Die Initiative mit dem Titel «Für eine sichere Ernährung – durch Stärkung einer nachhaltigen inländischen Produktion, mehr pflanzliche Lebensmittel und sauberes Trinkwasser (Ernährungsinitiative)» wurde mit 113’103 Unterschriften der Bundeskanzlei übergeben.
Hinter der Initiative stehen Franziska Herren vom Verein «Sauberes Wasser für alle» und sechs weitere Personen. Herren war bereits treibende Kraft der im Juni 2021 an der Urne abgelehnten Trinkwasserinitiative.
70 Prozent Selbstversorgungsgrad
Die neue Initiative verlangt einen Selbstversorgungsgrad mit Nahrungsmitteln von mindestens siebzig Prozent. Dass die Schweiz heute zu fünfzig Prozent von Importen aus dem Ausland abhängig sei, liege an der hoch subventionierten Produktion tierischer Lebensmittel im Inland und nicht an zu wenig Landwirtschaftsland, schreibt das Komitee.
Auf sechzig Prozent der Ackerflächen würden Futtermittel für Tiere angebaut. Wären es mehr pflanzliche Lebensmittel, könnten je Hektare viel mehr Kalorien produziert werden.
Produktionsgrundlagen schützen
Das Begehren verlangt weiter die Sicherstellung lebenswichtiger landwirtschaftlicher Produktionsgrundlagen: Biodiversität und Bodenfruchtbarkeit. «Gratisdienstleistungen» der Natur würden mit Düngemitteln und Pestiziden zerstört, schreibt das Komitee dazu.
Der vernachlässigte Gewässerschutz, wegen Nitrat und Pestiziden stillgelegte Trinkwasserfassungen und vermehrt auftretende Trockenheit gefährdeten zunehmend die Versorgung mit sauberem Trinkwasser, macht das Komitee ausserdem geltend.
Linsen statt Futterweizen
Die Initiative knüpfe an die Forderungen der Trinkwasserinitiative an und lege den Fokus auf die Ernährungssicherheit, sagten die Initianten bei der Lancierung im Juni 2023. Die Klimakrise zeige, dass auch im Wasserschloss Europas Trinkwasser und Wasser für die Lebensmittelproduktion schnell zur Mangelware werden könne. «Bis heute wurde die Land- und Ernährungswirtschaft nicht auf die Produktionsunsicherheiten vorbereitet, die der Klimawandel mit sich bringt», so die Initianten.
Die Initiative will den Netto-Selbstversorgungsgrad erhöhen. Dieser liege bei knapp 50 Prozent, die Schweiz sei mehr als 50% vom Ausland abhängig. Um die Auslandsabhängigkeit zu reduzieren, legt die Initiative den Fokus insbesondere auf die 60% der inländischen Ackerflächen. Statt Futtermittel wie Mais, Gerste oder Futterweizen für die tierische Produktion sollen mehr Hülsenfrüchte, Getreide, Kartoffeln für die menschliche Ernährung angebaut werden. «So kann pro Hektare mehr als das Zehnfache an Kalorien für die direkte menschliche Ernährung produziert und ein Netto-Selbstversorgungsgrad von 70% angestrebt werden», heisst es im Argumentarium.
Die tierische Produktion will die Initiative im Hügel- und Berggebiet nicht tangieren. «Im Gegensatz zu den Ackerflächen eignen sich die vielen Wiesen und Weiden der Schweiz für eine graslandbasierte Fleisch- und Milchproduktion», so die Initianten.
Zu viel Gülle
Im Visier haben die Initianten den Nutztierbestand, insbesondere Schweine und das Geflügel. Im Argumentarium heisst es unter anderem, dass die 16 Millionen Nutztiere zur Hälfte mit Importfutter ernährt würden. Die Initianten sprechen von 1,2 Millionen Tonnen jährlich. «Die Folge ist zu viel Gülle und Ammoniak, welche unsere Böden, Wälder und Gewässer überdüngen, die Biodiversität und Bodenfruchtbarkeit zerstören sowie unser Trinkwasser mit Nitrat belasten», schreiben die Initianten. Der Baldegger-, der Hallwiler-, der Sempacher-, der Greifensee und neu der Zugersee müssten daher künstlich mit Sauerstoff versorgt werden. Die Parallelen zur Trinkwasserinitiative sind auch hier zu finden.
In der Schweiz führe das Importfutter zu enormen Überschüssen an Gülle und Mist. «Was aber hier an Dünger zu viel ist, fehlt auf den Ackerflächen im Ausland und muss dort durch Kunstdünger ersetzt werden», kritisieren die Initianten. So sollen die vom Bundesamt für Landwirtschaft im Jahr 2008 definierten Höchstwerte für Stickstoffverbindungen und Phosphor nicht mehr nicht mehr überschritten werden dürfen. Gemäss Initianten werden entweiche durch die Landwirtschaft jährlich 42’000 Tonnen Stickstoff in die Luft. «Das sind 70 Prozent mehr als der Höchstwert von 25’000 Tonnen der Landwirtschaft vorgibt», heisst es im Argumentarium.
