Hinter Mercosur verbirgt sich der Zusammenschluss der südamerikanischen Länder Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay zu einer Wirtschaftsgemeinschaft. 2018 betrugen Schweizer Warenexporte in die Mercosur-Staaten gemäss Bund mehr als 4 Milliarden Franken.
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Mit dem Abkommen werden knapp 95 Prozent der Schweizer Ausfuhren in die Mercosur-Staaten nach Ablauf der Zollabbaufristen vollständig zollbefreit, wie das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) am Mittwoch mitteilte. Das entspreche Zolleinsparungen von bis zu 180 Millionen Franken jährlich.
Nebst der Schweiz gehören Norwegen, Island und Liechtenstein der Efta an. Das Wirtschaftsbündnis Mercosur vereinte in diesen Verhandlungen Argentinien, Brasilien, Uruguay und Paraguay. Bolivien trat erst nach dem Beginn der Verhandlungen für ein Freihandelsabkommen dem Mercosur bei und war daher an den Verhandlungen nicht beteiligt.
Die Schweiz gewähre den Mercosur-Staaten für sensible Produkte im Agrarbereich – wie etwa Fleisch – insgesamt 25 bilaterale Kontingente. Gemäss dem WBF sind die meisten klein oder der Umfang der Konzessionen entspreche den momentanen Importen. «Die Kontingente sind daher für die Schweizer Landwirtschaft verkraftbar. Die Bundesverwaltung war diesbezüglich in regelmässigem Kontakt mit Vertretern der Schweizer Landwirtschaft», schreibt der Bund .
SBV: Begleitmassnahmen
Der Schweizer Bauernverband (SBV) will das Freihandelsabkommen sorgfältig analysieren. Bei Bedarf verlangt der Verband Begleitmassnahmen. In der Analyse sollen die Chancen und Risiken für die Schweizer Landwirtschaft bewertet werden, wie der Bauernverband auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA mitteilte. Entscheidend sei, welche Zugeständnisse für sensible Agrarprodukte wie Rindfleisch, Milch oder Wein gemacht und ob diese im Rahmen der Kontingente der Welthandelsorganisation gewährt worden seien.
Wenn Zugeständnisse für sensible Produkte gemacht werden, seien Begleitmassnahmen erforderlich, liess der Verband weiter verlauten. Diese seien unerlässlich, um den Verlust der Wettbewerbsfähigkeit der betroffenen Sektoren auszugleichen.
Konzessionen Agrarbereich
Im Agrarbereich gewährt die Schweiz Konzessionen für wichtige Exportprodukte der Mercosur-Staaten. Dazu gehören Zollkontingente für Produkte wie Fleisch (3000 t Rindfleisch, 1000 t Geflügelfleisch, 200 t Lammfleisch und 200 t Schweinefleisch), Speiseöle (3000 t Soja- und Erdnussöl, 1000 t Olivenöl), Weizen für die menschliche Ernährung (1500 t), bestimmte Obst- und Gemüsesorten, Honig (2000 t), Futtergetreide (Weizen 1000 t, Mais 8000 t) sowie Rotwein (50000 hl). «Die Schweiz hat dem Mercosur insgesamt 25 bilaterale Kontingente (ausserhalb der WTO Kontingente) gewährt, von denen 14 zollfrei sind», schreibt der Bund.
Für verarbeitete Landwirtschaftsprodukte gewährt die Schweiz Konzessionen im Rahmen des Preisausgleichssystems des «Schoggigesetzes». «Der Umfang der Konzessionen bleibt für die
Schweizer Landwirtschaft verkraftbar», schreibt der Bund. Für den Fall, dass die mit diesem Abkommen gewährten Konzessionen wider Erwarten zu Verwerfungen auf den Schweizer Agrarmärkten führen sollten, hat die EFTA gemäss den Bundesbehörden einen Schutzmechanismus ausgehandelt, der es erlaubt, die Konzessionen im Notfall temporär auszusetzen.
