Im Morgengrauen bindet sich Landwirt Andreas Stalder die Schuhe und tritt auf eines seiner Felder. Dazu sinniert er: «IP-Suisse ist nicht einfach eine Aufgabe, das ist eine Passion. Und da hat man nur einen Chef, das ist die Natur. Sie gibt uns den Takt vor. Es geht darum, mit der Natur und mit den Konsumenten zusammen eine Landwirtschaft zu entwickeln, die uns das Überleben sichert.»
Stalder sagt weiter, es sei mitunter schwierig gewesen, von der Intensivproduktion wegzukommen und dennoch respektable Erträge zu erwirtschaften, denn man habe ja immer einen Beitrag zur Ernährungssicherheit leisten wollen.
Und dann kommt im Film schon Gründungspräsident Hans Luder, als «Visionär» angeschrieben, in einem Filmausschnitt von Ende der 1980er-Jahre, der betont, die IP-Suisse sei eine Organisation, die nur von Bauern organisiert werde. So beginnt der 40-minütige Dokumentarfilm, den der Detailhändler Denner und die IP-Suisse gemacht haben und der nun auf der Streaming-Plattform oneplus.tv für alle kostenlos zugänglich ist.
Ein Trailer deutet an, was der Dokumentarfilm zu bieten hat.
Der «Bären» in Ersigen BE als IP-Suisse-Kommandozentrale
Der Titel des Films ist: «Eine Freundschaft verändert die Schweizer Landwirtschaft». So fokussiert der Film denn auch stark auf den Gründerkreis mit Gründungspräsident Hans Luder (1939–2021), mit dem Gründungsgeschäftsführer Fritz Rothen und mit den Gründungsmitgliedern und Landwirten Andreas Stalder, Daniel Niklaus, Rudolf Weber und Heinz Schwab.
Sie trafen und treffen sich regelmässig am Samstag bei Wirtin Rita Basler im Landgasthof Bären in Ersigen BE, der im Film als «Stammbeiz und Kommandozentrale IP-Suisse» bezeichnet wird. «Am Anfang war nichts, kein Auftritt, kein Käferlogo, keine Statuten. Es gab viele Diskussionen, wir sind unterschiedliche Leute. Aber wir blieben Freunde. Das ist ungewöhnlich», sagt Stalder im Film.
Eine Freundschaft war die Basis von IP-Suisse (v.l.): Fritz Rothen, Daniel Niklaus, Heinz Schwab, Rudolf Weber, Andreas Stalder, Hans Luder.
Screenshot aus dem Dokfilm.
Fotos aus der Gründerzeit
Der Film zeigt viele Fotos aus dem jungen Erwachsenenalter der Gründer und aus der Gründungszeit der IP-Suisse, die von Grazia Grassi, Leiterin Unternehmenskommunikation beim Denner, zusammengetragen und geordnet wurden. Als wegen der Coronamassnahmen die Restaurants zu waren, traf sich die Gruppe draussen im Wald von Hans Luder.
«Hans war ein sehr beziehungsfreudiger Mensch, er verkehrte mit Menschen aus allen Schichten, wurde noch vor seinem 30. Geburtstag Gemeindepräsident, dann auch Kirchgemeindepräsident», erinnert sich im Film Elisabeth Luder, die Witwe von Hans Luder. Sie erzählt auch von der Nacht, in welcher ihr Mann starb.
Rudolf Haudenschild, früherer Chefredaktor des «Schweizer Bauer», verweist im Dokumentarfilm auf einige Hürden, die die IP-Suisse zu überwinden hatte.
Robert Alder
«Bio geht zu weit»
Fritz Rothen sagt: «Wir wollten mehr für die Natur tun, als das Gesetz verlangt. Aber auf Bio wollten wir nicht gehen, das geht uns zu weit.» Im Film wird betont, es gebe eine Nachhaltigkeit, die nicht Bio sei. Stalder streicht im Film heraus, es sei ihnen von Anfang an wichtig gewesen, dass die Bauern einen eigenen Auftritt hätten und nicht Sklaven des Detailhandels seien und dass ihnen der Mehraufwand abgegolten werde.
Dafür brauchte es Partner im Handel. Und der erste, der an die IP-Suisse-Produkte glaubte, war der legendäre Bäckerei-Unternehmer Fredy Hiestand. Dann kam rasch die Migros. Rudolf Haudenschild, früherer Chefredaktor des «Schweizer Bauer», berichtet, wie die junge IP-Suisse vor der Annahme der ersten Ernte auf der Suche nach einem Kredit war und dass eine Berner Bank absprang, weil in deren Vorstand ein Vertreter eines Genossenschaftsverbandes (heute Fenaco) sass, «der nicht eine Konkurrenz züchten wollte».
Der Bären in Ersigen BE: «Stammbeiz und Kommandozentrale IP-Suisse»
Mit dem Käfer zum Durchbruch
Dass der Detailhändler Denner im Jahr 2016 nach seinem Start mit IP-Suisse-Produkten Fahnen mit dem Marienkäferlogo vor den Ladeneingängen platzierte, ist für Haudenschild «die Marketingaktion des Jahrzehnts». Das habe den endgültigen Durchbruch gebracht, so Haudenschild.
In der Folge kübelte die Migros ihr eigenes Label «TerraSuisse», setzte den Käfer auch vorne auf die Produkte, es folgte der andere Detailhandelsriese Coop. An der Premiere in Zürich war es Stalder, der in aller Ehrlichkeit sagte, im Moment sei der Markt für Mehrwertprodukte wie IP-Suisse schwierig.
Freimütig sagte er, er könne überhaupt nicht verstehen, dass so viele Leute zu Billigprodukten griffen. Das Schlusswort im Film: «Ich bin überzeugt, IP-Suisse wird in zehn Jahren das vorherrschende Produktionssystem sein. Daran führt kein Weg vorbei.»
Personen im Film:
• Andreas Stalder, Gründungsmitglied, Präsident IP-Suisse
• Hans Luder, Gründungspräsident IP-Suisse
• Daniel Niklaus, Gründungsmitglied IP-Suisse
• Elisabeth Luder, Witwe
• Fritz Rothen, Gründungsmitglied und Geschäftsführer IP-Suisse 1989–2022
• Rudolf Weber, Gründungsmitglied IP-Suisse
• Heinz Schwab, Gründungsmitglied IP-Suisse
• Rudolf Haudenschild, Chefredaktor «Schweizer Bauer» 1991–2020
• Fredy Hiestand, Bäckerei-Unternehmer
• Mario Irminger, Geschäftsleiter der Denner AG 2011–2023, heute MGB-Chef
• Christian Schürch, Vizepräsident IP-Suisse
• Christophe Eggenschwiler, Geschäftsführer IP-Suisse
• Robert Finger, ETH-Professor
• Mathias Rapin, Fromagerie Maréchal. sal