Wer künftig Direktzahlungen beziehen will, muss seine Produkte ohne den Einsatz von Pflanzenschutzmittel und prophylaktischen Antibiotikaeinsatz produzieren. Dieses Ziel verfolgt die Trinkwasserinitiative. Das Ja-Komitee appelliert in seiner Kampagne an die Vernunft der Bevölkerung.
Am Montag trat das breit abgestützte Initiativkomitee auf einem Biohof im bernischen Grossaffoltern BE unter freiem Himmel vor die Medien – der Zeitpunkt am Weltwassertag war kein Zufall. Anwesend waren Biobauern, Naturwissenschaftler, ein Tierarzt und ein Vertreter des Trinkwasserverbands. Sie alle plädierten für einen umweltgerechteren Umbau der Landwirtschaft.
«Seit Jahrzehnten willentlich Fehlanreize»
Hinter dem Volksbegehren steht der Verein «Sauberes Wasser für alle». Im Komitee sitzen verschiedene parteiunabhängige Einzelpersonen. Präsidentin ist Franziska Herren. Sie war Co-Initiantin der 2014 im Kanton Bern abgelehnten Volksinitiative «Mühleberg vom Netz».
Es sei erschreckend, dass mit Steuergeldern im Umfang von 3,5 Milliarden Franken jährlich eine Lebensmittelproduktion mitfinanziert werde, «die unsere Umwelt zerstört und unser wichtigstes Lebensmittel verschmutzt», sagte Herren. Die Landwirtschaftspolitik setze seit Jahrzehnten willentlich Fehlanreize. «Fehlanreize, die eine Lebensmittelproduktion fördern, die von Pestiziden, Importfutter und Antibiotika abhängig ist.»
Laut Herren bezahlt die Bevölkerung drei Mal für ihre Lebensmittel: mit Subventionen, für den Ladenpreis und für die Folgekosten. Statt weitere Umwelt-, Klima- und Wasserschäden zu fördern, sollten die Steuergelder künftig eine zukunftsfähige pestizidfreie Landwirtschaft ermöglichen.
Futterimporte im Visier
Laut Initiativkomitee subventioniert die Schweiz die Landwirtschaft jährlich mit rund 3,5 Milliarden Franken an Steuergeldern. Der grösste Teil der Direktzahlungen, 82 Prozent, fliesse in die besonders schädliche, mit Importfutter künstlich erhöhte Tierproduktion. Mit dem Nährwert des Importfutters könnte demnach die halbe Schweizer Bevölkerung ernährt werden.
Zudem verursache die Schweizer Landwirtschaft mit ihren Futtermittelimporten 100’000 Tonnen überschüssigen Stickstoff. Das führe zu einer flächendeckenden Überdüngung von Gewässern und Landschaft sowie zu einem rapiden Artenschwund.
«Pestizidfreie Landwirtschaft»
Statt weiterhin Umwelt-, Klima- und Wasserschäden zu fördern, sollten die Steuergelder eine zukunftsfähige pestizidfreie Landwirtschaft ermöglichen, fordert das Initiativkomitee. «Das Ziel ist eine Landwirtschaft, die dauerhaft für gesunde Nahrungsmittel und sauberes Trinkwasser sorgt, ihre Umwelt- und Klimaziele erreicht und die Gewässerschutzgesetze einhält», erklärte Initiantin Franziska Herren.
Nitratgehalte reduzieren
Biobauer Markus Bucher, der vor Jahren selber auf pflanzenschutzfreie Produktion umgestellt hat, erwähnte die Vorteile eines Umbaus der Landwirtschaft: «Wenn wir die Nutztierbestandesgrössen an die Landflächen der Umgebungen anpassen, fallen Futtermittelimporte und regionale Überschüsse an Gülle und Mist weg.»
Der Eintrag von Gülle in Gewässer ist laut ETH-Ingenieur Martin Würsten auch die häufigste Ursache für die jährlich rund 180 Fischsterben. Es seien deshalb Massnahmen in der Landwirtschaft angezeigt. «Zusätzliche Stickstoffreduktionen in Kläranlagen, wie sie der Bauernverband fordert, entfalten dort keine Wirkung.»
Auch die Nitratgehalte des Grundwassers im ganzen Mittelland sind laut Initiativkomitee deutlich erhöht. Nitrat im Trinkwasser erhöhe die Gefahr, an Darmkrebs zu erkranken.
