Der Verein Faire Märkte Schweiz (FMS) unterstützt Marktakteure gegen unfaire Handelspraktiken.
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Der Verein Faire Märkte Schweiz (FMS) hat bei 144 landwirtschaftlichen Betrieben eine Umfrage durchgeführt. Die Auswertung dieser sogenannten «Fairness-Self-Checks» zeigt: Mehr als die Hälfte der Betriebe bezeichnen sich als abhängig von einem oder wenigen Abnehmern. In der Romandie sind es gar 70 Prozent.
«Fast zwei Drittel erleben, dass Liefervereinbarungen nicht auf Augenhöhe abgeschlossen werden. Preise, Mengen und Qualitätsanforderungen werden von den Abnehmern einseitig vorgegeben», schreibt FMS in seiner Analyse.
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Marktmacht wird missbraucht
Der Verein wurde 2021 gegründet, um auf Missstände im Agrarhandel aufmerksam zu machen und faire Bedingungen für Produzentinnen und Produzenten zu fördern. Die Ergebnisse der Umfrage seien aus wettbewerbsrechtlicher Sicht höchst problematisch. Sie bestätigten die Bedenken, dass die Marktmacht einiger weniger Abnehmer in verschiedenen Fällen missbraucht werde.
Zwei Drittel der Betriebe geben an, für zentrale Produktgruppen keine kostendeckenden Preise zu erzielen. Rund die Hälfte der Befragten gab ausserdem an, die Preise müssten mindestens zehn Prozent steigen, um wirtschaftlich überleben zu können. Gleichzeitig fühlen sich rund 70 Prozent mit Produktionsrisiken wie Wetter, Krankheiten oder Ernteausfällen allein gelassen. Diese Risiken würden kaum oder gar nicht im Produktpreis berücksichtigt.
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Kein Zugang zu relevanten Marktdaten
Zudem verfügen laut der Umfrage 45 Prozent der Betriebe nicht über alle relevanten Marktdaten wie Nachfrageprognosen oder Preiserwartungen. «Das führt dazu, dass Produzentinnen und Produzenten gegeneinander ausgespielt werden können», resümiert FMS. Über 60 Prozent der Befragten wissen ausserdem nicht, welchen Anteil sie am Konsumentenfranken tatsächlich erhalten. In der Romandie sind es sogar 80 Prozent.
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Auch auf den Märkten für Produktionsmittel wie Dünger, Futtermittel und Pflanzenschutzmittel prangern viele Betriebe mangelnde Transparenz, geringen Wettbewerb, überhöhte Preise und Marktverzerrungen an. «Als kleine Abnehmer sind sie den wenigen internationalen Konzernen und marktmächtigen Anbietern zunehmend ausgeliefert», erklärt FMS.
Unterstützung fehlt
Nur ein gutes Drittel der Betriebe kennt und nutzt unabhängige Beschwerdestellen bei Missbrauch von Marktmacht. Ein grosser Teil der Befragten sieht keinen Zugang zu Unterstützung oder zweifelt an deren Wirksamkeit.
Die Auswertung macht laut FMS deutlich: «Es braucht dringend glaubwürdige Anlaufstellen, bei denen Produzentinnen und Produzenten unfaire Handelspraktiken anonym melden und sich kompetent beraten lassen können.» Ein Beispiel sei die eigene Meldestelle des Vereins. Dort können Betriebe mittels einer kostenlosen Vorprüfung ein Begehren für eine kostenlose wettbewerbsrechtliche Vorabklärung stellen und Missbräuche melden.
Forderung an Politik und Behörden
FMS fordert von der Politik und den zuständigen Behörden, dass in der anstehenden Revision der Agrarpolitik die Ursachen der ungenügenden Wertschöpfung und der zunehmenden Konzentration von Marktmacht mit wirksamen Massnahmen angegangen werden.
Und weiter schreibt der Verein: «In einigen Bereichen läuft die Entwicklung sogar in die falsche Richtung. So ist es der Lobby marktmächtiger Unternehmen etwa in der Sommersession im Nationalrat gelungen, den Artikel zur relativen Marktmacht im Kartellgesetz zu verwässern. Damit wird das wettbewerbsrechtliche Vorgehen gegen Missbrauch und für faire Marktbedingungen massiv erschwert.»
Details zur Umfrage
Der Fairness-Self-Check wurde von der Transparenz- und Fairnessorganisation Faire Märkte Schweiz (FMS) in Zusammenarbeit mit Wettbewerbsexperten entwickelt mit dem Ziel, dass Bäuerinnen und Bauern ihre Situation bezüglich Fairness in ihren Beschaffungs- und Absatzmärkten beurteilen können. An der vorliegenden Studie haben 144 Bauernbetriebe mitgewirkt. Die Mehrheit (71 %) gibt an, Tierhaltung (Mast oder Zucht) als einen der Hauptbetriebszweige zu betreiben, 63 % betreiben Milchwirtschaft und 54 % Futterbau. FMS
-> Hier geht es zum vollständigen Bericht, sowie den Grafiken dazu.
Effiziente Produktion ist sicher zentral. Aber wenn sie nur der Margenverbesserung des Handels dient, sind gewisse Fragezeichen definitiv angebracht.