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«Als Sozialvorsteherin sieht man vieles»

Bäuerin Vroni Thalmann-Bieri aus Flühli LU wurde am Sonntag in den Nationalrat gewählt. Am Morgen nach der Wahl war sie im Stall, bevor sie als Kantonsrätin an die Session in Luzern fuhr. Sie ist erfahrene Sozialvorsteherin.

 

Daniel Salzmann |

«Schweizer Bauer: Wo erfuhren Sie von Ihrer Wahl in den Nationalrat?

Vroni Thalmann-Bieri: Ich war im Regierungsgebäude in Luzern. Ab 15 Uhr war ich dort, zum ersten Mal, bei den zwei vorherigen Kandidaturen tat ich das nicht. Um 17.15 Uhr wurde bekannt, dass ich gewählt worden bin. Dann durfte ich feiern. Der Ausgang war zwar knapp, aber ich war ja vorher zweimal auch nur knapp nicht gewählt worden.

 

Was gab Ihnen die Motivation, ein drittes Mal zu kandidieren?

Die offene Ausgangslage, nachdem Yvette Estermann nicht mehr angetreten war. Nationalrat Franz Grüter war für die Wiederwahl quasi gesetzt, die acht anderen Kandidierenden mussten schauen, dass sie nach vorne kommen. Das führte zu einem engagierten und erfolgreichen Wahlkampf.

Im Vorfeld hiess es, dass es der SVP im Kanton Luzern zu einem dritten Sitz reichen könnte. Nun blieb es bei zwei. 

Das ist schade. Wir waren sehr nahe dran. Es fehlten nur 336 Listenstimmen. Sonst wäre mit Bernhard Steiner ein weiterer SVPler aus dem Entlebuch gewählt worden.

Was lief bei Ihnen am Montag und am Dienstag nach der Wahl?

Wir haben natürlich gearbeitet. Wir hatten Session im Kantonsrat. Es ging ums Budget für 2024. Ich sprach zur Ökologisierung der Strassenverkehrssteuer. Die hat zur Folge, dass für stärkere und schwerere Fahrzeuge höhere Steuern entrichten werden müssen.

Das bedeutet höhere Steuern für einen Jeep, der einen Viehanhänger zu ziehen vermag.

Genau. Wir von der SVP finden, der Kanton Luzern solle warten, bis der Bund mit einem neuen Vorschlag kommt. Wir finden, man müsste vielleicht die gefahrenen Kilometer oder den Stromverbrauch stärker berücksichtigen. Weiter wehrte sich die SVP gegen den Verwaltungsapparat, den es neu für die Berechnung brauchen würde. Wir blieben aber in der ersten Beratung erfolglos. Übrigens bezahlen Leute, die aus der Ukraine geflüchtet sind und auf unseren Strassen mit ihren Ukrainer Nummern unterwegs sind, gar keine Strassenverkehrssteuern. Als Sozialvorsteherin wird man auf solches aufmerksam …

Was sind Ihre Aufgaben als Sozialvorsteherin (Exekutivmitglied) der Gemeinde Flühli-Sörenberg?

Ich stehe dem Sozialamt vor. Zu mir kommt man bei Geldproblemen, bei Schwierigkeiten mit den Kindern, bei unklaren Erbfällen. Ich bin von der Geburt bis zum Tod mit dabei, könnte man sagen.

Gehen Sozialfälle und Verbeiständungen etc. nicht über die Kinder- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB)?

Doch. Wenn es nötig ist, werden die Fälle an die KESB weitergeleitet. Wir versuchen aber, vorher Lösungen zu finden, und recht oft gelingt das auch. Ich wirke quasi als Lebenshilfeberaterin, als Vermittlerin bei Streitereien um Alimente oder Besuchsrechte und anderem. Ich werde relativ oft beigezogen, weil ich recht offen kommuniziere, dass ich in der Gemeinde Flühli-Sörenberg dafür zur Verfügung stehe.

Ihnen wird offenbar viel Vertrauen entgegengebracht.

Ja, ich nehme das so wahr. Ich glaube, man sieht, dass ich immer am Boden geblieben bin und dass ich allen Menschen auf Augenhöhe begegne.

Sie haben ein Amt auf Gemeindeebene, auf Kantonsebene und jetzt auch noch auf Bundesebene. Werden Sie ein Amt abgeben ?

