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«Macht der Bauern»: Woher sie kommt

Die politische Bedeutung der Landwirte und Landwirtinnen in der Schweiz ist im internationalen Vergleich aussergewöhnlich hoch – obwohl die Landwirtschaft nur 2,3 Prozent aller Beschäftigten stellt und lediglich 0,6 Prozent zur Wirtschaftsleistung beiträgt. Was sind die Gründe dafür? Zwei Schweizer Zeitungen haben sich damit beschäftigt.

Landwirte und Landwirtinnen sind in der Politik im Verhältnis zu ihrer Zahl in der Gesellschaft statistisch überrepräsentiert. So gehören 9,3 Prozent der Nationalratsmitglieder der Landwirtschafts- und Forstwirtschaftsbranche an. Gegenwärtig sind das 20 Personen. Ihr Anteil an der Erwerbsbevölkerung beträgt jedoch nur etwa 2 Prozent.

Eine einzige Bäuerin im italienischen Parlament

Diese Zahlen präsentieren kürzlich sowohl die «NZZ» als auch die Tamedia-Zeitungen. Anlass dazu gibt ihnen die anstehende Bundesratswahl. Sie befürchten, dass mit der Wahl von Markus Ritter in den Bundesrat die Zahl der Regierungsmitglieder mit bäuerlichem Hintergrund bald fünf von sieben erreicht.

Laut den beiden Zeitungen ist der bäuerliche Einfluss im Ausland weit weniger ausgeprägt: In Deutschland machen Landwirte nur 1 Prozent der Abgeordneten aus, in Frankreich sind es 2 Prozent. In der italienischen Camera dei deputati gibt es sogar nur eine einzige Bäuerin – ein Anteil von 0,3 Prozent. Die Gründe für diese politische Stärke hierzulande sehen die Zeitungen einerseits in der überdurchschnittlich guten Organisation und Vernetzung der Bauern. Andererseits gehe es für sie wirtschaftlich um besonders viel.

Nur Norwegen vor der Schweiz

Daten des Ländervereins OECD zeigen, dass in der Schweiz in den vergangenen Jahren jeweils 40 bis 50 Prozent der Gesamteinnahmen der Landwirtschaftsbetriebe auf staatliche Massnahmen zurückzuführen waren. Rund die Hälfte davon stammt aus Direktzahlungen, die andere Hälfte indirekt aus dem Grenzschutz.

Zum Vergleich: In Österreich machen staatliche Unterstützungen rund 23 Prozent der Gesamteinnahmen bäuerlicher Betriebe aus. In Frankreich dürften es laut «NZZ» 19 Prozent sein, in Italien 16 Prozent und in Deutschland 14 Prozent. Nur Norwegen liegt laut «Der Bund» mit 49,2 Prozent staatlicher Unterstützung (im Jahr 2022) im internationalen Ranking noch vor der Schweiz.

Besonders viel zu verlieren

Daraus folgert die «NZZ»: Für die Schweizer Bauern lohnt sich politisches Engagement, weil sie besonders viel zu verlieren haben. Im Gegensatz dazu falle es grösseren Interessengruppen wie Konsumenten oder Steuerzahlern oft schwerer, ihre Anliegen durchzusetzen, da für den Einzelnen die finanziellen Auswirkungen politischer Entscheidungen weniger spürbar sind.

Dass es für viele Landwirtschaftsbetriebe ohne diese Unterstützung nicht ginge, wird in den beiden Artikeln nicht ausgelassen. Sie erwähnen eine Agroscope-Studie, laut der rund 70 Prozent der Betriebe ohne staatliche Gelder nicht überlebensfähig wären. Und trotz der hohen Unterstützung kämpfen viele Bauern mit finanziellen Schwierigkeiten.

Mit der Konsequenz, dass in den letzten 40 Jahren die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe stark gesunken ist – von 80’000 auf rund 47’000. Besonders kleine Betriebe in Bergregionen stehen wirtschaftlich unter starkem Druck und haben oft geringe Einkommen.

