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«Bundesrat schwächt Lebensmittelproduktion»

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Kurz vor Ostern hat der Bundesrat ein Verordnungspaket verabschiedet. Die neuen Bestimmungen sollen die Landwirtschaft nachhaltiger machen. Für den Schweizer Bauerverband (SBV) hat der Bundesrat bei einigen Massnahmen über das Ziel hinausgeschossen. In einem offenen Brief führt der SBV die Kritik genauer aus.

 

Dieses Verordnungspaket entstand aufgrund der parlamentarischen Initiative 19.475, die von der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates eingereicht worden war. In der Folge verabschiedete das Parlament im März 2021 das Bundesgesetz über die Verminderung der Risiken durch den Einsatz von Pestiziden.

 

Nährstoffverluste und Biodiversität auf Acker

 

Das vorliegende Verordnungspaket konkretisiert nun jene Änderungen, die sich aufgrund des angepassten Landwirtschaftsgesetzes ergeben. Ein Teil der Massnahmen wird im Januar 2023 in Kraft treten.  Eines der Ziele der parlamentarischen Initiative besteht darin, die mit dem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln verbundenen Risiken bis 2027 um 50 Prozent zu reduzieren. Dazu gehört auch ein besserer Schutz von Oberflächengewässern, Grundwasser und Biotopen vor den Auswirkungen von Pflanzenschutzmitteln.

 

Das andere Ziel der parlamentarischen Initiative besteht darin, die Nährstoffverluste bis 2030 zu reduzieren. Der Bundesrat hat das Reduktionsziel bei mindestens 20 Prozent angesetzt. Um dieses zu erreichen, wird unter anderem ab 2024 die Toleranzgrenze von 10 Prozent, die bei der Berechnung der Düngerbilanz bisher toleriert wurde, abgeschafft. Zudem müssen ab 2024 auf mindestens 3,5% der Ackerfläche spezifische Biodiversitätsförderflächen angelegt werden.

 

«Bundesrat schwächt Lebensmittelproduktion»

 

Bereits wenige Stunden nach der Verabschiedung des Verordnungspakets durch den Bundesrat hat sich der Schweizer Bauernverband (SBV) über einige Punkte sehr verärgert gezeigt. Der Bundesrat habe «die aktuelle Realität und den sich abzeichnenden weltweiten Engpass bei der Lebensmittelversorgung völlig ausser Acht gelassen». Scharf kritisiert wurde, dass auf 3,5 Prozent der Ackerböden Biodiversitätsförderflächen angelegt werden müssen. Auch bei der Reduktion der Nährstoffverluste verfolge der Bundesrat mit 20 Prozent völlig unrealistische Ziele. 

 

Nun wendet sich der Bauernverband mit einem offenen Brief an die Landesregierung. Darin werden die Punkte am Verordnungspaket hervorgehoben, die dem SBV zu weit gehen. Der Bauernverband bekämpft nicht alle Punkte des Pakets: «Wir betonen, dass der SBV weiterhin hinter der vom Parlament beschlossenen Pa. Iv. 19.475 steht und sich hinter die im Rahmen der Abstimmungskampagne gemachten Versprechen stellt», heisst es im Brief. Einige Massnahmen würden über das Ziel hinausschiessen die inländische Lebensmittelproduktion massiv schwächen.

 

Der Vorstand des SBV kritisiert am Verordnungspaket folgende Punkte

 

Eine Politik ohne die Hauptbetroffenen

 

«Für uns ist unverständlich, dass Sie die Beschlüsse ohne ausreichende Berücksichtigung der Einschätzung der hauptbetroffenen Bauernfamilien und der für die Umsetzung verantwortlichen Kantone gefällt haben. Mit der Nichtberücksichtigung der Anliegen schwächen Sie den Willen des Sektors, die vom Parlament beschlossene Pa. Iv. 19.475 in grosser Eigenverantwortung umzusetzen. Die Beschlüsse werden zudem bei Bauernfamilien, aber auch bei den Kantonen zu einem massiven zusätzlichen administrativen Aufwand führen. Dieser ist für viele Betriebe kaum mehr zu bewältigen.»

 

Ergebnisse der Konsultation und Parlamentsbeschluss missachtet

 

«Wir stellen fest, dass Sie die Ergebnisse der Konsultation ungenügend berücksichtig haben. So haben Sie z.B. bei der Reduktion der Nährstoffverluste eine Zielvorgabe von 20% beschlossen. Dies obwohl in der Vernehmlassung viele beim Stickstoff eine Reduktion um 10 % gefordert hat. Zudem wurde in der parlamentarischen Debatte eine Reduktion um 20% explizit abgelehnt und das Parlament hat den Bundesrat beauftragt, gemeinsam mit der Branche ein realistisches Reduktionsziel festzulegen. Diesem Parlamentsbeschluss sind Sie offensichtlich nicht nachgekommen. Die Branche ist nun bei den Nährstoffverlusten mit einer unrealistischen Zielsetzung konfrontiert.»

