Eine Ende Januar führte die Organisation Faire Märkte Schweiz (FMS) unter Bäuerinnen und Bauern eine Umfrage durch. In der neusten Mittelung geht die FMS auf deren Resultate ein, die gravierendes zeigen: 70 Prozent der Teilnehmenden gaben an, dass die Agrarmärkte nicht gut funktionieren und dass sie sich oft benachteiligt fühlen.
76 Prozent wollen mehr Transparenz entlang der Wertschöpfungskette und bei den Preisen. Und gar 92 Prozent der Befragten finden, dass ihre Produkte nicht fair und kostendeckend entschädigt werden - akzeptieren wollen das nur 26.7 Prozent. Dies bedeute im Klartext: 65.3 Prozent oder zwei Drittel der Landwirte und Landwirtinnen seien 2024 nicht mehr bereit, die aktuelle Situation hinzunehmen. An der Umfrage haben gemäss dem FMS auf Anfrage des «Schweizer Bauer» 75 Personen teilgenommen.
Einseitige Verhandlungsmacht
Auf die Schweiz komme, laut FMS, also wohl noch einiges mehr zu als die Proteste vom Wochenende. «Die heutigen Marktstrukturen tragen wesentlich zu den Einkommensproblemen bei, insbesondere für die Bäuerinnen und Bauern», erläutert FMS-Präsident Stefan Flückiger in der Mitteilung. Ein zentraler Grund für die schlechte Einkommenssituation in der Landwirtschaft bestehe in den erheblichen Ungleichgewichten entlang der Wertschöpfungskette.
Die zunehmende Marktmacht der Abnehmer führe zu mehr Preisdruck bei den Produzenten. «Der Anteil der Wertschöpfung der Landwirtschaft nimmt laufend ab und derjenige der nachgelagerten Stufen, insbesondere im Detailhandel, hingegen zu», so Flückiger. Wenn wie aktuell zusätzlich die Konsumentenstimmung angespannt sei, verschärfe dies die Situation. Gemäss Flückiger führt das dazu, dass Labelprogramme abgebaut. Die Folge: Den Bauern fehlt das Geld, um die getätigten Investitionen zu amortisieren.
Neuordnung der Wertschöpfungsverteilung
FMS fordert daher «absolute Preistransparenz» bei Verarbeitung und Handel und eine faire Wertschöpfungsverteilung mit einer fairen Relation zwischen Produzenten- und Ladenpreis. Die «marktmächtigen Grossverteiler» sollen die Bäuerinnen und Bauern mit einem höheren Mindestanteil an den Ladenpreisen beteiligen.
Der FMS fordert: «Da diese Entwicklungen marktgemacht sind, hat der Regulator (Staat) dafür zu sorgen und deutliche Impulse zu setzen, damit die Entwicklung mit den sinkenden Wertschöpfungsanteilen für die Produzenten und den schlechten Preisen in Zukunft in die umgekehrte Richtung läuft.» Dabei richte man sich bei FMS ganz gezielt auch an mögliche überhöhte Margen.
«Die faire Entlöhnung ist über die Neuordnung der Wertschöpfungsverteilung zu erreichen und darf keineswegs auf dem Buckel der Produzenten ausgetragen werden», hält FMS-Präsident Stefan Flückiger hierzu fest. Solidarität zur Landwirtschaft sei dringend nötig. Die Hauptforderung von FMS: Produzentinnen und Produzenten müssen fair und existenzsichernd bezahlt werden. «Das ist aktuell in der Schweiz schlicht nicht der Fall», so Flückiger.
Notrufnummer
Um Bauern und Bäuerinnen zu unterstützen, lancierte der im Mai gegründete Verein Faire Märkte Schweiz eine Melde und Beratungsstelle. Die Notrufnummer mit Webplattform ist für Bäuerinnen und Bauern gedacht, um konkrete Hilfe zu bekommen, wenn sie einen Marktmissbrauch vermuten.
-> Hier geht es zur Meldestelle.
Mehr zu der Organisation gibt es auf der Website: www.fairemaerkteschweiz.ch .
Was denkt die Gesellschaft über die Problematik?
Eine repräsentative Umfrage die von Demoscope im Auftrag des Vereins Faire Märkte Schweiz (FMS) Ende letztes Jahres durchgeführt wurde, zeigt insbesondere auch auf, dass sich die Gesellschaft der Problematik von missbräuchlichem Verhalten marktmächtiger Unternehmen sehr wohl bewusst ist. Jedoch wurden die effektiven Marktanteile von Migros und Coop, die heute bei rund 80 Prozent liegen, deutlich unterschätzt.
Die Studie bei der 1’008 Personen interviewt wurden, kann hier eingesehen werden.