Die Trinkwasserinitiative wird mit 60 Prozent deutlich abgelehnt. Die Initianten und mehrere Bauern trafen sich in Weggis LU und verfolgten die Abstimmung. Der «Schweizer Bauer» war vor Ort und stiess auf kämpferische Stimmen – trotz Niederlage.
In Weggis LU war trotz sonnigem Wetter ein düsterer Tag. Die Initiantin Franziska Herren und Anhänger der Trinkwasser-Initiative vernahmen im Hotel Rössli von der Niederlage. In diesem Artikel lesen und hören Sie Stimmen vor Ort.
16:00 Uhr: Initiantinnen und Anhänger der Trinkwasser-Initiative posieren in Weggis LU
Wieder etwas heitere Stimmung: Bevor es zum Abendessen weitergeht, gibt es noch ein Gruppenfoto der anwesenden Anhänger der Trinkwasser-Initiative und mittendrin, Initiantin Franziska Herren.
15:30: Franziska Herren, Initiantin der Trinkwasser-Initiative im «Schweizer Bauer»-Interview
«Ich bedaure das Nein zur Trinkwasser-Initiative», sagt Franziska Herren. 40 Prozent der Bevölkerung seien nicht einverstanden, dass über eine Million Menschen in der Schweiz pestizidbelastetes Wasser trinken müssen. «Die Bevölkerung hat gezeigt, dass sie eine ökologisiertere Landwirtschaft wünscht.»
«Unglaublicher Widerstand»
Auf die Frage, weshalb es denn für einen Sieg nicht gereicht habe, sagt Herren, dass die Ziele der Trinkwasser-Initiative halt eine sehr starke Gegenbewegung seien. Man wolle das System wechseln und aus der industriellen Produktion aussteigen. «Das stiess auf unglaublichen Widerstand», wie die Fitnesstrainerin erfuhr.
«Grosskonzerne sorgen nicht für höhere Preise»
Es seien die Grosskonzerne wie Syngenta, Bayer, Fenaco, Futtermittelimporteure , die von den Subventionsgeldern an die Bauern profitieren würden. «Es ist bedrückend zu sehen, dass genau diese Grosskonzerne nicht dafür sorgen, dass die Bäuerinnen und Bauern einen höheren Produzentenpreis haben.»
Auf die Frage, weshalb sie nicht mehr Bauernfamilien ins Boot holen konnte, sagt Herren: «Das ist eine gute Frage, die ich mir in den letzten Monaten sehr viel gestellt habe.» Sie frage sich, was es nebst Subventionen, Investitionshilfen, Bildung und Forschung gebraucht hätte, damit die Bäuerinnen und Bauern den Systemwechsel mitgemacht hätten. Sie habe von den Bauern nie eine konkrete Antwort auf diese Frage erhalten.
Weiter im Video-Interview sagt Herren, weshalb sie trotz einem scharfen Abstimmungskampf keinen Graben zwischen Befürwortern und Gegnern sieht und ob sie weiterhin für sauberes Trinkwasser kämpfen will.
14:00 Uhr: Bernhard Hänni stellt sich im Video-Interview den Fragen des «Schweizer Bauer»
Er habe auf ein Ja zur Trinkwasser-Initiative gehofft, trotzdem würden fast 40 Prozent der Bevölkerung sagen, dass sie keine fremden Stoffe im Wasser wollen, sagt Biogemüsebauer Bernhard Hänni, der im Jahr 2015 von Bio-Suisse den bedeutenden Förderpreis «Grand Prix Bio-Suisse 2015» für sein Anbausystem erhielt. «Dies ist ein klarer Auftrag an den Bundesrat und natürlich auch an den Bauernverband, dass sie die Versprechen einhalten.»
Hänni, der sich stark für die Trinkwasser-Initiative positionierte, sieht sich in der Pflicht, für seine Kunden und für die nächste Generation zu sprechen. Er gibt zu bedenken, dass die Bauern teils weit entfernt vom Konsumenten seien und es deshalb schwierig sei, seinen Puls zu spüren.
«Welt wäre nicht untergegangen»
Er verstehe die Existenzängste, die viele Landwirte wegen der Trinkwasser-Initiative hatten. «Es ist völlig klar, wenn sie einen Geflügelmaststall in den letzten zwei Jahren für 18’000 Hühnern gebaut haben und keine Möglichkeit haben, das Futter selber zu produzieren, dann ist es nichts anderes als die Existenzangst.» Genau deshalb hätte aber eine Übergangsfrist von acht Jahren gegolten. Wenn man in diesem Fall weiterhin Geflügelmast betreiben wolle, müsse man mit umliegenden Bauern Verträge machen, damit das Futter regional für diesen Stall erzeugt wird.
«Die Welt wäre nicht am 14. Juni untergegangen», sagt Hänni weiter. Man hätte sich entwickeln können. Wie er sich den gehässigen Abstimmungskampf erklärt und wie es weitergehen soll, sagt er im Video.