 

Schwächung der Lebensmittelproduktion im geopolitischen Kontext

 

«Trotz der kosmetischen Verschiebung einiger Massnahmen um ein Jahr, haben Sie die aktuelle – durch den Ukraine-Krieg hervorgerufene – Situation missachtet. Vor dem Hintergrund der grossen Instabilität auf den internationalen Agrarmärkten ist es unverständlich, dass die inländische Lebensmittelproduktion massiv geschwächt wird. So ist es z.B. unverständlich, dass über die zwingende Ausscheidung von 3.5% Biodiversitätsförderfläche (BFF) auf dem Ackerland rund 10'000 ha bestes Ackerland aus der Lebensmittelproduktion genommen werden obwohl bereits 19% der landwirtschaftlichen Nutzfläche als BFF bewirtschaftet werden. Natürlich kann sich die reiche Schweiz jederzeit auf den internationalen Märkten bedienen. Doch auch unser Land sollte seine Verantwortung im internationalen Ernährungssystem wahrnehmen. Dazu gehört eine angemessene inländische Lebensmittelproduktion.

 

Falsche Annahme

 

«Die von Ihnen beschlossenen Massnahmen werden sehr negative Auswirkungen haben. Die Massnahmen sind zudem teilweise auf falsche Annahme abgestützt. So wird z.B. gemäss dem erläuternden Bereich zu den Verordnungen von einer Kostensteigerung von 0.5% ausgegangen. In der der Realität sind die Produktionskosten jedoch um rund 7% gestiegen sind.»

Kommentare (10)

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  • Fehlender Praxisbezug | 08.05.2022
    Liebe Mitlandwirte

    1. Wer die Biodiversität im Ackerbau optimiert, der kann damit locker gleichviel Gewinn erwirtschaften, wie mit einer Standard Ackerkultur.
    2. Wir müssen die Biodiversität und dadurch die Insekten JETZT fördern, damit wir auch langfristig unsere Erträge halten können.
    3. Hört endlich damit auf, das Gefühl zu haben, wir Landwirte müssen die ganze (überbevölkerte) Schweiz vollständig selber ernähren können. Das ist ein sehr kurzfristiges und unmögliches Ziel.
  • Martin | 07.05.2022
    Die Landwirtschaft wird je längers wie mehr zur Politwirtschaft. Macht weiter so und wir werden irgendwann hunger leiden.
    • Förster Liesel | 07.05.2022
      Für die Wirtschaft und den Grossverteiler, ist importieren, interessanter, als einheimische Produktion.
      Die Frage ist nur, ob es in nächster Zeit, noch möglich sein wird, für über 8,5 Millionen Einwohner in der Schweiz, über 50% der notwendigen Nahrungsmittel, zu importieren. Hoffentlich stehen wir nicht schon bald Schlange, vor leeren Regalen. Unsere Versorgungssicherheit, ist total, vom Ausland abhängig. Was, wenn plötzlich , die Sanktionen ,auch uns betreffen?
  • Martin Pfyffer | 07.05.2022
    Wer sich ernsthaft mit dem Biodiversitätsverlust auseinandersetzt, sieht, dass die bundesrätlichen Massnahmen ein Minimum darstellen. Es ist eine Notlage. Ernährinssicherheit erlangen wir durch Verzicht auf Futteranbau und - import, somit auf Fleisch im Übermass.
    • Demokrat | 07.05.2022
      Jetzt ist keine Notlage.
      Notlage wird (vielleicht) kommen, wenn unsere Wohlstandsgesellschaft kein Essen mehr hat, weil man den Bauern das Produzieren verbietet!
    • Förster Liesel | 07.05.2022
      Tatsächlich momentan, grosses Risiko, dass eine unhheimliche Notlage eintrift. Wie kann die Schweiz, die Bevölkerung, noch ernähren, wenn plötzlich unverhofft, die nukleare Katastrophe eintrifft. Werden Blumenwiesen und andere Ökoelemente, wohl nicht radioaktiv verseucht ?
    • Biobauer | 08.05.2022
      Den Zusammenhang nicht verstanden. Die Kuh, resp. Grasland, speichert CO2. Beim Anbau von Ackerkulturen wie Soja geht dieses CO2 in die Luft. Fazit: Kuh ist gut für Klimaschutz, Soja umstritten. Würde noch mehr Biogas gefördert, schneidet die Kuh noch besser ab. Mit Biogasanlagen liessen sich zwei AKW‘s abstellen. Fakten!
  • Blackenstecher | 07.05.2022
    Wie lange machen die Bauern dieses Affentheater noch mit. Nicht mehr düngen und spritzen und mehr Beiträge ziehen. Die Wirtschaft will sowieso nur noch importieren und dann ist es egal welchen Dreck wir fressen.
  • Demokrat | 06.05.2022
    BR auf den Mond schiessen, sollen sich dort selber ernähren...
    • Schilter | 06.05.2022
      Die sollen mal Praktische Arbeit leisten nicht nur am Schreibtisch mit den Löhnen die sie verdienen.

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