Kunstdünger und Pflanzenschutzmittel im Visier
Im Visier sind auch Kunstdünger und chemische Pflanzenschutzmittel. Die Initianten wollen eine nachhaltige Lebensmittelproduktion, «die auf die Produktionsgrundlagen Bodenfruchtbarkeit und Biodiversität fokussiert und damit die Artenvielfalt fördert.» Das heisst konkret: «Eine solche Produktion ersetzt den Einsatz von Pestiziden und Kunstdünger und sichert so sauberes Trinkwasser und gleichzeitig stabilere und höhere Erträge. Zusätzlich braucht es die längst überfällige koordinierte Planung der Trinkwasserversorgung.»
Konkret will die Initiative, dass die Höchstwerte für Stickstoffverbindungen und Phosphat, die in den Umweltzielen von 2008 vorgegeben sind, nicht mehr überschritten werden. «Zum anderen braucht es eine nachhaltige Lebensmittelproduktion, die auf die Produktionsgrundlagen Bodenfruchtbarkeit und Biodiversität fokussiert», heisst es weiter. Die Initiative verlangt weiter, dass die Direktzahlungen, die Förderung von Forschung, Beratung und Ausbildung sowie andere staatliche Anreize den Wandel hin zu einer «nachhaltigen Lebensmittelproduktion» und einer vermehrt pflanzlichen Ernährungsweise unterstützen.
Mehr Eiweisspflanzen
Das Initiativkomitee spricht von einer grossen Chance für die Schweizer Landwirtschaft. Die Initiative eröffne die Tür zum «boomenden nachhaltigen Wachstumsmarkt von pflanzlichen Lebensmitteln und Fleischersatzprodukten.» Es gäbe genügend Kunden. 63% der Schweizer Bevölkerung würden heute bereits der Umwelt, dem Tierschutz und ihrer Gesundheit zuliebe bewusst weniger tierische Lebensmittel konsumieren. Die Tendenz sei steigend.
Dass sich die Branche nicht auf Richtpreise für Eiweisspflanzen zur menschlichen Ernährung einigen konnte, passt nicht zu diesem Argument. Von Seiten Abnehmern ist man nicht bereit, einen Preis zu bezahlen, die den Landwirten eine kostendeckende Produktion erlaubt.
Mehr Direktzahlungen für pflanzliche Produktion
Die Initianten stören sich auch an der Ausgestaltung der Direktzahlungen. Von den 2,8 Milliarden Franken jährlich würden nur 0,5 Milliarden oder 18 Prozent in die Produktion von pflanzlichen Produkten fliessen. «Produktion und Konsum von tierischen Lebensmitteln werden also staatlich stark gelenkt und unterstützt, während die Produktion pflanzlicher Lebensmittel vernachlässigt wird», kritisieren sie. Bei der Absatzförderung würden nur 10 Prozent (4 Millionen) zu pflanzlichen Lebensmitteln fliessen.
Um die Ernährungssicherheit, die landwirtschaftlichen Produktionsgrundlagen und eine gesunde Umwelt zu gewährleisten, müssen Direktzahlungen sowie andere finanzielle staatliche Anreize die Produktion von pflanzlichen Lebensmitteln und deren Konsum fördern statt wie heute die übermässige Produktion und den übermässigen Konsum von tierischen Lebensmitteln», fordern die Initianten.
Mehr pflanzliche Produktion bedeutet mehr Ackerbau mehr Bodenbearbeitung, mehr Kraftstoffverbrauch, mehr Pflanzenschutz mehr Kunstdünger usw.
Tierisch genutztes Grünland in einer Fruchtfolge ist die beste Form um die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten.
In einer vielseitigen Fruchtfolge wechseln sich Pflanzen zur menschlichen Ernährung mit Futterpflanzen ab. Eiweisspflanzen benötigen bis zu 5 Jahren Ruhezeit ohne Leguminosen bis sie wieder angebaut werden.
Vielleicht müsste man den Initianten den Begriff Fruchtfolge erklären.
Das BLW hätte vor über 40 Jahren mit der FIBL zusammenarbeiten sollen, dann hätten wir nicht diese Misere. Damals kam von einem Gärtnernmeister ein tolles Produkt auf den Markt, das Pestizid überflüssig macht. Alles Bio mit weniger Aufwand und 20% mehr Ertrag. Das hat die Schweiz verpasst, aber Holland hat es vorgemacht. Kann man nachholen dann ist die Abstimmung eine Farce. Hier profitieren alle und der Bauer kann gut überleben. Man würde auch nie mehr Fristschäden haben. Optifer wirkt wundersam.