Vorgaben der Natur umsetzen
Laut Klimaforscher Thomas Stocker leistet die Trinkwasserinitiative zudem einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz: Durch eine landwirtschaftliche Produktion, die die Ressource Trinkwasser wesentlich weniger belaste, gelangten letztendlich auch weniger Treibhausgase in die Atmosphäre.
«Es bleibt uns nichts anderes möglich, als die Vorgaben der Natur umzusetzen», sagte Martin Ott, Experte für Biolandbau. Es gehe nicht um ein absolutes Verbot von Pestiziden und Antibiotika. Es gehe nur darum, «falsch bezahlte Anreize zu stoppen».
Food Waste reduzieren
Eine der Kritik an die Trinkwasserinitiative lautet, dass einfach mehr Fleisch importiert wird, also die Produktion einfach ausgelagert wird.
«Sie gehen davon aus, dass die Konsumenten ihre Einstellung zum Fleischkonsum nicht kritisch hinterfragen. Der Konsument steht in der Verantwortung. Das ist nicht Teil der Initiative», sagt Klimaphysiker Thomas Stocker
Initiantin Franziska Herren wies auf die Lebensmittelverschwendung hin. «Viel Essen, 2,8 Millionen Tonnen, wird weggeworfen, 30 Prozent des Rindfleisches wird weggeworfen. Wenn wir den Food Waste reduzieren, müssen wir wenig oder gar nicht importieren. Es ist wichtig zu wissen, dass man mit dem Nährwert der 1,2 Millionen Tonnen Importfutter die halbe Schweiz ernähren könnte», hielt Franziska Herren fest.
Fleisch produzieren, wo Futtermittel sind
Und nun brachte sie den Transport ins Spiel. Futtermittelimporte sei viel aufwändiger als der Import von Fleisch. «Der Import von Futter braucht zehnmal mehr Schiffstransporte als der Import des Fleisches», führte Herren weiter aus.
Es sei also besser, das Fleisch dort zu produzieren, wo die Ressource vorhanden ist. «Die Schweiz hat ein grosses Problem mit Nährstoffüberschüssen, dass die Umwelt zerstört, die Gewässer verschmutzt und das Klima schädigt», hält Herren fest.
«Biolandbau kann 10 Milliarden ernähren»
Der Biolandbau sei weniger produktive als die konventionelle Landwirtschaft, hielt eine Journalistin fest. «Es geht nicht um die Erträge. Wir müssen die Lebensmittelverschwendung in den Griff kriegen. Und ich möchte anmerken: Wir haben im Biolandbau auch sehr gute Erträge», sagt Biolandwirt Markus Bucher aus dem Berner Seeland.
«Eine weltweite Studie zeigt, dass man mit Biolandbau auf der heutigen Landwirtschaftsfläche 10 Milliarden ernähren kann. Das aber unter zwei Bedingungen. Erstens ein Drittel weniger Food Waste produzieren und ein Drittel weniger Fleisch essen», sagte Biolandwirt Martin Ott vom Gut Rheinau ZH.
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Energieinput betrachten
Man müsse den Energieinput betrachten. Biolandbau dem konventionellen Landbau energetisch voraus. «Die Kalorie, die gebraucht im Vergleich zu jener, die produziert, ist im biologischen Landbau besser», hält Ott fest.
«Bio Suisse hat entschieden, dass das Milchvieh nur noch mit Schweizer Futter gefüttert werden darf. Das wird die Bestände reduzieren. Aber wir haben zu viel Tiere in der Schweiz. Das ist einfach so», sagt Martin Ott.
Neue Sorten bringen mehr Ertrag
Bio-Winzer Roland Lenz aus Uesslingen TG führte aus, dass die neuen resistenten Sorten, die im Weinbau, aber auch im Obstbau, eingesetzt werden, mit weniger Input mindestens gleichviel Ertrag erzielen.
«Ich bin überzeugt, dass mit den vielen Mitteln, die dank der Initiative frei werden, in der Forschung und Züchtung Sorten entstehen, die das momentane Defizit beim Ackerbau ausgleichen werden. Das ist noch so viel möglich. Als Produzent hoffe ich, dass künftig viel mehr in diese Richtung geforscht wird», sagte Jenz.