Swissmem: Referendum wäre Affront
Der Schweizer Industrieverband Swissmem begrüsst die Einigung mit den Mercosur-Staaten. Das Freihandelsabkommen für die gesamte Wirtschaft sei ein «grosser» Gewinn. Weiter hofft Swissmem auf einen raschen Genehmigungsprozess.
Die Einigung sei ein Lichtblick für die seit mehr als zwei Jahren gebeutelte Schweizer Tech-Industrie, so Swissmem in einer Mitteilung. Das Abkommen würde rund 95 Prozent der Exportprodukte in die Mercosur-Staaten von den heute geltenden Zöllen von durchschnittlich 10 bis 16 Prozent sofort oder über einen Zeitraum von vier bis 15 Jahren vollständig befreien.
Ein rascher Genehmigungsprozess solle der Schweiz ermöglichen, das Abkommen vor der EU in Kraft zu setzen. «Ein Referendum wäre ein Affront» gegenüber den Industrie-KMU, wie es im Communiqué weiter hiess.
Grüne: Mehr Agrarfreihandel, mehr Umweltzerstörung
Die Grünen befürchten durch das Freihandelsabkommen mit dem Mercosur einen Rückgang des Schutzes des Regenwaldes sowie der Rechte der lokalen Bevölkerung. Falls sich die Befürchtungen bewahrheiteten und das Abkommen keine griffigen Bestimmungen zum Schutz der Umwelt und der Menschenrechte enthalte, will die Partei das Referendum ergreifen.
Inmitten der sich weiter verschärfenden Klimakrise müsse im Mercosur-Freihandelsabkommen die Nachhaltigkeit und der Schutz der Menschenrecht im Zentrum stehen, teilten die Grünen am Mittwoch mit. Es sei zweifelhaft, dass das geschehe. «Mehr Agrarfreihandel bedeutet mehr Umweltzerstörung», liess sich die Berner Nationalrätin Christine Badertscher zitieren.
Agrarexporte und der Agrarfreihandel in den Mercosur-Staaten würden eine «rasende» Industrialisierung der Landwirtschaft auf Kosten von Umwelt, Mensch und Tier befördern. Die Futtermittel- und Fleischproduktion für den Export nach Europa und in die Schweiz würde zu Landvertreibungen von Kleinbäuerinnen und Kleinbauern sowie von indigenen Gemeinschaften führen, so die Grünen.
Wichtige Märkte
Mit gut 270 Millionen Konsumenten sind die Mercosur-Staaten wichtige Märkte für die Schweizer Exportwirtschaft. 2024 exportierte die Schweiz Güter im Wert von mehr als 4 Milliarden Franken nach Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay, 32% mehr als noch 2014.
Economiesuisse: Starkes Zeichen
Für den Wirtschaftsdachverband Economiesuisse ist das Freihandelsabkommen ein bedeutender Erfolg für die Schweizer Aussenwirtschaft. Die Schweiz stärke damit ihre wirtschaftlichen Beziehungen zu «einer dynamischen Wachstumsregion».
In einer Zeit mit zunehmendem Protektionismus setze das Abkommen ein starkes Zeichen für offene Märkte, teilte Economiesuisse am Mittwoch mit. Die umfangreichen Zollreduktionen verbesserten «die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft in der südamerikanischen Wirtschaftsgemeinschaft somit spürbar». Nicht nur im Handel sei das Wachstumspotenzial gross. Auch bei den Direktinvestitionen gebe es Spielraum.
Schweizer Exporteure könnten jährlich bis zu 180 Millionen Franken sparen. Das sei das höchste Einsparpotenzial aller Schweizer Freihandelsabkommen, vergleichbar mit jenem mit Indien. Auch für die Landwirtschaft bringe das Abkommen Vorteile: Schweizer Produkte wie Käse erhielten besseren Zugang zum Mercosur-Markt.