Angesichts des Kriegs in der Ukraine nehmen die Parteien die Versorgungssicherheit ins Visier. Die SVP fordert unter dem Motto Wahlen 2.0 eine Art neue «Anbauschlacht». Kilian Baumann nennt die Pläne hingegen einen «Schildbürgerstreich». Was halten Sie vom Vorschlag der SVP? Abstimmen und mitdiskutieren
Seit dem 24. Februar 2022 herrscht in Europa seit den 1990er-Jahren wieder Krieg. Russland startete seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Seither sind Millionen geflüchtet, tausende Menschen haben ihr Leben verloren.
Russland und Ukraine wichtige Akteure
Die Ukraine und Russland sind wichtige Produzenten von Getreide und Ölsaaten. Sie sind gemeinsam die Hauptweizenlieferanten für Nordwestafrika, arabische Staaten und Teile Europas. Auf den fruchtbaren schwarzen Böden erzeugen sie nahezu 30% der weltweiten Weizenproduktion. Bei Mais, Raps und Sonnenblumenöl entfallen rund 20 % der globalen Produktion auf die beiden nun im Krieg befindlichen Länder.
Russland ist der weltgrösste Weizen-Exporteur. Das Land ist gemäss oec.world für 18,4 Prozent des Handels verantwortlich. Die Ukraine als Nummer vier für 7 Prozent. Über ein Viertel der weltweiten Weizenproduktion ist durch den Krieg gefährdet – sei es durch Sanktionen oder Zerstörung. Laut der Welternährungsorganisation werden in der Saison 2022/23 zwischen 20 und 30 Prozent der Felder für den Anbau von Wintergetreide, Mais und Sonnenblumen in der Ukraine nicht bestellt werden können.
Armen Ländern droht Hungersnot
Im schlimmsten Fall könnte der Krieg in der Ukraine nach Worten des deutschen Agrarökonomen Matin Qaim bis zu 100 Millionen Menschen in den Hunger treiben. Die steigenden Düngerpreise, Russland ist ein wichtiger Lieferant, werden ebenfalls für ärmere Länder zu einem grossen Problem.
«Anders als in Europa fehlen den meisten Landwirten dort die Möglichkeiten, Geld für teurer werdende Düngemittel aufzubringen, auch wenn sich das bei den hohen Getreidepreisen lohnen könnte.» In der Folge könnten die Ernteerträge um 20 bis 30 Prozent sinken, befürchtet Qaim.
SVP befürchtet Unruhen im Ausland
Das Thema Versorgungssicherheit ist in der Schweizer Politik wieder aktuell. Die SVP zeigt sich alarmiert, wie sie am Sonntag in einem Communiqué mitteilte. Seit Jahren sinke der Selbstversorgungsgrad der Schweiz als Resultat einer «ideologisch verblendeten links-grünen Politik». Dies schwäche die inländische Produktion und stärke die Auslandsabhängigkeit. Die von Friedrich Traugott Wahlen im zweiten Weltkrieg initiierte Anbauschlacht steigerte den Selbstversorgungsgrad der Schweiz von 52 auf 59 Prozent.
Die globale Versorgung mit Nahrungsmitteln sei in den nächsten Monaten und Jahren durch den Krieg in der Ukraine gefährdet. Länder in Nordafrika und im Nahen Osten würden über 50 Prozent ihres Bedarfs an Getreide aus der Ukraine und Russland beziehen. Fallen nun diese Länder als Lieferanten aus, befürchtet die SVP Unruhen in vielen Staaten wegen der Verknappung und Verteuerung der Grundnahrungsmittel.
Selbstversorgungsgrad erhöhen
Mit einem Selbstversorgungsgrad von 57 Prozent habe nur noch jede zweite Person Essen auf dem Tisch. «Deshalb muss die Schweiz auf die eigene inländische Produktion setzen, statt Nahrungsmittel im Ausland zu besorgen und mit unsinnigen Öko-Projekten die einheimische Landwirtschaft weiter zu schwächen», fordert die wählerstärkste Partei der Schweiz. Der Bundesrat solle aufzeigen, wie der Netto-Selbstversorgungsgrad von aktuell 50 Prozent auf 60 Prozent erhöht werden könne. Die Schweiz importiere immer mehr Lebensmittel, sagte Nationalrat und Biobauer Alois Huber (SVP/AG) an der Pressekonferenz am Dienstag in Bern.