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«Trinkwasserinitiative muss Food Waste nicht senken»
Man kann ja von den Konsumenten nicht einfach verlangen, weniger Lebensmittel zu verschwenden, lautete eine Frage. Ist die Initiative nicht einfach ein Spiel mit dem Feuer, das schlussendlich der Umwelt mehr schadet? Was macht die Initiative, um Food Waste zu bekämpfen?
«Mit der Ernährungssicherheitsinitiative von 2017 wurde bereits beschlossen, die Lebensmittelverschwendung zu reduzieren. Wir haben zusätzlich mit 190 Ländern beschlossen, dass wir bis 2030 die Verschwendung halbieren. Food Waste ist bereits im Gesetz verankert, hier muss die Trinkwasserinitiative nicht mehr dafür sorgen, sondern die Politik muss das Gesetz umsetzen», so Herren weiter.
«Kreieren Markt»
Wenn alles Bio wird, wird dann nicht alles teurer? Herren geht nicht direkt auf die Frage ein. «Wenn man die Milliarden an Folgekosten der konventionellen Landwirtschaft auf die Produktpreise überwälzen würde, wäre die Bio-Landwirtschaft schon heute günstiger», hält sie fest.
Die Initiative mache eine Anpassung, Ökologie werde normal. «Mit der Initiative werden wir Milliarden in ökologische Produkte investieren und nicht mehr in Produkte, die die Umwelt zerstören. Wir werden einen Markt kreieren, da ist Ökologie normal. Die Produkte werden für alle erschwinglich. Mit der Trinkwasserinitiative gibt es eine Kostenwahrheit», führte Herren aus.
Über die Initiative stimmen Volk und Stände am 13. Juni ab. Bundesrat und Parlament empfehlen ein Nein. Der grösste Gegenspieler ist der Schweizer Bauernverband (SBV), der die Initiative als «radikal» bezeichnet.
Zwei Volksinitiativen
Die Pestizidverbots-Initiative fordert ein Verbot synthetischer Pflanzenschutzmittel in der landwirtschaftlichen Produktion, in der Verarbeitung landwirtschaftlicher Erzeugnisse und in der Boden- und Landschaftspflege. Verboten werden soll auch der Import von Lebensmitteln, die mit synthetischen Pflanzenschutzmittel hergestellt wurden oder die solche enthalten.
Die Trinkwasser-Initiative verlangt, dass nur noch Bauern Direktzahlungen erhalten, die auf Pflanzenschutzmittel, vorbeugend oder systematisch verabreichte Antibiotika und zugekauftes Futter verzichten. Auch die landwirtschaftliche Forschung, Beratung und Ausbildung soll nur unter diesen Bedingungen Geld vom Bund erhalten.
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Viel einschneidender ist, dass absolut kein kg Futter gekauft werden darf.
Dummheit pur.
Ich farf als Bio Bauer nicht mal 2 Schweine für mich selber mästen.
In einem trockenem Jahr muss ich von meinen 15 Kühen 6 in den Schlachthof bringen, weil ich kein Futter kaufen darf. Im nächsten Jahr fehlen mir die 6 Kühe wieder.
Kann ein Bauer für so einen Schwachsinn sein?
Übrigens finde ich die TWI für den Normalbetrieb grundsätzl. angebracht, der grosse Fehler besteht jedoch darin, dass alle anderen Verschmutzer sowie auch die Gemüse und Beeren/Obstproduzenten nicht drankommen; also ablehnen
Bei starkem Regen zieht man auch gerne mal in der ARA den Schieber, die sind nämlich total überlastet...
Hat mir sogar der vom Umweltamt bestätigt.
Dafür alle Bauern als Umweltverschmutzer hinstellen.
Charaktersache..
Mir scheint diesen Biobauern geht es mehr darum, den anderen zu zeigen, dass sie am Schluss recht gehabt haben.
Ich respektiere deren Arbeit und erwarte, dass sie für ihre Produkte einen gerechten Preis bekommen. Bio ist keine Massenware.
Die Schweizerbauern gehen kaputt, Import wird gefördert, ist das Nachhaltig?
Einmal werden wir noch hunger haben, wenn das so weiter geht mit euren nicht durchdachten Initiativen!
Liebe leute grob gesagt bedeutet dies für viele Schweizer Bauern das Ende, weil Sie es schlichtweg nicht mehr Vermögem wenn diese Initiativen angenommen werden! Das ist meine Meinung dazu.
