Mit der Motion «Förderung regionaler Schlachtkapazitäten zur Vermeidung langer Tiertransporte» wollen die Nationalrätinnen Anna Giacometti (FDP, GR) und Martina Munz (SP, SH) verhindern, dass kleinere Schlachthäuser geschlossen werden.
Die Förderhilfen für die Verarbeitung von Produkten würden nicht ausreichen, um die Schliessung weiterer Schlachtbetriebe zu verhindern, heisst es auf der Internetseite des Parlaments. Auch Arbeitsplätze in Randregionen wären dadurch bedroht. Das Tierwohl und der Erhalt der Wertschöpfung in Randgebieten stünden bei dieser Motion im Vordergrund.
Der Nationalrat hat diese Motion am Donnerstag, 14. September, mit 158 gegen 15 Stimmen bei 9 Enthaltungen angenommen. Das Geschäft geht jetzt in den Ständerat.
Was geschieht mit den Schlachttiermärkten?
Besonders Label-Tiere, die nur in zertifizierten Schlachthöfen geschlachtet werden können, müssten an ihrem Lebensende durch die halbe Schweiz transportiert werden. Tiere, die ihr Leben auf einer Weide verbracht hätten, müssten aus Seitentälern gesammelt, zusammengeführt und dann ins Mittelland und bis nach Basel transportiert werden. Solche langen Transportwege seien nicht mit dem Tierwohl vereinbar, so die Nationalrätinnen.
Die Erhaltung lokaler Schlachthöfe könnten dies verhindern, so die beiden Nationalrätinnen. Auch Versuche mit mobilen Schlachteinheiten seien vielversprechend. Lokale Schlachtkapazitäten brauche es aber auch für Notschlachtungen. Verunfallte Tiere könnten so als Fleisch genutzt werden und müssen nicht als Kadaver verbrannt werden.
«Klima-, umwelt- und tierfreundliche Produktion fördern und nachhaltige Wertschöpfung stärken", lautet eine landwirtschaftliche Stossrichtung des Bundesrates. Die Motion «Förderung regionaler Schlachtkapazitäten zur Vermeidung langer Tiertransporte» stände im Einklang mit dieser Strategie.
Nationalrat und Landwirt Erich von Siebenthal (SVP, BE) zeigt sich besorgt über den Verbleib der regionalen Schlachttiermärkte.
Monika Munz (SP, SH) weiss diese Befürchtung aber sogleich zu entkräften.
Bundesrat gegen Motion
Der Bundesrat hingegen fordert die Räte auf die Motion abzulehnen. Im Hinblick auf den Tierschutz müssen wir den am besten geeigneten Transporten Priorität einräumen, die nicht unbedingt die kürzesten sind, sagt Alain Berset. So sei ein 2-stündiger Transport auf der Autobahn bei guten Bedingungen wahrscheinlich schonender für die Tiere als ein 45-minütiger Transport auf einer kurvigen Bergstrasse. Natürliche seinen auch die Qualität der Fahrzeuge und die Professionalität der Fahrer entscheidende Faktoren. Es sei also nicht einfach eine Frage der Transportdauer, erklärt der Bundespräsident.
Dann sei die Schweiz bereits sehr gut mit Schlachthöfen ausgestattet. Es gäbe deren 600, was einem Durchschnitt von einem Schlachthof pro 68 Quadratkilometern entspricht. Berset ergänzt aber auch gleich, dass es grosse Unterschiede zwischen diesen Schlachthöfen gäbe und nicht jeder eigne sich für jede Form der Schlachtung. Aber es gäbe bereits eine starke Dezentralisierung.
Als weitere Punkt erwähnt Berset, dass seit 2020 die Möglichkeit besteht, Tiere auf dem Bauernhof oder auf der Wiese zu töten und so jeglichen Transport zu vermeiden. Die Schlachtung liege in der Verantwortung des Züchters.
Zum Video unten: Bundespräsident Alain Berset bat im Namen des Gesamtbundesrates den Nationalrat darum, die Motion abzulehnen. Seine Argumente vermochten nicht zu überzeugen.
Berset schliesst seine Argumentation damit, dass es nicht Aufgabe des Bundes sei, im privaten Bereich Massnahmen zu ergreifen, um dezentrale Schlachthöfe zu schaffen oder deren Dezentralisierung zu gewährleisten. Er verweist dabei auf den Kanton Graubünden, der beispielsweise bereits Finanzhilfen zur Förderung lokaler Schlachthöfe gewährt.
Der Bundesrat beantrage deshalb die Ablehnung der Motionen. Zumindest der Nationalrat hat sich jetzt nicht an diesen Antrag gehalten. Wie der Ständerat entscheiden wird, steht noch aus.