Die Schweiz werden nie zu hundert Prozent vom Ausland unabhängig sein, sagt SVP-Nationalrat und Landwirt Martin Haab (59, ZH) gegenüber «SonntagsBlick». Bei einer Verknappung von Lebensmitteln sei jedes Prozent, das die Schweiz zusätzlich selber produziere, erstrebenswert. Für Haab ist deshalb klar: «Statt Schmetterlinge zu zählen, müssen wir jetzt Weizen anpflanzen. Wenn jeder Bauer ein paar zusätzliche Tonnen Getreide ernten kann, ergibt das einen Haufen Brot».
Extenso-Prämien senken
Im Verordnungspaket 2022 soll die vorgeschlagene Pflicht von zusätzlich 3,5 Prozent Biodiversitätsfläche auf der Ackerfläche verzichtet werden, schlug Haab am Dienstag vor. Ansetzen will er auch bei den Extenso-Programmen, bei denen es Beiträge von 400 Franken pro Hektare gibt. Um den Extenso-Anbau weniger attraktiv zu machen, könnten die Prämien laut Haab gesenkt werden.
Die SVP fordert vom Bundesrat den Plan Wahlen 2.0. Bis Ende März soll die Landesregierung aufzeigen, wie die Versorgungssicherheit der Bevölkerung sichergestellt werden kann. Diesem «Hauptauftrag» müsse der Bundesrat alles unterordnen.
Die Forderungen der SVP:
- den Selbstversorgungsgrad mit Nahrungsmitteln zeitnah und massiv zu erhöhen.
- eine möglichst hohe Produktion von Nahrungs- und Futtermitteln im Inland sicherstellen.
- sämtliche ideologischen links-grünen Agrar- und Öko-Projekte zu sistieren, die den Selbstversorgungsgrad und die Produktivität der Schweizer Landwirtschaft senken.
- die Pflichtlager laufend zu überprüfen und die Pflichtlagerhaltung zu erhöhen.
Baumann spricht von «Schildbürgerstreich»
Der grüne Nationalrat Kilian Baumann (BE) bezeichnete die SVP-Pläne auf Twitter als «Schildbürgerstreich». Zur Steigerung der Produktion müssten mehr Kunstdünger und Futtermittel importiert werden. Das würde die Schweiz noch tiefer in die Abhängigkeit von Russland treiben, einem der grössten Düngemittelexporteure.
Für Baumann ist es stattdessen sinnvoller, in der konventionellen Landwirtschaft vermehrt biologische Methoden anzuwenden – wie etwa den Einsatz bestimmter Pflanzen als Düngemittel. Um den Selbstversorgungsgrad zu erhöhen, schlägt er einen anderen Weg vor. ««Nebst der Verminderung von Foodwaste ist die Reduktion des Fleischkonsums der grösste Hebel», sagt er zu «SonntagsBlick».
Dies reduziere die Abhängigkeit von Futtermittel-Importen. Flächen in Inland, die derzeit Futterproduktion genutzt würden, könnten so zur Produktion von Lebensmitteln eingesetzt werden. «Das sind immerhin 43 Prozent der gesamten Ackerfläche», sagt Baumann weiter.
«Bio-Methode» im Vorteil
Auch bei Bio Suisse findet der Plan von der SVP wenig Anklang. Da der Dünger sich stark verteuerte, sei die Bio-Methode, bei der fast ausschliesslich Hofdünger wie Mist, Gülle und Kompost verwendet wird, sogar im Vorteil, sagte Bio-Suisse-Sprecher David Hermann zu den Tamedia-Zeitungen.
Er warnte vor «Kollateralschäden auf die Umwelt und die Gesundheit der Bevölkerung» bei einer Intensivierung der Landwirtschaft. «Das System Bio ist resilienter als konventionelle Produktion», sagte Hermann weiter. Wie Baumann weist er darauf hin, dass die für die Futterproduktion genutzte Fläche vermehrt zur Erzeugung von Lebensmitteln genutzt werden sollte.
Wie denken Sie über den Vorschlag der SVP? Stimmen Sie ab und diskutieren Sie mit
> die Fläche wird für den Getreide- und Gemüsebau reserviert, Viehhaltung und Rinderzucht wird in der Fläche nnicht mehr mit Direktzahlung untestützt.
> Viehhaltung und Rinderzucht wird nur noch im hügeligen Land unterstützt, die Schweinehaltung wird als Ganzes und tatsächlichen Bedarf geprüft.
> Exportunterstützung für landwirtschaftlich Produkte wird gestrichen.
> am öklogischen Umbau wird festgehalten!
Urs
wo sie selber unbedingt benötigt würden. Wer die Enwicklung nur ganz wenig vefogt hat gemerkt, dass der Verteilkampf , längst begonnen hat.
haben sie genauere angaben