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Parlament will bei Landwirtschaft nicht sparen

Das Parlament will im kommenden Jahr für Direktzahlungen an Bauernbetriebe gleich viel Geld zur Verfügung stellen wie 2023. Der Nationalrat hat am Donnerstag bei der Beratung des Budgets gleich entschieden wie zuvor der Ständerat.

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Der Nationalrat fällte seinen Entscheid mit 121 zu 64 Stimmen bei einer Enthaltung. Im Vergleich zum Vorschlag des Bundesrats bedeutet der Beschluss des Parlaments eine Aufstockung der Mittel um 54,8 Millionen Franken.

«Nachvollziehbar, dass es auch die Landwirtschaft trifft»

Eine Minderheit der Finanzkommission des Nationalrats verlangte vergeblich, der Landesregierung zu folgen. Damit wäre die vom Bundesrat beschlossene Querschnittkürzung von 2 Prozent über alle Bereiche auch auf die Direktzahlungen angewandt worden. «Es ist nachvollziehbar, dass die Opfersymmetrie auch die Landwirtschaft treffen muss», sagte Claudia Friedl (SP/SG).

Etwas mildernd sei der Umstand, dass die Anzahl der Betriebe tendenziell abnehme. So stehe pro Betrieb mehr Geld zur Verfügung steht. «Zudem kann bei der Umsetzung der Sparübung darauf geachtet werden, dass die Kürzungen nicht einfach linear vollzogen, sondern in den sieben Bereichen unterschiedlich angesetzt werden. Damit kann auch eine Lenkungswirkung erzielt werden, kleinere Betriebe können geschont werden», führte sie aus.

Markus Ritter (Mitte/SG) sagte darauf hin, dass vor allem kleinere Betriebe von den Kürzungen betroffen wäre. «Wie können Sie das vor dem Hintergrund Ihres sozialen Engagements erklären?», fragte er.

Darauf antwortete Friedl: «Nicht nach Grösse soll subventioniert werden, sondern eben nach der Bedürftigkeit. Es soll also dort subventioniert werden, wo es am meisten nützt, und nicht dort, wo der Betrieb am grössten ist. Diese Umverteilung muss die Agrarpolitik machen, die können wir nicht hier in der Finanzpolitik erledigen.»

Ein Kompromissvorschlag aus den Reihen der Grünen, der eine Aufstockung um 27,4 Millionen Franken und damit eine Kürzung um 1 Prozent vorsah, fand im Rat keine Mehrheit.

«Das kann Rot-Grün kaum gut finden»

Die Bereiche Landesverteidigung und Landwirtschaft seien während Jahrzehnten zu Tode gespart geworden, sagte Lars Guggisberg (SVP/BE). . Vor lauter Überfluss sei die Basis vergessen gegangen. «Und nun, da die geopolitische Lage aus dem Ruder läuft, da die Selbstversorgung mit Lebensmitteln und Medikamenten plötzlich wieder wichtig wird und da der Bestand einer intakten Landesverteidigung plötzlich über sein oder nicht sein entscheidet, besteht enormer Handlungsbedarf», führte er aus.

«Viele in diesem Raum wollen immer mehr Menschen in unser Land lassen, und teilweise die gleichen wollen gleichzeitig unsere Landwirtschaft schwächen, die unsere eigenen Leute mit Lebensmitteln versorgen soll. Diese Rechnung geht nicht auf», kritisierte Guggisberg. Er erinnerte daran, dass im Bereich Landwirtschaft und Ernährung in den letzten dreissig Jahren die Ausgaben um 46 Prozent gewachsen sind, während dem sich die Bundesausgaben in der gleichen Zeit verzweieinhalbfacht haben. «Kürzungen bei den Direktzahlungen schlagen sich unmittelbar in den Einkommen unserer Bauernfamilien nieder. Das kann Rot-Grün kaum gut finden», hielt Guggisberg fest.

«Bergbauern am meisten betroffen»

Auf das Wachstum der Ausgaben kam auch Markus Ritter zu sprechen. Der Bundeshaushalt sei in den vergangenen 20 Jahren um satte 80 Prozent oder um 35 Milliarden Franken angewachsen. «Dies ist eine enorme Steigerung. Es gibt nur einen Ausgabenbereich des Bundes, der in dieser Zeit mit 3,6 Milliarden Franken nominal stabil geblieben ist. Dies ist die Landwirtschaft», stellte der Bauernverbandspräsident klar. Der Anteil an den Bundesausgaben sei von 7,8 Prozent auf 4,5 Prozent gesunken.

Für Ritter ist es unverständlich, dass der Bundesrate die Direktzahlungen der Landwirtschaft um 54 Millionen Franken reduzieren will. «Damit werden die Einkommen der Bauernfamilien direkt geschmälert», kritisierte er. Am meisten treffe es die Bauernfamilien im Berggebiet. Diese seien am meisten auf die Direktzahlungen angewiesen. «In diesen Zonen ist die Vegetationszeit kürzer und damit die Produktivität deutlich tiefer ist. Diesen Betrieben weitab der grossen Zentren sollten wir Sorge tragen», machte er klar,. Diese Menschen würden hart arbeiten, das in einem oftmals schwierigen Gelände. «Bei den schwächsten Bauernfamilien, die Enormes leisten, derart zu kürzen, sollte eigentlich für diese Fraktion ein No-Go sein», sagte er in Richtung Claudia Friedl.

