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Für Bauern: Meldestelle gegen Preisdrückerei

Kleine und mittlere Unternehmen in Landwirtschaft und Gewerbe sind gegenüber den Grossverteilern oft in einer schwachen Position. Mit «Faire Märkte Schweiz» gibt es nun eine kostenlose Anlaufstelle bei Unfairness. Sie ist bereit, gegenüber Coop und Migros die Wettbewerbskommission einzuschalten. 

sal |

Bauern und Bäuerinnen werden für ihre Produkte nicht fair entschädigt. Die bezahlten Produzentenpreise und die geringen Wertschöpfungsanteile am Konsumentenfranken ermöglichen kein existenzsicherndes, nachhaltiges Wirtschaften. Mit diesen beiden Sätzen tritt der im Mai gegründete Verein «Faire Märkte Schweiz» (FMS) an die Öffentlichkeit.

Hinter ihm stehen der ETH-Agronom Stefan Flückiger und ein Netzwerk von Experten in den Bereichen Lebensmittelmärkte und Kartellrecht. Landwirt Werner Locher, Sekretär der bäuerlichen Interessengemeinschaft für fairen Milchmarkt (BIG-M), ist als Landwirtschaftsvertreter im Vorstand.

Vorstand und Beirat

Im Vorstand von Faire Märkte Schweiz sind: Dr. Stefan Flückiger, geschäftsführender Präsident; Prof. Dr. Matthias Binswanger, Vizepräsident und Leiter des Expertenbeirats; Werner Locher, Landwirt in Bonstetten ZH, Vertreter der Landwirtschaft; Dr. iur. Hanspeter Kehrli, Rechtsanwalt und Rechtsberater. Im Expertenbeirat sind: Prof. Dr. Mathias Binswanger: Ökonom, Professor für Volkswirtschaftslehre (Leiter); Jürg Birri, Steuer- und Stiftungsexperte, Vertreter Stiftung ProCare; Dr. Rolf Iten, Ökonom, Forschungs- und Beratungsunternehmer; Dr. Pius Odermatt, Agrarökonom, Erfahrung Foodindustrie, Detailhandel; Prof. em. Dr. iur. Paul Richli, Wirtschaftsrecht, öffentliches und Agrarrecht; Dr. Thomas Wallimann, Theologe, Wirtschaftsethiker.

Krisenberatungsstelle bei Unfairness

Der Verein FMS betreibt eine Geschäftsstelle, die beim Kampagnenforum in Zürich angesiedelt ist. Diese steht Bäuerinnen und Bauern und Firmen im Lebensmittelsektor als Krisenberatungsstelle zur Verfügung und unterstützt die Betriebe beim Kampf um eine faire Entschädigung für ihre Produkte.

Kontaktiert werden sie kann via Telefon oder Web. Der Fokus auf die Agrar- und Lebensmittelmärkte hat nicht nur mit den beruflichen Erfahrungen von  Flückiger  zu tun, sondern auch mit dem Handlungsbedarf, welchen der Bundesrat, der Preisüberwacher und Experten wie Professor Mathias Binswanger erkennen.

Angemessenes Einkommen ermöglichen

Der Verein will eine Preisbildung erreichen, in der sowohl überhöhte Konsumentenpreise vermieden als auch Produzentenpreise bezahlt werden, die – zusammen mit den staatlichen Beihilfen – ein existenzsicherndes und nachhaltiges Wirtschaften mit einem angemessenen Einkommen ermöglichen. «Kurz: Den Produzenten ist die generierte Wertschöpfung aufwandgerecht und fair zu entschädigen», so  Flückiger .

Er betont, dass es bei Fairness nicht nur um faire Lieferbeziehungen, sondern auch um eine faire Verteilung der Wertschöpfung innerhalb der ganzen Wertschöpfungskette gehe. «Da es bisher noch keine NGO gibt, die sich gezielt den Fairness-, Marktmacht- und damit zusammenhängenden Entschädigungsfragen widmet, mussten wir dieses Feld besetzen. Es braucht in den Wertschöpfungsketten eine neue Denkweise.»

