Eine neue parteipolitische Zusammensetzung des Bundesrats ist erst nach den eidgenössischen Wahlen vom Oktober 2023 denkbar. Diese Ansicht vertritt der Berner Politologe Adrian Vatter. Aktuell ist die Landesregierung nicht entsprechend der Wähleranteile zusammengesetzt.
Aufgrund der Ergebnisse der letzten Wahlen hätte eigentlich nur die SVP einen Anspruch auf zwei Sitze, erklärte Vatter, der Direktor des Instituts für Politikwissenschaft an der Universität Bern, am Donnerstag in der Sendung «Tagesgespräch» von Schweizer Radio SRF.
SP und FDP hätten nur 1 Sitz zugute
Die anderen Parteien mit zwei Sitzen – SP und FDP – hätten gemäss Proporz bloss noch je einen Sitz zugute, erklärte Vatter. Wollte die Bundesratszusammensetzung 85 bis 90 Prozent der Wählerschaft von National- und Ständerat repräsentieren, müssten SP, FDP, Mitte, Grüne und GLP je einen der fünf übrigen Sitze haben. Das wäre eine Fragmentierung, aber repräsentativer, räumte der langjährige Bundesrats-Forscher ein.
Einen Wechsel der Zusammensetzung der Landesregierung hält Vatter mittelfristig erst nach den nationalen Wahlen für möglich. Zwar wollten sich die Bundesratsparteien an der Macht halten. Sie könnten das Machtkartell aber nicht unbeschränkt aufrecht erhalten. Das habe sich im Zusammenhang mit dem zweiten Bundesratssitz für die SVP deutlich gezeigt.
Rochaden bei Departementen möglich
Zum Rücktritt der Bundesratsmitglieder Simonetta Sommaruga und Ueli Maurer hielt der Wissenschaftler fest, bei direkten Wahlen etwa in die Kantonsregierungen ergebe sich deutlich, dass das Volk nach drei Legislaturen einen Personalwechsel wolle. Sommaruga und Maurer geben zwei Schlüsseldepartemente frei. Diese seien immer begehrt und die SP habe auf dem Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) beharrt, sagte Vatter weiter.
Dennoch hält er nach den Bundesratswahlen am 7. Dezember grössere Rochaden nicht für ausgeschlossen. Sollten die Bürgerlichen das Uvek übernehmen, sei eine 180-Grad-Umkehr bei der Klima- und Energiepolitik schwer denkbar. Davon müsste eine neue Departementsleitung Volk, Parteien, Lobbys und Verbände erst überzeugen. Verzögerungen wären aber durchaus möglich.