«Dieses Thema ist bisher noch nicht wirklich auf der Agenda. Wir müssen es aber angehen», sagte Urs Neu der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Er ist Leiter der Energiekommission der Akademien der Wissenschaften Schweiz (SCNAT), die den am Donnerstag veröffentlichten Bericht verfasst hat.
Das Risiko für Versorgungsengpässe mit sogenannten kritischen Rohstoffen, zu denen etwa Lithium, Kobalt, Nickel und seltenen Erden gehören, sei dabei vor allem geopolitischer Natur. «Eigentlich gibt es von den Rohstoffen genug», erklärte Urs Neu. Auch in Europa, zum Beispiel in Norwegen, gibt es entsprechende Lagerstätten.
Nur in wenigen Ländern abgebaut
Abgebaut würden diese aber nur in wenigen Ländern. In Industrieländern sei das Betreiben oder Eröffnen von Minen mit den oft gravierenden Auswirkungen auf die Umwelt wenig akzeptiert. Bei vielen Rohstoffen, wie etwa bei seltenen Erden, habe China praktisch ein Monopol. Allfällige Handels- und Wirtschaftssanktionen, wie es sie nach der russischen Invasion in der Ukraine gegeben hat, könnten so die Versorgung unterbrechen, sagte Neu.
Die Schweiz importiere zwar wenig von den Rohstoffen selbst, dafür aber fertige Bauteile, in denen solche vorkommen. Damit sei die Schweiz für den Bau von Stromanlagen mit erneuerbarer Energien stark von Importen abhängig, hielten die Forschenden im Bericht fest.
Versorgungsrisiken anders als bisher
Die Versorgungsrisiken für künftige erneuerbare Energiesysteme unterscheiden sich dem Bericht zufolge allerdings von denen der derzeitigen fossilen Energiesysteme.
Bei den fossilen Systemen geht es hauptsächlich um den Brennstoff, der für den Betrieb einer Anlage ständig nachgeliefert werden muss, während kritische Materialien nur für den Bau von Anlagen benötigt werden und diese auch ohne weitere Materiallieferungen betrieben werden können.
Ein Lieferstopp von Photovoltaik-Modulen für ein Jahr würde dem Bericht zufolge den Ersatz oder den Neubau von einigen wenigen Prozenten des Gesamtvolumens der Anlagen, die eine Lebensdauer von rund 25 Jahren haben, betreffen und die Stromproduktion aus vorhandenen Beständen nicht gefährden.
Abkommen und kleinere Autos
Die im Bericht vorgeschlagenen Handlungsoptionen zur Senkung der Risiken reichen von technischen Innovationen über den Ausbau des Recyclings bis zu internationalen Abkommen.
So plädieren die Forschenden für Abkommen und Förderprogramme entlang der Lieferkette, in Abstimmung mit der EU und anderen Partnern.
Ausserdem könnte das Recycling von Altprodukten die künftige Verfügbarkeit kritischer Materialien verbessern. In einer Welt mit schnell wachsender Nachfrage und in Anbetracht der Lebensdauer von Autos von zehn bis 20 und Wind und Solaranlagen von 20 bis 30 Jahren könne das Recycling aber kurz- bis mittelfristig nur geringfügig zur Versorgung beitragen.
Nicht zuletzt können die Versorgungsrisiken laut dem Bericht auch durch eine Verringerung der Nachfrage nach Materialien für Energietechnologien wie Elektroautos verringert werden. Als Beispiel nennen die Experten Beispielsweise eine Verringerung von Fahrzeuggrösse und -gewicht.
«Dieses Thema ist bisher noch nicht wirklich auf der Agenda. Wir müssen es aber angehen»
Was für eine Aussage.
Vielleicht wäre es endlich an der Zeit zu überlegen wie die Energieerzeugung vielfältig, unabhängig und mit konstant produzierenden Anlagen sicher gestellt werden kann!