Wettbewerbsrechtliche Vorprüfung 

Der Verein FMS will Transparenz schaffen, wettbewerbsrechtliche Vorprüfungen vornehmen, zusammen mit Hochschulen neue Erkenntnisse gewinnen und den Dialog und die Bildung zu Fairness und Nachhaltigkeit fördern. Die Debatte um hohe oder überhöhte Margen bei den Labels (Bio, IP-Suisse u.a.) hat in den letzten Jahren Fahrt aufgenommen.

Die Migros intervenierte laut Medienberichten mit Rechtsanwälten beim Preisüberwacher. Eine Studie ergab, dass bei IP-Suisse die Prämien die Mehrkosten für die Schweine- und Rinderhaltung nicht decken. Die Migros geht präventiv in die Verteidigung: Der stellvertretende Chef sagte auf dem Foto mit dem Bio-Suisse-Geschäftsführer letzte Woche im Migros-Magazin: «Bio ist teurer, aber reich wird damit niemand.»

Meldestelle

Bauern können der FMS-Geschäftsstelle einen Missbrauch zur Kenntnis und Bearbeitung melden. FMS nimmt gestützt auf den Angaben eine kartellrechtliche Beurteilung sowie eine anonymisierte Auswertung zu statistischen Zwecken vor.

-> Hier gehts zur Meldestelle

Studien und Informationen zur Marktmacht gibt es hier

Verein plant Gang an die Weko 

In den Unterlagen von FMS wird auf einen Gastbeitrag der Professoren Paul Richli und Mathias Binswanger in der NZZ vom 6. April 2022 verwiesen.  Die zwei haben geschrieben: «Gibt es ein Marktversagen im Bereich Bio- und Labelfleisch? Gemäss Kartellrecht könnten Wettbewerbsbehörden dank dem neuen Konzept der relativen Marktmacht die Margen grosser Detailhandelsunternehmungen prüfen.»  Und dann steht der Satz, der durchaus als Drohung aufgefasst werden kann: «Sollte die Wettbewerbskommission (Weko) nicht

selbst tätig werden, wird FMS ein Begehren für eine Vorabklärung stellen und Anzeige erstatten.»

Wie das Schweizer Fernsehen (SRF) am Dienstagabend berichtete , plante Stefan Flückiger als leitender Mitarbeiter beim Schweizer Tierschutz bereits den Gang an die Weko, weil die grossen Detailhändler bei Labelprodukten eine deutlich höhere Marge einkassieren. Flückiger wurde aber von der STS-Führung zurückgepfiffen, Mitte Juni verliess er STS. Offenbar hatten Coop und Migros Druck auf den STS ausgeübt. Die Grossverteiler geben dem STS-Kontrolldienst umfangreiche Aufträge. 

Schweizer Bauernverband wollte nicht an Weko gelangen

Auch der Schweizer Bauernverband habe beim Gang an die Weko nicht mitmachen wollen, sagt Flückiger. Der SBV sagt seit längerem, er konzentriere sich auf korrekte Produzentenpreise. Was danach preislich passiere, sei nicht in seinem Fokus. Flückiger sagte dazu: «Die Bauern sind abhängig vom Handel.» Nun hofft Flückiger auf Beispiele, die ihm aus der Landwirtschaft zugetragen werden und auf deren Basis er den Hosenlupf mit den beiden Grossen wagen kann. 

Geld von Stiftung 

Die vierjährige Startphase des Vereins FMS wird laut Auskunft von Stefan Flückiger massgeblich durch die Stiftung ProCare finanziert. Diese will Verbesserungen im Gebiete des Tierschutzes und der Umwelt bewirken. FMS hat ja die Hypothese, dass die Märkte nicht gut funktionieren zulasten von Mensch (Produzent, Konsument), Tier und Umwelt. Weitere Mittel stammen aus privater Kasse und von Spenden. sal

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