13:30 Uhr: «Bauernverband in der Pflicht»
Der gehässige Abstimmungskampf hat Spuren hinterlassen. Kann man diese Gräben noch zuschütten? Bernhard Hänni nimmt den Schweizer Bauernverband (SBV) in die Pflicht: «Wir hoffen, dass wir die Gräben zuschütten können. Gerade auch der Bauernverband steht in der Pflicht und muss seinen Beitrag leisten.
Dann gibt er zu bedenken, dass die Bauern sich bewusst sein müssen, wer die Kunden sind. Er meint mit den Kunden die städtische Bevölkerung. «Die Bauern müssen merken, wer der Kunde ist.»
12:30 Uhr: Initianten sehen Niederlage kommen
Schon kurz nach dem Mittag macht sich Ernüchterung breit, denn die erste Hochrechnung zeigt einen Nein-Anteil von 61 Prozent. Der Alltag gehe trotzdem weiter, sagt Roland Lenz. «Ich will mich vor allem bei der Bildung engagieren und damit die pestizidfreie Nahrungsmittelproduktion vorwärts bringen.» Man müsse weiter Druck auf die Politik aufbauen. «Wir wollen zeigen, auch dem Bundesrat, wie man pestizidfrei Wein produzieren kann.»
Bernard Hänni sieht seinen Betrieb als Vorzeigebeispiel: «Ich will mit meinem Betrieb ein Beispiel sein, wie man Landwirtschaft betreiben kann.» Auch er bekräftigt, dass die Bildung sehr wichtig sei.
12.00 Uhr: Die Initianten der Trinkwasser-Initiative sind in der Rigibucht versammelt
Die Initianten der Trinkwasser-Initiativen, insgesamt rund 30 Personen und allen voran Franziska Herren, haben sich in Weggis LU im Hotel Rössli versammelt. Es sind überraschend viele Bauern anwesend wie etwa Winzer Roland Lenz, Biobauer Markus Bucher vom Farngut aus Grossaffoltern BE, Biobauer Bernard Hänni aus Noflen BE oder Martin Ott, Landwirt auf dem Gut Rheinbau, dem grössten Demeter-Betrieb in der Schweiz.
Adrian Haldimann
Ablehnung zeichnete sich ab
Den 53 Prozent der Ablehnenden der Trinkwasserinitiative standen in der zweiten SRG-Erhebung von Ende Mai 44 Prozent Zustimmende gegenüber. 3 Prozent waren noch unentschieden. Gemäss der ebenfalls am Mittwoch veröffentlichten dritten Abstimmungsumfrage von 20 Minuten/Tamedia lehnen 57 Prozent der Befragten die Initiative ab, 41 Prozent wollen sie annehmen, 2 Prozent machten keine Angaben.
Screenshot SRF
Die Trinkwasser-Initiative verlangt, dass nur noch Bauern Direktzahlungen erhalten, die auf Pflanzenschutzmittel, vorbeugend oder systematisch verabreichte Antibiotika und zugekauftes Futter verzichten. Auch die landwirtschaftliche Forschung, Beratung und Ausbildung soll nur unter diesen Bedingungen Geld vom Bund erhalten.
"86% der Futtermittel sind inländisch"
Im Durchschnitt von Wiederkäuern, Schweinen und Hühnern ist das wahrscheinlich richtig, nur sagt dieser Mittelwert nichts aus. Logischerweise ist dieser Wert bei Wiederkäuern weit über 90%.
Das Problem sind aber die "Kraftfutter-Tiere" Schwein und Huhn. Dort liegt der Wert weit unter 50% und hier wollte die TWI den Hebel ansetzen.
Waren die 86% nun Lüge oder Halbwahrheit?
Und: Warum sollten bei uns nicht Lebensmittel (Fleisch, Eier) hergestellt werden dürfen (Veredelung)? Das geschieht doch auch in anderen Wirtschaftszweigen. Die veredelten Produkte (Fleisch, Eier) werden ja auf dem Schweizer Markt nachgefragt. Und die Schweizer Bauern produzieren tierschutz- und umweltkonform, was ja - gemäss deinem eigenen Kommentar - bei Produkten aus dem Ausland oft nicht zweifelsfrei gesagt ..
Die Stimmbürger haben's geschnallt.
Schlimm ist, dass die im Vorfeld eingeleiteten wirkungslosen, sehr bürokratischen Abwehrmassnahmen (Pflanzenschutzstrategie usw.) nun nur noch abgeschwächt, aber nicht mehr verhindert werden können.
Ritter wird beim Zähneziehen wiederum an vorderster Front dabei sein.
Die Panikmacher, die 0.1 Mikrgramm pro kg Wasser Chlorothalonoil (=0.1 g pro 50 m x 10 m x 2 m Schwimmbecken) für eine "Vergiftung" halten, denen ist kaum zu helfen! Denn wir sind von Schadstoffen umgeben.
Übrigens: ein Indikator ist die Messung im Rhein: 99% aller chemischen Schadstoffe waren NICHT landwirtschaftlich!
Fritz sieht den Splitter aber den Balken nicht!