Mit 123 zu 70 Stimmen bei 2 Enthaltungen beschloss die grosse Kammer am Freitag auf Antrag ihrer Wissenschafts-, Bildungs- und Kulturkommission (WBK-N), die Vorlage abzuschreiben. Damit ist das Geschäft vom Tisch.
Transparenz und Nachhaltigkeit
Die Vorlage ging auf eine parlamentarische Initiative von Nationalrätin Christine Badertscher (Grüne/BE) zurück. Sie verlangte, dass die Transportart von unverarbeiteten importierten Lebensmitteln wie Fisch oder Fleisch deklariert werden müsse. Die Deklaration sollte den Flugtransport in die Schweiz umfassen. Ziele waren mehr Transparenz für Konsumierende und ein nachhaltigerer Konsum.
«Der Flugtransport von Lebensmitteln ist eine solche bedenkliche Praxis, die erwiesenermassen einen unverhältnismässig hohen Umweltfussabdruck generiert. Eine Deklarierung ist der erste Schritt, damit Flugtransporte bei Lebensmittel reduziert werden», schreibt Badertscher im Vorstoss. Die Deklaration sei mit gewisse Aufwände verbunden. «Diese belasten aber lediglich die Anbieter der entsprechenden Produkte», schreibt Badertscher weiter.
«Stärkt Schweizer Bauern»
Kilian Baumann (Grüne/BE) sprach im Namen der Kommissionsminderheit. Diese wollte die Initiative an die Kommission zurückweisen mit dem Auftrag, eine Vorlage auszuarbeiten. Bei der Deklaration von Flugtransporten handle es sich um eine sehr sanfte Massnahme. «Sie stärkt das Verantwortungsbewusstsein der Konsumentinnen und Konsumenten, ohne dass Importverbote ausgesprochen werden. Die hochgelobte Eigenverantwortung bleibt mit einer Deklaration der Produkte erhalten, da jeder selbst entscheiden kann, ob er die Produkte kaufen möchte oder nicht», sagte Baumann.
Aus Sicht der Minderheit hätte eine Deklaration von eingeflogenen Lebensmitteln die Schweizer Bauern gestärkt. «Es ist auch eine Unterstützung für die Schweizer Landwirtschaft, da sie sich mit ihren Produkten hervorheben kann», führte Baumann aus. Grosse Detailhändler würden bereits auf freiwillige Basis auf solche Lebensmittel verzichten. So verzichtet Aldi Schweiz auf den Verkauf auf den Flugtransport von Lebensmitteln. «Der Mehraufwand für den Handel hält sich also daher in engen Grenzen», sagte Baumann. Ein Verbot sei auch ein Zeichen der Nachhaltigkeit. «Zwar gelangt nur ein sehr kleiner Teil der Lebensmittel per Flugzeug in die Schweiz, der ökologische Fussabdruck dieser Produkte ist aber überproportional gross», hielt Baumann fest.
«Ökologischer Mehrwert infrage gestellt»
In der Wissenschafts-, Bildungs- und Kulturkommission (WBK-N) überwog nach der Analyse der Stellungnahmen die Skepsis. Die Schweizer Bestimmung wäre nur auf Lebensmittel anwendbar, die direkt auf dem Luftweg in die Schweiz importiert würden, sagte Sprecherin Regine Sauter (FDP/ZH). Lebensmittel, die auf dem Land- oder Wasserweg befördert werden, wären nicht betroffen. «Ein Lebensmittel, das per Flugzeug in die EU importiert und dann auf der Strasse in die Schweiz transportiert wird, würde nicht unter diese Deklarationspflicht fallen», sagte Sauter.
Ferner wies die Kommission darauf hin, dass die Herkunftsangabe auf der Verpackung bereits Hinweise – By-Air-Aufkleber – auf die Transportart gebe. «Konsumentinnen und Konsumenten, die auf diese Frage sensibilisiert sind, können so sehr gut einen informierten Kaufentscheid treffen», sagte Sauter. Eine allgemeine Deklarationspflicht abzuleiten, sei nicht nötig.
«Der ökologische Mehrwert einer solchen Deklarationspflicht ist infrage gestellt. Nur weil die Transportart nun angegeben wird, wird noch kein Gramm CO2 weniger ausgestossen», sagte Sauter weiter. Die Kommission bevorzuge stattdessen eine freiwillige, selbstregulierende Deklaration durch die Branche. Das sah auch die grosse Mehrheit des Nationalrats so. Der Vorstoss ist damit vom Tisch.
Detailhandel kritisierte Bauern
Verbände und Parteien waren sich in der Vernehmlassung uneins über eine entsprechende Änderung des Lebensmittelgesetzes (LMG). Der Detailhandelsverband Swiss Retail Federation übte harsche Kritik an den Bauern. Schweizer Konsumenten hätten bereits heute die Möglichkeit, sich für schweizerische oder regionale Produkte zu entscheiden, da diese klar ausgewiesen seien. «Die von bäuerlichen Kreisen unterstützte Forderung nach einer Transportdeklarationen stünde im Widerspruch zu ihren üblichen Forderungen nach Reduktion der Administrations- und Regulierungsdichte, die wir generell stützen», liesse im Januar 2024 verlauten.
Der Verband könne die Haltung der Bäuerinnen und Bauern nur so verstehen, als dass man ausländische Produkte künstlich weiter verteuern und damit den inländischen Lebensmittelmarkt weiter abschotten wolle. Dies gehe aber letztlich auf Kosten einer preissensitiven Kundschaft.