Ritter rechnete vor, dass bei spezialisierten Betriebe im Talgebiet – beispielweise beim Obst oder Gemüse – Direktzahlungen nur 2 bis 8 Prozent zum Umsatz beitragen würden. «Aber im Berggebiet haben wir Betriebe, bei denen die Direktzahlungen 60 bis 70 Prozent des Umsatzes betragen. Wenn der Bund nun diese 2 Prozent kürzt, wie er dies bereits beschlossen hat, dann trifft er die Schwächsten im Berggebiet ins Herz», hielt er fest.

Bundesrat: Prioritäten setzen

Bundesrätin Karin Keller-Sutter räumte ein, dass die Kürzung um 2 Prozent bei der Landwirtschaft stärker einschlägt als in den anderen Bereichen. «Das ist in der Tat so. Aber wenn Sie hier Korrekturen vornehmen, möchte ich Sie bitten, Prioritäten zu setzen. Beispielsweise gilt es vor diesem Hintergrund zu überlegen, wo Aufstockungen wirklich nötig sind und wo man davon absehen könnte», führte sie aus. Aus der Sicht des Bundesrat sind Mehrausgaben bei «Beihilfen Pflanzenbau» und Qualitäts- und Absatzförderung nicht vonnöten. «Es stehen hier genügend Mittel zur Verfügung», sagte sie weiter.

Die Mehrheit folgte ihr aber nicht. Wie der Ständerat votierte auch der Nationalrat für Mehrausgaben im Bereich der Landwirtschaft. Unter anderem geht es dabei um die Förderung des Absatzes von Schweizer Wein (6,2 Millionen Franken), den Herdenschutz (4 Millionen Franken) und die Förderung der Zuckerrübenproduktion (4 Millionen Franken). Insgesamt summieren sich die Mehrausgaben exklusive Direktzahlungen gemäss Nationalrat auf 19,2 Millionen Franken, laut dem Ständerat auf 17,2 Millionen Franken.

Bei den Zuckerrüben wies Markus Ritter (Mitte/SG) darauf hin, dass Höhe bei den Einzelkulturbeiträgen eine gesetzliche Grundlage bestehe, die bis 2026 befristet sei. Es sei in der Höhe eine gebundene Ausgabe. «Die Frage ist, wie viele Flächen im kommenden Jahr effektiv mit Zuckerrüben angebaut werden. Nach Schätzungen der Branche werden auf Basis der angenommenen Anbaufläche 2024 die Mittel gemäss meiner Minderheit benötigt, um die gesetzlich vorgesehenen Einzelkulturbeiträge auszahlen zu können», sagte der Bauernverbandspräsident.

Zurückhaltender als die kleine Kammer war der Nationalrat dagegen bei der Regionalpolitik. Anders als der Ständerat will er dieses Jahr keine neue Einlage von 25 Millionen Franken in den entsprechenden Fonds.

Kommentare (2)

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  • Tanja Trauboth | 08.12.2023
    Die Schweizer Agrarpolitik beruht seit den 1990er Jahren auf Direktzahlungen (DZ). Diese sind per Definition keine Subventionen sondern direkte Einkommensübertragungen und in der Schweiz für Leistungen, wie zum Beispiel das Mähen und Beweiden von steilen Hängen im Berggebiet. Die Bedingungen für die Ausbezahlungen der DZ sind in der Schweizer Bundesverfassung und der Landwirtschaft- und Bodengesetzgebung genau definiert, wurden im demokratischen System mit Volksabstimmungen festgelegt und stehen in der langen Tradition der Schweizer Agrarpolitik zur Aufrechterhaltung der Landwirtschaft und Versorgungssicherheit bei ungünstigen Bedingungen. Diese sind vor allem im Berggebiet. Die soziale Dimension ist insofern berücksichtigt, weil gerade kleinere Betriebe im Berggebiet viel Handarbeit, teure Spezialmaschinen benötigen und wenig Zeit und Möglichkeit haben, andere Einkommensmöglichkeiten zu erzielen. Grundvoraussetzung für die Führung eines Landwirtschaftsbetriebes ist eine landw. Berufsausbildung, die Jahre dauert und aufwendig ist. Ausserdem müssen Schweizer Hofnachfolger:innen ihren Betrieb kaufen und in Stall, Tiere und Maschinen investieren. Die Verschuldung ist im Durchschnitt sehr hoch. Mit den Berichten zu Agrarpolitik 2022plus sind neue Grundlagen geschaffen worden für eine Änderung, die aber Kontinuität schaffen muss, dass nicht aus fachlicher Sicht unverständliche verteilungspolitische Vorstellungen von Parlamentariern dazu führen, dass Bauern und Bäuerinnen vor dem Nichts stehen und die Berghänge abrutschen.
  • Gesunder Menschenverstand | 07.12.2023
    Danke Markus, guter Einsatz!
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