An der Generalversammlung der Mooh sprach Ueli Maurer, der bis Ende 2022 im Bundesrat sass. Er verwies vor den Bauern auf das Sprichwort «Hilf Dir selbst, dann hilft Dir Gott». Ganz sicher nicht helfen werde ihnen die Politik.
In der Vianco-Arena in Brunegg AG war es seit Beginn der Generalversammlung nie so still geworden wie dann, als Ueli Maurer ans Rednerpult trat. Angekündigt hatte ihn Mooh-Präsident als «ehemaligen Bundesrat», das töne besser und sei angemessener als «Alt-Bundesrat». Wie immer brauchte Ueli Maurer keine Notizen, um das Publikum in seinen Bann zu ziehen.
Vater Maurers Fazit: «Das Gegenteil von dem machen, was die Politik sagt»
Ueli Maurer sagte, bevor er Bundesrat geworden sei, habe er ja richtige Jobs in der Nähe der Landwirtschaft gehabt, und nannte die Stichworte Landi und Fenaco (er war ja vor allem auch jahrelang Zürcher Bauernsekretär). Bekanntlich sei er als Bauernbub aufgewachsen, er erinnere sich, wie Bundesrat Schaffner im Radio gesagt habe, die Bauern sollten produzieren, nicht jammern. Doch so um 1973/1974 herum habe der Wind langsam gedreht. Sein Vater habe bei der Milchproduktion gebremst, als in den 1970er-Jahre die Experten beim Bund dies den Bauern nahegelegt hatten. Die Folge: Er bekam ein tieferes Milchkontingent zugeteilt als diejenigen, die Gas gegeben hatten. Das Fazit seines Vaters sei gewesen: «Man muss das Gegenteil von dem machen, was die Politik in Bern sagt.» Ganz Unrecht habe er damit eigentlich nicht gehabt, konstatierte Maurer.
«Je weiter weg von der Praxis, desto weniger Schläue»
Maurer betonte: Die Experten für die Landwirtschaft und die Landwirtschaftspolitik seien nicht in Bern, sondern das seien die Bauern und Bäuerinnen, die täglich im praktischen Alltag beobachten, was passiert, sie würden die Natur im Auge halten, schauen, was welche Folgen hat, was sich ändert, wenn sie das änderten. Das habe mit Nähe zur Praxis zu tun, so entstünde auch die Bauernschläue, die man den Bauern gemeinhin nachsage. Zumal es da teilweise auch um Wissen gehe, das von Generation zu Generation weitergegeben werde. Es gelte die Faustregel: Die Bauernschläue nimmt ab, je weiter weg von der Praxis.
Maurer plauderte aus dem Nähkästchen: In Bern habe ihn einmal eine Frau agrarpolitisch beraten wollen. Eine Juristin. Als ihn die Vorschläge nicht so richtig überzeugt hätten, habe er einmal gefragt, ob sie einen eigenen Bezug sie zur Landwirtschaft habe. Sie habe gesagt: «Ja, ich war in der Jugend zwei Wochen im Landdienst.» Viel Gelächter im Saal.
«Nachhaltigkeit ist nicht nur Umwelt»
Die Bauern könnten sich ja fühlen wie zwischen Hammer (Politik) und Amboss (Markt). Er bevorzuge aber ein anderes Bild: Die Bauern seien das Fleisch im Sandwich. In den letzten 20 Jahren sei die Landwirtschaft immer mehr unter Druck geraten unter dem Argument «Nachhaltigkeit», die verstanden werde als zusätzliche Auflagen im Bereich Umwelt, was zusätzliche Kosten auslöse und die Produktionsbedingungen erschwere. «Daran wird sich wohl nicht viel ändern», so Maurer. Und doch sei er überzeugt, dass es möglich sei, in Bern noch besser Einfluss zu nehmen. Es gelte, das Praxiswissen der Bauern in Bern einzubringen.
Maurer sagte, aus seiner Sicht müsse die Nachhaltigkeit um ein weiteres Element ergänzt werden. Und zwar die Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln. Man habe ja in den letzten Jahren auf eindrückliche Art und Weise gesehen, wie wichtig diese sei. Leider klinge dieses Bewusstsein schon wieder ein bisschen ab, sagte Maurer, und doch sei es wohl grösser geworden, liess er durchblicken. Man müsse aber auf jeden Fall darauf vorbereitet sein, die Lebensmittelversorgung sicherzustellen, damit die Gesellschaft überleben kann.
«Bauern müssen ihr Angebot bündeln»
Auf der Marktseite sei es zentral – und da sprach auch der ehemalige Landi- und Fenaco-Mann aus ihm –, dass die Bauern sich zusammenschlössen und ihre Kräfte und ihr Angebot bündelten. Nur so könne den Grossabnehmern Paroli geboten und letztlich auch bessere Preise ausgehandelt werden. Das mache die Mooh in vorbildlicher Weise. Er gratulierte der Mooh zum Erreichten. Sie sei flott unterwegs, was er am Anlass gesehen habe, mache ihm grosse Freude.
Es sei ja gut und richtig, wenn Bauern einen Hofladen eröffneten, so Maurer. Aber aus der Stadt Zürich heraus könne niemand mit dem Velo aufs Land in einen Hofladen fahren. Also gehe man rasch zum Grossverteiler. Darum bleibe dieses Marktsegment für die Landwirtschaft auch in Zukunft sehr wichtig.
«Hilf Dir selbst, dann hilft Dir Gott!»
Zum Schluss gab Maurer den gut 160 Genossenschaftsmitgliedern der Mooh auf den Weg: «Hilf Dir selbst, dann hilft Dir Gott.» Gott müsse man ja nicht unbedingt auf die Kirche beziehen, sondern darauf, dass wer etwas anpacke und aktiv werde und Projekte lanciere, dann auch Unterstützung finde von anderen Leuten, von Partnern und so weiterkomme. Denn eines sei klar: Ganz sicher nicht helfen werde den Bauern die Politik.
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Also: wo ist noch Potenzial für pflanzliche oder tierische Produktion?