Der Bundesrat will den Einsatz von Glyphosat in der Landwirtschaft weiter reduzieren. Ein Bericht, der auf ein Postulat zurückgeht, zeigt auf, dass die Reduktion des Einsatzes des Pflanzenschutzmittels möglich ist und in vielen Bereichen bereits umgesetzt wurde. Ein Totalverzicht ist aber gemäss den Forschern noch nicht möglich.
Nationalrätin Adèle Thorens Goumaz (Grüne/VD) reichte im Januar 2018 das Postulat «Schrittweiser Ausstieg aus der Verwendung von Glyphosat. Zweckmässigkeit und Modalitäten» ein. Der Nationalrat hat dieses in der Herbstsession 2018 angenommen.
Alternativen prüfen
Mit ihrem Postulat forderte Thorens den Bundesrat auf, in einem Bericht aufzuzeigen, inwiefern ein schrittweiser Ausstieg aus der Verwendung von Glyphosat zweckmässig wäre und auf welche Weise dieser Ausstieg - der im Dialog mit den betroffenen Kreisen, insbesondere mit der Landwirtschaft, bewerkstelligt werden könnte.
Weiter sollen im Bericht die Chancen und Risiken eines schrittweisen Ausstiegs aus der Verwendung von Glyphosat aufgezeigt werden. «Alternativen zur Verwendung von Glyphosat, seien diese nun schon vorliegend oder seien sie über die Forschung erst zu entwickeln, sollen insbesondere im Hinblick auf ihr Potenzial und ihre technischen, ökologischen und wirtschaftlichen Auswirkungen dargelegt werden», hielt die Romande fest.
Verkaufsmenge um 63% gesunken
Der Bundesrat hat am Freitag nun seinen Bericht vorgelegt. Dieser zeigt auf, dass die Reduktion des Einsatzes des Pflanzenschutzmittels möglich ist. Und er zeigt auch auf, dass das Herbizid bereits deutlich eingesetzt wird. «Die Glyphosat-Verkaufsmenge in der Schweiz ist in den letzten zehn Jahren um 63 Prozent gesunken», hält der Bundesrat fest. Im Jahre 2019 wurden 125 Tonnen Glyphosat verkauft.
Der Bundesrat hat die Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften beauftragt, mögliche Alternativen zum Glyphosat-Einsatz in der Landwirtschaft zu analysieren und zu bewerten. Die Resultate werden in dem Bericht nun vorgestellt.
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Weitere Reduktion möglich
Die Reduktion des Glyphosat-Einsatzes ist möglich und wurde in vielen Bereichen bereits umgesetzt. Es gibt weitere Potenziale zur Reduktion des Glyphosat-Einsatzes. «So kann beispielsweise in nicht-erosionsgefährdeten Ackerbaugebieten der Boden mechanisch bearbeitet und so vom Unkraut befreit werden», heisst es im Bericht.
Glyphosat
Glyphosathaltige Produkte sind die am häufigsten eingesetzten Pflanzenschutzmittel. Die Kombination von sehr weitem Wirkungsspektrum und vergleichsweise tiefem Produktepreis verhelfen diesen Herbiziden zu ihrer Beliebtheit. Im Handel wird eine Vielzahl an Produkten unter schiedlicher Hersteller angeboten.
Aufgrund des nicht selektiven Wirkungsspektrums wird Glyphosat als Totalherbizid bezeichnet. Der Wirkstoff wird über grüne Pflanzenteile aufgenommen und aufgrund systemischer Eigenschaften vorwiegend im Phloem bis in die unterirdischen Organe der behandelten Pflanzen transportiert. Die Hemmung eines Enzyms zur Synthese aromatischer Aminosäuren führt zu Stoffwechselstörungen, zum Zelltod und Absterben der Pflanze.
Wiederholte Anwendung von Glyphosat auf derselben Parzelle fördert die Bildung resistenter Unkrautarten. Unter Anderem durch den vermehrten Einsatz in glyphosatresistenten Kulturen (GVO) wurden weltweit bereits über 20 resistente Unkrautarten festgestellt. Aufgrund des vergleichsweise mässigen Einsatzes von Glyphosat in der Schweizer Landwirtschaft (Vorerntebehandlungen sind verboten), konnte bisher keine entsprechende Resistenz beobachtet werden. Lanat
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«Verzicht noch nicht angezeigt»
Laut Bericht gibt es aber Flächen, in denen ein Verzicht auf Glyphosat heute noch nicht angezeigt ist. Das ist der Fall bei Ackerbaukulturen, welche auf erosionsgefährdeten Flächen liegen. Diese Flächen müssen vorläufig weiterhin mit Glyphosat behandelt werden, bis bodenkonservierende Verfahren ohne Glyphosat zur Verfügung stehen.
«In diesen und anderen Bereichen muss der Umstieg auf Alternativen zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen. Dadurch erhält die Forschung die nötige Zeit zur Entwicklung von Alternativen», heisst es im Bericht. «Eine generelle Glyphosat-Substitution durch Bodenbearbeitung ist weder ökologisch noch ökonomisch
sinnvoll», halten die Forscher fest.
Ein Verzicht könnte allerdings für einen Teil der Anwendungen eine Marktlücke eröffnen, die die Entwicklung und Adoption neuer Technologien, wie zum Beispiel den Jät-Roboter, forcieren könnten, welche eine verbesserte ökologische und ökonomische Bilanz im Vergleich zu Glyphosat und den aktuellen Alternativen aufweisen.
Alternativen haben Nachteile
Gemäss den Experten können Alternativen zum Glyphosat-Einsatz derzeit Nachteile nach sich ziehen. «Mit den bestehenden Ersatzlösungen erhöht sich die Gefahr der Bodenerosion. Zudem verursachen die Alternativen höhere Produktionskosten. Auch die Kontrolle mehrjähriger Unkräuter ist mit diesen Verfahren schwieriger», halten die Forscher fest.
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Ausserdem weisen aktuelle mechanische Methoden im Vergleich zu den Glyphosat-Verfahren einen erhöhten Energieverbrauch und erhöhte Treibhausgasemissionen auf. «Zugleich zeigen Schweizer Monitoring-Daten, dass bei den aktuell bekannten Glyphosat-Konzentrationen in oberirdischen Gewässern keine negativen Auswirkungen auf Gewässerorganismen zu befürchten sind», heisst es weiter.
Bundesrat sieht sich bestätigt
«Ein totaler Glyphosat-Verzicht erfordert die Entwicklung von Alternativen, welche insgesamt keine grösseren Klima- und Umweltwirkungen haben als die Glyphosat-Anwendung selbst. Derzeit stehen nicht für alle Glyphosat-Anwendungen solche Alternativen zur Verfügung», halten die Forscher fest.
Der Bundesrat sieht sich mit dem Bericht in seiner Strategie bestätigt. «Die Erkenntnisse des Berichts bekräftigen die Stossrichtung der Agrarpolitik des Bundes und des Aktionsplans Pflanzenschutzmittel, die Risikoreduktion des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln gezielt zu fördern und dabei das Gesamtsystem im Auge zu behalten», schreibt die Landesregierung. Der Bundesrat hat mit der Agrarpolitik AP22+ seinen Willen bekräftigt, den eingeschlagenen Weg noch zu verstärken.
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