Anfang Oktober 2022 haben die Dachverbände der Landwirtschaft und Wirtschaft, der Schweizer Bauernverband (SBV), Economiesuisse, der Schweizerische Gewerbeverband und der Schweizerische Arbeitgeberverband, eine gemeinsame Kampagne mit dem Titel «Perspektive Schweiz» lanciert.
«Perspektiven schaffen»
Martin Rufer, Direktor des Schweizer Bauernverbandes (SBV), begründete die Zusammenarbeit gegenüber «Schweizer Bauer» wie folgt: «Eine Analyse zeigte, dass wir zusammenarbeiten müssen, wenn wir auch in Zukunft vernünftige Rahmenbedingungen wollen. Wir wollen Perspektiven schaffen und die Politik anders ausrichten. Weg von der Einschränkungs- und Verbotspolitik.» Insbesondere im Nationalrat hätten es Landwirtschaftsthemen immer schwerer. «Mehrheiten drohen zu kippen. Wir müssen bei den nächsten Wahlen die landwirtschafts- und wirtschaftsfreundlichen Kreise stärken», so Rufer
Der SBV hat in der Vergangenheit Economiesuisse auch scharf kritisiert. Eine Studie des Wirtschaftsverbandes kam zum im Oktober 2018 zum Schluss, dass es «keinen fundamentalen Widerspruch zwischen teilweisen Marktöffnungen und einer erfolgreich produzierenden Schweizer Landwirtschaft gibt.» Das Direktzahlungssystem könne auch bei einem tieferen Grenzschutz die Bauern so unterstützen, dass sie für den Markt produzierten und die von der Gesellschaft geforderten Leistungen leisteten, hiess es weiter.
SBV-Direktor Martin Rufer will zusammen mit den Wirtschaftsverbänden die Politik anders ausrichten.
Economiesuisse
Differenz bei Grenzschutz
Der Bauernverband zeigte sich empört: «Die Landwirtschaft soll die Rechnung dafür bezahlen, dass andere Branchen vermeintlich bessere Exportchancen bekommen. Und das in einem Land, das bereits zu den grössten Nettoimporteuren der Welt bei Lebensmitteln gehört.» Das einseitige Verfolgen nur einzelner Interessen sei für den Schweizer Bauernverband und die einheimischen Bauernfamilien nicht akzeptabel, kritisierte der Verband kurze Zeit später in einer Mitteilung. Der Grenzschutz sei für sie eine der wichtigsten und wirkungsvollsten agrarpolitischen Massnahmen.
Einige Jahre später scheint die Differenz bereinigt. So sagte SBV-Direktor Martin Rufer im Oktober 2022 zu «Schweizer Bauer»: «Der Kurs des Bauernverbandes wird grundsätzlich von den Wirtschaftsverbänden unterstützt. Ein gutes Beispiel ist die Massentierhaltungsinitiative. Es wird anerkannt, dass man eine starke Schweizer Landwirtschaft braucht und dass man gleiche Interessen gemeinsam vertreten kann.»
Kompromissbereit bei Freihandel
Der Verband zeigt sich aber kompromissbereit. Gegenüber Radio SRF schloss SBV-Präsident und Nationalrat Markus Ritter (Mitte/SG) Zugeständnisse bei Freihandelsabkommen nicht aus. Wichtig sei, sich jeweils frühzeitig mit den Wirtschaftsverbänden abzustimmen und auf technischer Ebene zusammenzuarbeiten. «Bei Freihandelsabkommen hat man immer relativ viel Manövriermasse», sagte Ritter weiter.
Die Abmachung unter den Verbänden sei, dass solche Abkommen jeweils allen gerecht werden müssten. Ganz auf den Grenzschutz bei Agrarimporten könne man nicht verzichten. «Ohne Zölle ist Landwirtschaft zu betriebswirtschaftlichen Bedingungen in der Schweiz wegen der hohen Kosten nicht möglich», stellte er klar.
Kampagne soll mobilisieren
Nun geht die Kampagne vom Bauernverband und den Wirtschaftsverbänden in eine nächste Phase. So werden unter anderem Fahnen aufgehängt. Die Stimmbürger sollen so auf die Wahlen im Oktober 2023 sensibilisiert werden. «In der Kampagne gibt es keine Nennung einer Partei oder von Kandidierenden. Vielmehr geht es darum zu mobilisieren», schreibt der Bauernverband Ende Juni in einer Mitteilung.
Für diese landesweite Sensibilisierung ist in allen Kantonen - ergänzend zu Online-Aktivitäten - eine Präsenz der Kampagne mit Fahnen und Blachen sowie Aufklebern in allen Kantonen vorgesehen. Das Ziel der Verbände: «Es soll sich nicht wiederholen, dass diese der Wahl fernbleiben, was 2019 überdurchschnittlich der Fall war und was sich in der letzten Legislatur oft zu Ungunsten der Wirtschaft auswirkte.»
Plakate
Zwei der insgesamt sechs Plakate der Kampagne «Perspektive Schweiz» nehmen Bezug auf die Landwirtschaft. Eines weist auf die Innovationskraft hin, die entsteht, wenn Forschung und Landwirtschaft zusammenarbeiten. Das andere zeigt zwei Landwirte und eine Landwirtin vor einer Obstanlage (siehe Bild). Die Produzenten stellen sicher, dass «immer von allem genug da ist», wie es auf dem Plakat heisst.
Auf der Website perspektiveschweiz.ch heisst es zum Plakat Folgendes: «Die Schweiz und die Schweizer Wirtschaft sind global bestens vernetzt. Das ist ein Segen, ändert aber nichts an der Tatsache, dass wir in einem kleinen Land ohne nennenswerte Rohstoffe leben. Umso wichtiger ist es, dass wir uns auf eine robuste und fortschrittliche Landwirtschaft verlassen können, die mit der Produktion von nachhaltigen Lebensmitteln unsere Versorgungssicherheit gewährleistet.»
Ernährungssicherheit dank einer fortschrittlichen Landwirtschaft, heisst die Botschaft des Plakats zur Wahlkampagne.
zvg

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