Sowohl der Bundesrat als auch die Gegnerinnen und Gegner der Initiative betonten in der Abstimmungsdebatte, wie wichtig die Biodiversität ist, heisst es in einer Mitteilung des Trägervereins der Biodiversitätsinitiative. Der Trägerverein setzt sich aus Pro Natura, BirdLife Schweiz, Schweizer Heimatschutz und Stiftung Landschaftsschutz Schweiz zusammen.
Stets sei wiederholt worden, der Schutz unserer Lebensgrundlagen mit der heutigen Gesetzgebung sichergestellt werden könne. Diese Argumentation habe schlussendlich die Mehrheit der Stimmbevölkerung überzeugt.
«Bundesrat und Parlament sind verpflichtet, ihre Versprechen gegenüber der Bevölkerung einzulösen und die Umsetzung wirksamer Massnahmen unverzüglich in Angriff zu nehmen», sagt Raffael Ayé, Geschäftsführer BirdLife Schweiz, «unter anderem mit einem wirksamen Aktionsplan Biodiversität und höherer Qualität auf bestehenden Schutzflächen.»
Halten an Mission fest
In einer gemeinsamen Stellungnahme haben laut dem Trägerverein über 400 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler den grossen Bedarf für rasche und wirksame Massnahmen zur Sicherung und zur Förderung der Biodiversität betont.
Trotz der Niederlage halten die Trägervereine an ihrer Mission fest. «Biodiversität ist die Grundlage unseres Lebens – die Umweltverbände werden sich weiter für ihren Schutz zu engagieren», so Franziska Grossenbacher, Stv. Geschäftsleiterin Stiftung Landschaftsschutz Schweiz.
«Wir werden uns auch in Zukunft für eine faktenbasierte, respektvolle und lösungsorientierte Debatte stark machen», so Grossenbacher.
«Es bewegt die Bevölkerung stark»
Die Biodiversität in der Schweiz sei stark gefährdet. Die bisherigen Massnahmen würden nicht ausreichen, um die Vielfalt von Arten und Lebensräumen zu erhalten. In den letzten Monaten sei der Zustand der Biodiversität breit diskutiert und das Bewusstsein für den dringenden Handlungsbedarf geschärft worden.
«Die Diskussion um die Biodiversitätsinitiative hat das Thema fest in der politischen Agenda der Schweiz verankert. Es bewegt die Bevölkerung stark», betont Urs Leugger-Eggimann, Präsident Trägerverein der Biodiversitätsinitiative und Geschäftsleiter Pro Natura.
Bauernverband hat Angst gesät
Der Bauernverband säte mit falschen Aussagen über die Biodiversitätsinitiative Angst. Das sagte Grünen-Fraktionspräsidentin Aline Trede (BE) am Sonntag nach der Abstimmungsniederlage ihres Pro-Komitees. Sie nehme nun den Bundesrat beim Wort, die aktuellen Massnahmen würden zum Schutz der Artenvielfalt ausreichen.
Es sei eine unbestrittene wissenschaftliche Tatsache, dass es der Biodiversität in der Schweiz schlecht geht, sagte Trede in der Abstimmungssendung von Schweizer Fernsehenh SRF. Es sei ihrer Seite zu wenig gelungen, zu erklären, wie wichtig die Artenvielfalt als Lebensgrundlage sei. Die Energiebranche hatte sich neben den Bauern entschieden gegen die Initiative gestellt, da sie bei der Energiewende um Projekte für erneuerbare Energien fürchtete. Trede erklärte, gerade die Grünen hätten sich stark für das Stromgesetz engagiert. Die Energiewende müsse kommen, sie sei auch unter Einbezug des Artenschutzes machbar.
An die Adresse des Bauernverband sagte Trede, dieser müsse sich der wissenschaftlichen erwiesenen Tatsache des Artensterbens stellen. Die Landwirtschaft müsse die Bedürfnisse der Natur ernst nehmen und achten.
Das sagen die Grünen
Die Schweiz hat mit dem Nein zur Biodiversitätsinitiative eine Chance zum Schutz ihres Naturerbes verpasst. Dieses sei für Wirtschaft und Lebensqualität essenziell, schrieb die Grünliberale Partei (GLP) am Sonntag. Ein grundsätzliches Nein des Volks zum Schutz der Artenvielfalt sieht die Partei allerdings nicht. Besonders die starke Gewichtung des Schutzes von Bauten und Landschaften dürfte zur Ablehnung beigetragen haben, erklärte Nationalrat Beat Flach (GLP/AG) gemäss Communiqué.
Biodiversitätsschutz und Ausbau der erneuerbaren Energien müssten Hand in Hand gehen. Der Nationalrat habe zwar einen ausgewogenen indirekten Gegenvorschlag ausgearbeitet, dieser sei jedoch an Ständerat gescheitert. Die GLP hielt fest, weiterhin Lösungen zu suchen, die Biodiversität und wirtschaftliche Entwicklung in Einklang bringen.
Die jungen Grünen reagierten mit «jetzt erst recht» auf die Ablehnung und warben für ihre Umweltverantwortungsinitiative. Diese soll den Schutz der Lebensgrundlagen dennoch gewährleisten. Die Kampagne der Gegnerschaft habe vor Falschaussagen gestrotzt, schrieb die Partei und nannte die Behauptung, 30 Prozent des Landes würden zu Schutzflächen. Die jungen Grünen verurteilten diese Tendenzen, «die öffentliche Meinungsbildung zu erschweren».
Das sagt die SP
Die SP bedauert das Nein zur Biodiversitätsinitiative in der Abstimmung vom Sonntag. Um Artensterben und Klimawandel zu begegnen, brauche es grosse öffentliche Investitionen. Die FDP zeigte sich vom Resultat befriedigt und setzt auf die Eigenverantwortung aller Akteure. Die Biodiversitätsinitiative hätte wichtige Fortschritte beim Schutz von Pflanzen- und Tierarten ermöglicht, bedauerte SP in einem Communiqué.
«Wir stehen vor der Herausforderung, dass die Artenvielfalt Jahr für Jahr abnimmt und extreme Wetterereignisse zunehmen, liess sich SP-Co-Präsident und Nationalrat Cédric Wermuth (AG) zitieren. Dafür brauche es die gemeinsam mit den Grünen lancierte Klimafonds-Initiative mit dem ökologischen Umbau der Schweiz in Richtung erneuerbare Energien.
Die Evangelische Volkspartei schrieb, dass die Schweiz vom Artensterben besonders betroffen sei, sei eine erwiesene Tatsache. Das stelle eine ernsthafte Bedrohung der Lebensgrundlagen dar. Diese Bedrohung sei nicht unter Kontrolle. Trotzdem hätten Bundesrat und bürgerliche Parlamentsmehrheit mit dem Argument überzeugt, die bisherigen Gesetzesgrundlagen seien ausreichend. Nun müssten sie den Tatbeweis erbringen.
Der neue zweite Aktionsplan darf nicht überladen und kompliziert sein. Er muss sich auf das Wesentliche beschränken, um die Akzeptanz in der Bevölkerung zu sichern. Das bedeutet: Weniger Massnahmen, die einfach und klar formuliert sind, ohne unnötige Bürokratie. Der Fokus muss auf wenigen Zielen liegen, die realistisch und ohne Belastungen für Landwirte, Gemeinden und andere Akteure umgesetzt werden können.
Die Verantwortlichen müssen jetzt handeln und einen Plan vorlegen, der umsetzbar und vertrauenswürdig ist. Nur so kann die notwendige Akzeptanz gesichert werden, ohne die Menschen und die Wirtschaft zu überfordern.