Deshalb braucht es die TWI zusätzlich zur Regenerativen Landwirtschaft.
Die TWI verhindert all die vielen Schlupflocher der Schlaumeier. Jeder Schlaumeier muss gegen die TWI sein. Klar!
Beim Haushalt könnte locker 5% rausgeholt werden. Das das betrifft halt jeden, ist einfacher auf anderen zu hacken.
Woher nehmen Sie die Gewissheit mit der TWI könnten Krankheitskosten eingespart werden? Gibt es dazu belastbare Studien und Quellen? Parteiprogramme sind übrigens keine belastbaren Quellen.
Hoffentlich produziert irgendwer genügend Schlachtabfälle um die Nährlösung für in-vitro Fleisch herzustellen...
Die Aussage, ohne Pestizide wäre allgemein die Gesundheit besser, wurde noch nie nachgewiesen. Das ist ein Vehikel um eine Ideologie zu erzwingen.
Weiter träumen
Diese Initianten sind doch alles Lügner und verletzen klar eines der 10 Gebote. Hoffentlich bekommen sie einmal den Lohn für ihre Schandtaten.
Ich stelle auf unserem Betrieb keine Kuh die ein gesundes Euter hat mit Antibiotika trocken. Zudem Schützt der Versiegler länger als der Trockensteller. Einmal mehr eine Behauptung von jemandem der sich mal besser informieren sollte anstatt zu Behaupten!
Herr Ott glaubt 10 Mia. Menschen (ca. 2050) mit Bio zu ernähren, gut. Was sagt er dann, wenn diese Grenze erreicht ist? Ab jetzt dürfen Pestizide eingesetzt werden?
Leider haben Bauernspalter Hochkonjuktur, und beim aktuellen Zeitgeit gute Chancen.
Für den Vollzug braucht es klare Regeln. Darum: JA zur TWI
Damit ich nicht mehr von Almosen-DZ abhängig bin, habe ich das Land als Bauland verkauft!!
Schade um die verlorene Nische...
Der neue Grosse verdrängt die traditionellen Kleineren die Bio aufgebaut haben.
Wohl etwa 8.5 Mio Menschen! ;-)
40'000 Mikrogramm Atorvastatin
23'750 Mikrogramm Metoprolol
20'000 Mikrogramm Pantparazol
und in einem halben Liter Wasser eventuell 0,05 Mikrogramm Pestizide
Ich glaube die 0,05 Mikrogramm wirken im Vergleich ca. Nichts.
Mit der Trinkwasserinitiative würde faktisch der Staat entscheiden, was wir wie produzieren dürfen. Faktisch eine Teilverstaatlichung. Und diese Leute werden - wenn man ihnen den kleinen Finger gibt - auch die ganze Hand wollen. 5 x NEIN am 13. Juni zu allen freiheits- und verfassungsfeindlichen Vorlagen.
Würde der Staat nicht eingreifen, würde dort produziert, wo die Standortbedingungen ideal sind:
Getreide in niederschlagsarmen Regionen (nicht in der Zentralschweiz)
Poulet und Schweine in Getreideanbaugebieten
Palmöl statt Rapsöl
Zuckerrohr-Zucker statt ZR-Zucker
Tomaten dort wo sie nicht beheizt werden müssen
Die TWI gibt ermöglicht den standortgerechten Anbau!!
Ich beschriebe was mit den 83'750,05 Mikrogramm täglich passiert wenn sie nach ihrer "Arbeit" meinen Körper verlassen. Ich belaste täglich 837'500,5 Liter Abwasser mit einer Belastung von 0,1 Mikrogramm/Liter (Grenzwert für PSM). Die Tiere und Pflanzen im Rhein haben keine Möglichkeit auf Blutdrucksenker, Protonempumpenhemmer, ev. Sildenafil und Cholesterinsenker zu verzichten.
(Sorry, ist nicht gegen dich gerichtet, aber gegen alle, die bedenkenlos bei jedem Wehwehchen gleich was schlucken.)
Doch jetzt würde nur der Import gefördert, Importeure wird es freuen, und die Konsumenten fahren mit ihren grossen Luxuskarren über die Grenze um günstiger einzukaufen, weil Bio zu teuer ist...