Der Schweizer Aussenhandel schwächelt. Wie die letzte Woche veröffentlichten Juli-Zahlen zeigen, sanken sowohl Ein- als auch Ausfuhren teilweise deutlich. Die Exporte gingen gegenüber dem Vormonat saisonbereinigt um 5,7 Prozent zurück, die Importe sanken um 3,3 Prozent und befinden sich weiterhin auf einem negativen Trend.
Allerdings dürfe man den starken Rückgang nicht überinterpretieren, da die Monatszahlen volatil seien. «Die chemisch-pharmazeutische Industrie hat im Mai ein starkes Exportwachstum verzeichnet, das dann im Juni und nun im Juli zurückging. Ähnliches gilt für die gesamte Exportindustrie», erklärte Economiesuisse-Chefökonom Rudolf Minsch auf Anfrage.
Der Käse hat’s schwer
Ebenfalls von der Baisse verschont blieb der Bereich «Nahrungs- und Genussmittel». Gar um satte zehn Prozent legten die Exporte aus der Sparte zu. Im vermeintlichen Käseland Schweiz ist dies aber nicht den geschmierten Ausfuhren von Emmentaler & Co. geschuldet. Ganz im Gegenteil.
Die grossen Sortenkäse darben bekanntlich seit Jahren. Entsprechende Käsereien werden geschlossen und Mengen jüngst auch beim Exportschlager Gruyère wieder eingeschränkt. Und auch die Spezialitäten haben schon einen besseren Absatz im Ausland gefunden. «Bei den Spezialitätenkäse ist der Druck auf die Exporte aus der Schweiz nach wie vor hoch», schreibt Emmi im Zusammenhang mit der Veröffentlichung der Halbjahreszahlen.
Bei der grössten Schweizer Käsehändlerin sank der Europa-Käse-Umsatz um 4,2 Prozent. Im internationalen Handel sanken die Verkäufe im ersten Halbjahr gar um knapp 7 Prozent.
Vor allem bei den Käsespezialitäten sei der Exportdruck weiterhin hoch.
Therese Krähenbühl
Kaffee für 3,5 Milliarden exportiert
Was also führte zur Zunahme der Ausfuhrstatistik? Rudolf Minsch erklärt: «Treiber war vor allem der Anstieg der Kaffeeexporte. Die restlichen Nahrungsmittelexporte blieben in etwa konstant.» Und tatsächlich: Ein detaillierter Blick in die Zollstatistik offenbart, dass der Kaffee nicht nur beim Export stark zulegen kann, sondern auch, welches Gewicht dieser für die Schweizer Agrarexporte hat.
Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr exportierte die Schweiz 116’000 Tonnen Kaffee, beim Käse waren es 73’000 Tonnen. Noch markanter wird der Unterschied, wenn man die wertmässigen Exporte betrachtet. Die Schweiz verkaufte 2022 Käse im Wert von gut 700 Millionen Franken im Ausland. Beim Kaffee waren es fast 3,5 Milliarden Franken. Dies waren 20 Prozent mehr als im Vormonat, und das führt dann auch zum entsprechenden Resultat in der Gesamtbilanz.
Wird die Schweiz zum Kaffeeland?
Diese Zahlen scheinen doch erstaunlich zu sein für ein Land, in dem bekanntlich keine Kaffeebohnen gedeihen und da in der Hochpreisinsel Schweiz ausschliesslich die Veredelung passiert. Auf Anfrage beim Branchenverband Procafé erklärt man, dass es bei den Exporten immer wieder zu Schwankungen/Verschiebungen komme. «Der Trend der Exporte ist entsprechend derjenigen der letzten Jahre.»
Dass die Schweiz in den vergangenen Jahrzehnten zu einem echten Kaffeeland avanciert ist, hat in erster Linie mit der Innovationskraft eines Unternehmens zu tun. «Die Kaffeeproduktion von Nestlé in der Schweiz hat eine lange Geschichte», heisst es beim weltgrössten Nahrungsmittelkonzern auf Anfrage.
Nestlé investiert in Romont FR
Insbesondere mit der Erfindung des Instantkaffees wurde einer der bedeutendsten Grundsteine für den Innovationsstandort Schweiz gelegt. «Heute noch wird der Grossteil des Nescafé-Kaffees für den Schweizer Markt und für den Export in viele andere Länder in Orbe VD produziert. Hier befindet sich auch das Nestlé Product Technology Center, die Wiege der innovativen Technologie der Marke», schreibt Nestlé weiter.
Darüber hinaus betreibe Nestlé Research im Forschungszentrum in Lausanne Grundlagenforschung für die Entwicklung neuer Produkte. Auch diese Investitionen in den Forschungsstandort Schweiz hätten dazu beigetragen, dass Nestlé die Kapseln der Marke Nespresso in der Schweiz produziere.
«Nespresso wird in drei Schweizer Produktionszentren hergestellt: in Avenches, in Orbes und in Romont. Der Standort Romont FR werde derzeit für 160 Millionen Franken ausgebaut, schreibt Nestlé weiter. Das Unternehmen bestätigt damit, dass es weiter am Produktionsstandort Schweiz festhält.