Die Pflichtlagerhaltung ist ein essentieller Bestandteil der Schweizer Versorgungssicherheit. Insbesondere in Krisenzeiten sorgt sie dafür, dass wichtige Güter wie Getreide, Zucker, Kaffee, Reis, Speiseöle und Futtermittel verfügbar bleiben.
Michael Weber, Präsident der Genossenschaft Réservesuisse , die unter anderem für die systematische Lagerhaltung von Nahrungs- und Futtermittel zuständig ist und die Pflichtlagerbestände kontrolliert, betonte anlässlich der 21. ordentlichen Generalversammlung Anfang Juni in Bern, dass das Geschäftsjahr 2023 von einer Vielzahl globaler und nationaler Herausforderungen geprägt war.
«Trotz politischer und wirtschaftlicher Turbulenzen, darunter der andauernde Konflikt in der Ukraine sowie der wieder aufgeflammte Nahostkonflikt, normalisierten sich die Logistikketten und die Weltmarktpreise für Agrarrohstoffe sanken im Vergleich zu 2022», sagte Michael Weber. Er warnte jedoch, dass die Logistikketten und Beschaffungsmärkte insgesamt fragil bleiben.
Getreide und Zucker im Minus
Michael Weber hob aber auch die positive Entwicklung einiger Warengruppen hervor: «Die Warengruppen Reis, Kaffee sowie Speiseöle und -fette entwickelten sich positiv.» Hingegen verzeichneten die Warengruppen Getreide und Zucker im Jahr 2023 negative Ergebnisse.
Die Warengruppe Getreide verzeichnete 2023 negative Ergebnisse.
Doris Grossenbacher
Ein entscheidender Indikator für die finanzielle Lage eines Warenfonds ist die Zeitspanne, die ohne weitere Einnahmen überbrückt werden kann. Für jede Warengruppe existiert eine Mindestreichweite, ausgedrückt in Monaten. Beispielsweise muss der Getreidefonds eine Überbrückungszeit von 12 Monaten sicherstellen. Diese Mindestreichweite ist essentiell, um in Krisenzeiten die Versorgung sicherzustellen.
Komplexe Finanzierung
Die Finanzierung der Pflichtlagerhaltung ist jedoch komplex und von vielen Faktoren abhängig. Schwankende Weltmarktpreise und unterschiedliche nationale Produktionsmengen beeinflussen die Höhe der Garantiefondsbeiträge. Besonders in den letzten Jahren haben globale Ereignisse wie der Konflikt in der Ukraine gezeigt, wie volatil die Einnahmen der Garantiefonds sein können.
So wies Michael Weber auf die Notwendigkeit dringender Massnahmen zur langfristigen Sicherung der Finanzierung des Getreide- und Zuckerfonds hin. «Hier sind sowohl die Unternehmen gemeinsam mit der Geschäftsstelle als auch die Bundesverwaltung gefordert, ihren Beitrag zu leisten», sagte er. Im Jahr 2023 führte die Réservesuisse hierzu einen intensiven Dialog mit den involvierten Akteuren.
Einhaltung der Vorgaben gefährdet
Insbesondere der Getreidebereich steht aktuell unter Druck. Bis 2021 wuchs der Getreidefonds kontinuierlich und erreichte eine Reichweite von über 24 Monaten, was zur Senkung des Garantiefondsbeitrags von 5 auf 4 Franken pro 100 Kilogramm Getreide führte. Der Konflikt in der Ukraine 2022 verursachte jedoch einen drastischen Anstieg der Weltmarktpreise für Getreide und Futtermittel, was zu einem deutlichen Einnahmenrückgang führte. Trotz Reserven im Fonds reichen die aktuellen Einnahmen laut Réservesuisse nicht aus, um die laufenden Kosten zu decken.
Michael Weber ist Präsident der Genossenschaft Réservesuisse.
zvg
Im Jahr 2023 wurde die reglementarische Vorgabe für die Pflichtlagerfinanzierung mit 14,5 Monaten erfüllt. Prognosen von Réservesuisse für die kommenden Jahre zeigen jedoch, dass ohne entsprechende Massnahmen die Einhaltung der Vorgaben nicht gewährleistet werden kann. Eine Krise ähnlichen Ausmasses wie in den vergangenen Jahren könnte unter den aktuellen Bedingungen finanziell kaum mehr bewältigt werden.
Notwendige Massnahmen zur Stabilisierung
Um die finanzielle Stabilität des Getreidefonds zu sichern, hat die Réservesuisse Genossenschaft zwei wesentliche Massnahmen für 2025 vorgeschlagen, die vom Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung unterstützt werden: So soll ab dem 1. Januar 2025 der Garantiefondsbeitrag von 4 auf 6 Franken pro 100 Kilogramm erhöht werden. Diese Massnahme zielt darauf ab, den Fonds kontinuierlich mehr Mittel zuzuführen, um eine langfristige Stabilisierung zu gewährleisten.
Weiter soll ebenfalls ab dem 1. Januar 2025 der Basispreis von 8 auf 12 Franken pro 100 Kilogramm angehoben werden. Dadurch leisten die Pflichtlagerhalter im Getreide- und Futtermittelbereich einen einmaligen Beitrag zur Stabilisierung des Fonds. Diese Massnahmen seien notwendig, um die Finanzierung der Pflichtlagerhaltung auch in Zukunft sicherzustellen und die Versorgungssicherheit der Schweiz zu gewährleisten, so Réservesuisse.