Ab 2026 müssen Produzenten von Gemüse, Früchten und Beeren landesweit einen Teil ihres Umsatzes an den Grosshändler zurückzahlen.
Renate Hodel
Der Grossverteiler Coop hat stillschweigend ein neues Rückvergütungssystem eingeführt, das bei vielen Bauern für Empörung sorgt. Statt stabiler Preise erwartet sie künftig eine Umsatzbeteiligung – zugunsten von Coop. Nun regt sich Widerstand. Der Verein Faire Märkte Schweiz hat Anzeige bei der Wettbewerbskommission eingereicht, wie es in einer Mitteilung heisst.
Ab Januar 2026 soll schweizweit ein Rückvergütungsmodell gelten, bei dem Produzenten von Gemüse, Früchten und Beeren bis zu drei Prozent ihres Umsatzes als sogenannten «Bonus» an Coop zurückzahlen müssen.
Künftig müssten die Produzenten einen Teil ihres Verkaufsumsatzes an Coop zurückzahlen. In der Region Bern betrage diese Abgabe seit Mai ein Prozent. Schweizweit werde per Januar 2026 eine Abgabe von drei Prozent eingeführt. Insgesamt würden den Landwirten so langfristig rund acht Millionen Franken entgehen, sagte Stefan Flückiger, Präsident von Faire Märkte Schweiz gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Die betroffenen Landwirte sprechen von einem einseitig diktierten System. In einer sogenannten «Konditionenvereinbarung», die Anfang April eingeführt wurde, hat Coop die Spielregeln neu festgelegt – ohne echte Verhandlungsmöglichkeiten für die Bauern. Einige Produzenten sahen sich gezwungen, die Vereinbarung zu unterzeichnen, um ihre Lieferbeziehungen nicht zu gefährden. Andere weigern sich – und schlagen Alarm.
«So nicht, Coop!»
Die Empörung unter den Bauern sei gross, teilt der Verein Faire Märkte Schweiz mit. Viele beklagen sich darüber, dass sie ohnehin schon kaum kostendeckend wirtschaften können. Die neue Regelung kommt für viele einem weiteren Schlag ins Gesicht gleich. Der Vorwurf: Coop versuche, über Umwege die Produzentenpreise zu senken – und damit seine eigene Marge zu steigern.
«Jetzt reicht’s», ist die klare Botschaft vieler Betroffener. Mehrere Produzenten haben sich beim Verein Faire Märkte Schweiz gemeldet und Missstände gemeldet. Der Verein sieht in Coops Vorgehen einen klaren Missbrauch von Marktmacht. «Es geht um Millionenbeträge», schreibt der Verein.
Rechtliche Schritte eingeleitet
Zwischen zehn und 20 Landwirte hätten sich bei der Meldestelle des Vereins gemeldet. Faire Märkte Schweiz hat deshalb eine Anzeige bei der Wettbewerbskommission (Weko) eingereicht. Ziel ist es, das neue Rückvergütungssystem rechtlich prüfen zu lassen. Der Verein ruft die betroffenen Produzenten dazu auf, die neue Konditionenvereinbarung nicht zu unterzeichnen und auf die Entscheidung der Weko zu warten.
Der Fall wirft grundsätzliche Fragen zur Machtverteilung im Schweizer Detailhandel auf – und bringt ein altes Problem wieder in den Fokus: die schwache Verhandlungsposition vieler landwirtschaftlicher Betriebe gegenüber den Grossverteilern. Ob die Weko einschreitet, bleibt abzuwarten. Für viele Bauern steht jedoch schon jetzt fest: Diese Entwicklung darf so nicht weitergehen.
Coop sieht Kostenvorteile bei Produzenten
Mit den Vorwürfen konfrontiert, stellte ein Coop-Sprecher fest, dass mit der zeitlich früheren Bestellung ein deutlicher Mehrwert geboten werde. Die Produzenten erhielten die definitiven Bestellungen früher, verfügten somit über mehr Planungssicherheit und gewännen an Effizienz, die auch für die Lieferanten mit Kostenvorteilen verbunden seien.
Weiter schrieb Coop, dass der Detailhändler in direktem Kontakt mit den Produzenten stehe und konstruktive Gespräche führe. Zudem habe Coop in den letzten Jahren auf eigene Kosten stark in die Preise von Früchten und Gemüse investiert.
Da gab's doch vor über 20 Jahren mal was wie 'Bauernblockaden bei Migros'! ;-)
Scheinbar schwappt jetzt die neue Vorstellung von 'Anstand' und 'fairem' Geschäftsgebaren über den grossen Teich zu uns herüber...