bei, sagte Sprecherin Katja Riem (BE). «Wir brauchen in der Landwirtschaft keine neuen Lohnmodelle, die Abhängigkeitsverhältnisse schaffen. Eine Anstellung beim Ehepartner schafft nämlich kein Mehr an Gleichstellung, sondern eher neue Abhängigkeiten», sagte sie. Es brauche gut ausgebildete Bäuerinnen, die als selbstständige Partnerinnen auf Augenhöhe betriebswirtschaftlich mitentscheiden, Verantwortung übernehmen und ihre Höfe mitgestalten würden. «Sie generieren gemeinsam als Unternehmerinnen Einkommen und nicht nur Lohn», sagt Riem.
Die FDP-Fraktion lehnte den Vorschlag ab. Beat Walti sprach von einer Einmischung des Subventionsgebers in private Regelungen der Vermögensverhältnisse. Unterstützt wurde die Vorlage hingegen von der Mitte. «Man muss festhalten, dass heute rund zwei Drittel der Ehegatten, die nicht selbst Eigentümer sind und die im Betrieb mitarbeiten, entweder Lohn beziehen, oder das Einkommen wird Ende Jahr aufgeteilt. Bei zwei Dritteln ist eigentlich schon eine Lösung vorhanden», sagte Leo Müller (LU). Die gewählte Lösung mit dem Beratungsansatz sei pragmatisch und richtig.
GLP spricht von Alibi-Übung
Die Minderheit um Jürg Grossen (GLP/BE) verlangte mehr Schutz als nun geplant für mitarbeitende Ehepartnerinnen und -partner. Was das Parlament verlangt habe, werde mit der Vorlage nicht umgesetzt. Es gehe um den Anspruch auf Anerkennung der Arbeit und auf sozialen Schutz. Viele Bäuerinnen hätten bis heute keinen Lohn.
Grossen sprach von einer Alibi-Übung. «Nicht einmal der Kern der Motion, nämlich die finanzielle Entschädigung im Scheidungsfall, wird erreicht», kritisierte er. Eine echte Umsetzung der Motion würde Sozialversicherungsschutz für alle, die mitarbeiten, bedeuten. «Wie in jedem anderen Wirtschaftszweig auch. Das ist die beste Absicherung im Scheidungsfall. Das ist auch im Interesse des Staates, der sonst in einem solchen Fall mit Ergänzungsleistungen oder Sozialhilfe einspringen muss», sagte er.
Grossen beantragte, die Vorlage an den Bundesrat zurückzuweisen und die existierenden, nachteiligen Sonderregelungen für die Landwirtschaft abzuschaffen.
«Mehr für Partnerinnen tun»
Grossen erhielt Unterstützung Kilian Baumann (Grüne/BE). Der Entwurf des Bundesrates sehe lediglich eine Beratung und/oder den Nachweis eines Barlohns vor, wenn Strukturverbesserungsbeiträge beantragt werden. «Zwar wird die Position der Ehepartnerin durch Anpassungen im bäuerlichen Bodenrecht gestärkt, und für die Direktzahlungen werden neue Vorgaben hinsichtlich des Sozialversicherungsschutzes eingeführt», sagte Baumann.
Ohne die Unterstützung des Staat wäre die landwirtschaftliche Produktion in der Schweiz praktisch nicht möglich, sagte der Biolandwirt. «Der Bundesrat muss also mehr zur Verbesserung der Situation von Lebenspartnern und Lebenspartnerinnen machen», forderte Baumann.
Der Minderheitsantrag der GLP hatte aber keine Chance. Dieser wurde mit 56 gegen 126 Stimmen abgelehnt.