Geringe Wertschöpfung

Ein weiteres Zeichen für die Diskrepanz zwischen der Repräsentation der Landwirtschaft in der Politik einerseits und in der Bevölkerung andererseits sehen sowohl die Tamedia-Zeitungen als auch die «NZZ» in der geringen Wertschöpfung: Die Landwirtschaft trägt nur 0,6 Prozent zum BIP bei, während sie 2,2 Prozent der Erwerbstätigen beschäftigt. Die Arbeitsproduktivität liegt mit 47’000 Franken pro Vollzeitstelle weit unter dem nationalen Durchschnitt.

Und trotz allem bleibe laut beiden Zeitungen die gesellschaftliche Unterstützung für die Landwirtschaft hoch, da sie als zentral für Versorgungssicherheit und den Erhalt der Kulturlandschaft gelte. Gemäss dem «Bund» wird das nicht nur von konservativen Kreisen geschätzt, sondern auch von umweltbewussten und linken Bewegungen. Das steigende Interesse an nachhaltiger und regionaler Produktion führe dazu, dass die Schweizer Bevölkerung weiterhin stark hinter der heimischen Landwirtschaft stehe, folgert die Zeitung.

Historische Verwurzelung

Nicht zuletzt erklärt sich die «NZZ» den hohen politischen Einfluss der Bauern auch mit der historischen Komponente. Seit der Zeit der geistigen Landesverteidigung in den 1930er Jahren werde die Landwirtschaft als zentraler Bestandteil der nationalen Identität betrachtet. Die Parole vom damaligen Bauernverbandspräsidenten Ernst Laur «Schweizer Art ist Bauernart» habe das Selbstverständnis des Landes nachhaltig geprägt.

Zusammenfassend lässt sich die gewichtige politische Bedeutung der Bauern in der Schweiz laut «NZZ» und «Der Bund» durch folgende Faktoren erklären: die starke Organisation der Bauernverbände, eine hohe staatliche Unterstützung, die politische Beteiligung begünstigt, eine tief verwurzelte historische Identität und ihre zentrale Rolle für die Versorgungssicherheit. Laut dem «Bund» weckt die Landwirtschaft auch deshalb viele Emotionen.

Kommentare (9)

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  • Pigstar | 12.03.2025
    In den Gemeinderäten, Kommissionen und Vereinen wären nicht besetzt , wenn die Landbevölkerung und spez. die Bauernschaft sich nicht engagieren würden. Es ist wie im Sport, wer früh anfängt schafft die Spitze
  • Ist ganz einfach | 12.03.2025
    Wer sich für unser Land einsetzt geht in die Politik und ist bereit als Milizler mehr zu leisten. Die Möglichkeit hat jeder.
  • Werner Locher | 12.03.2025
    Die wichtigste Frage wird leider nie gestellt: Warum treibt es so viele Bäuerinnen und Bauern in die Politik?
  • Bauernpolitiker | 11.03.2025
    Na ja, kandidieren können alle, wir Bauern sind bekannt für lösungsorientiertes Arbeiten.. und zählen die Stunden nicht.
    Und…. wir werden gewählt…
  • Victor Brunner | 11.03.2025
    Die Bauern haben mehr Freizeit als andere Berufsgruppen darum haben sie mehr Zeit für politische Ämter!
    • Daneli | 11.03.2025
      Freizeit? 7 Tage die Woche Verantwortung übernehmen? Für was? Für einen ruinösen Milchpreis, für Kontrollen, für jährliche neue Auflagen, für schlaflose Nächte wenn man nicht weiss wie die Rechnungen bezahlen, für das Aushalten von Bauern - Bashing, für unberechtigte Kritik, für das Aushalten jederzeit möglichen Wolfsangriffe? Die Aufzählung kann beliebig erweitert werden...
    • Schlichter Verfasser | 11.03.2025
      Ergo setzen Diese ihre ,,Freizeit,, konstruktiver und verantwortungsvoller ein; als die Andern mit noch mehr Freizeit !
  • Karli | 11.03.2025
    Na ja, die Bauern lassen sich ihre kantonalen und nationalen Interessenvertreter/Gewerkschafter ja auch eine Stange Geld kosten und der Bund bezahlt mit.
    • Victor Brunner | 12.03.2025
      Direktzahlungen einmal anders!
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