Ja, ich trete als Kantonsrätin zurück und bin am Dienstagabend im Kantonsrat verabschiedet worden. Übrigens zusammen mit dem anderen Entlebucher Pius Kaufmann, der wie ich 16 Jahre lang Kantonsrat war. Nun gehen wir beide ins Bundeshaus.

Verstehen Sie sich gut mit Pius Kaufmann, auch wenn er in der Mitte politisiert?

Ja, wir haben eine ähnliche Linie und sind aus ähnlichem Holz geschnitzt. Manchmal hilft er uns SVPlern als Einziger in der Mitte-Partei, bei der Ökologisierung der Strassenverkehrssteuer am Dienstag war es wieder so.

Die Landwirtschaft auf Ihrem Hof ging nach der Wahl auch weiter. Wofür finden Sie auf dem Hof noch Zeit neben den politischen Ämtern?

Wenn Session war, ging ich am Morgen mit meinem Mann in den Stall bis viertel vor sieben, dann ging ich nach Luzern. Er arbeitete dann weiter, um 7 Uhr muss die Milch bereit sein. Dann sind noch die Kälber zu tränken. Am Abend hilft uns in diesen Fällen ein Schwager oder einer der Söhne.

Wo geht die Milch des Betriebes hin?

In die Käserei Klusen. Dort haben wir eine Sbrinzkäserei. Ich bin dort auch Verwaltungsrätin.

Gehen Tiere auf die Alp?

Zum Betrieb gehört eine Alp, aber die ist recht weit weg und für die Bewirtschaftung mit unseren Kühen nicht geeignet. Das Land ist darum an die Nachbaralp verpachtet. Rund sechs Rinder gehen aber im Sommer dorthin auf die Alp.

Sind Sie auf den Betrieb Ihres Mannes gezogen?

Ja, ich habe in den Thalmann-Betrieb hineingeheiratet. Ich bin an derselben Strasse, aber fünf Kilometer weiter oben in einer Bergbauernfamilie aufgewachsen, in einer Familie mit zehn Kindern.

Es gibt ja eine Debatte um die Vorsorge für die Frau, wenn der Betrieb dem Mann gehört …

Bei uns stellt sich das Problem weniger, weil ich schon früher als gelernte Bankkauffrau in Flühli auf der Raiffeisenbank arbeiten ging. Das Traurige ist ja, dass man in dieser Situation noch recht rasch mehr verdient als der Bauer, der auf dem Hof arbeitet. Ich habe ein grosses Problem damit, dass die Arbeit in der Landwirtschaft nicht besser abgegolten wird. Ich habe immer gesagt, dass wir als Familie nur durchkommen mit der Landwirtschaft, wenn wir sparsam leben. Um Investitionen zu tätigen, ist aber auf einem Betrieb wie dem unsrigen eine Arbeit auswärts fast unabdingbar. Nach der Heirat und der Geburt der Kinder blieb ich zuhause, während mein Mann Lastwagen fahren ging. Als wir den Betrieb übernahmen, war er weiterhin mit dem Lastwagen unterwegs, während ich zuhause mit meinen Schwiegereltern den Betrieb führte. Unser Jüngster, – wir haben zwei Söhne und eine Tochter, – war rund sechs Jahre alt, als ich als Sozialvorsteherin in Flühli in die Politik eingestiegen bin.

Was wird Ihnen als Nationalrätin in Bern besonders wichtig sein?

Ganz vieles. Ich bin politisch breit aufgestellt. Ich habe mich als Sozialvorsteherin und im Kantonsrat mit so vielen Themen beschäftigt, mit dem Gesundheitswesen, mit dem Asylwesen, mit Wirtschaft und Steuern, mit Finanzen. Ganz wichtig ist mir die Versorgungssicherheit, und zwar bei den Lebensmitteln, den Medikamenten, der Energie und der digitalen Infrastruktur – auch wir auf dem Land wollen beispielsweise schnelles Internet haben. Sehr gerne würde ich mich im Bereich Gesundheit und Soziales einbringen.

Kommentare (1)

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  • huberbauer | 29.10.2023
    Gut dann kann Frau Thalmann ja ihr bestes geben, damit die Krankenkassenprämie nicht noch mehr steigen. Dazu hatte die SVP bisher ja gar nichts auf die Reihe bekommen. Man darf gespannt sein.

    Uebrigens. Die KK-Prämien auf die Zuwanderung abzuschieben, gilt dann nicht als Lösung.
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