Der Käserverband fordert eine Erhöhung der Verkäsungszulage um 3 Rp./kg wegen Teuerung und Wechselkurs.
zvg
Der Käserverband Fromarte appelliert an den Staat. Obwohl er sich eigentlich gerne marktnah gibt. Die Schweizer Landwirtschaft inkl. Milchwirtschaft ist aber dermassen vom Staat durchdrungen, dass Fromarte nicht anders kann. Oder doch? Eine Analyse.
An der DV des Käserverbands Fromarte war die Politik ein wichtiges Thema. Hans Aschwanden, der Präsident, sagte schon in der Begrüssung, die Fromarte wünsche sich, dass die AP weniger in der Wandelhalle, sondern mehr vom Markt her gemacht werde. Fromarte-Direktor Jacques Gygax ging in seinem Bericht auf die direkte Auszahlung der Verkäsungszulage an die Milchproduzenten, wie sie der Bund im vergangenen Winter nun schon zum dritten Mal vorgeschlagen hat. Heute geht jene bekanntlich an die Käser, welche sie an die Milchlieferanten weiterleiten.
AP 22+ hat die Ausgangslage bei der Verkäsungszulage geändert
Im Herbst, als die Fromarte im Verbund mit anderen Leuten aus der Milchbranche beim Bund vorgesprochen hat, hörten die Beamtaen nicht auf den Verband. Jetzt sind Gygax und Aschwanden gespannt, was der Bund beim Agrarpaket 2023 entscheiden wird. Gygax sagte, dass mit der AP 22+ das sogenannte Ausfallrisiko für den Bund entkräftet worden sei. So steht der Bund nicht mehr in der Pflicht, die Verkäsungszulage ein zweites Mal zu bezahlen, wenn einmal ein Käser die Zulage nicht weiterleitet, sondern in den eigenen Sack steckt, wie es Käser Karl Wick gemacht hat. Das war für den Bund das wichtigste Argument für die direkte Auszahlung. Beobachter halten es nun für wahrscheinlich, dass der Bund das Vorhaben fallen lässt.
Milchbranche geschlossen gegen direkte Auszahlung
Gygax sagte, die Branche lehne die direkte Auszahlung geschlossen ab, auch der Verband der Schweizer Milchproduzenten (SMP) und die BOM hätten negative Stellungnahmen eingereicht. Die Fromarte fordert eine Erhöhung der Verkäsungszulage um 3 Rp./kg wegen Teuerung und Wechselkurs. Zu gegebener Zeit werde in Bern eine entsprechende Motion eingereicht. Die Käsebranche erreichte im Rahmen der AP 22+ auch, dass die Verkäsungszulage im Landwirtschaftsgesetz verbindlicher geregelt wird. Es heisst nun, der Bund richte Milchzulagen aus, nicht nur, er könne solche ausrichten.
Der Staat soll die Milchbauern bei der Stange halten
Auffällig war an der DV, wie stark Fromarte die Hoffnungen auf die Politik setzt, wenn es darum geht, die Milchproduzenten bei der Stange zu halten. Eine Prämie für Mehrleistungen für den Grünen Teppich 2.0 soll es nicht geben, dafür soll die Verkäsungszulage um 3 Rp. erhöht werden, und es wurden von Jacques Gygax folgende Forderungen eingeblendet auf einer Folie: «Aufrechterhaltung oder Erhöhung des Selbstversorgungsgrades (produktive und möglichst nachhaltige inländische Landwirtschaft), Stärkung der Milchwirtschaft gegenüber den anderen Landwirtschaftssektoren (Direktzahlungen, Zulagen, Beihilfen).» Schon heute ist es so, dass die Käser ohne Direktzahlungen vermutlich fast keine Milch hätten. Die Käser sagen gerne, sie seien am Markt und die Käsebranche sei wettbewerbsfähig. Sicher ist sie wettbewerbsfähiger als andere Sektoren in der Schweizer Landwirtschaft, etwa als der Getreidebau. Aber auch die Käser sind davon abhängig, dass in der vergleichsweise reichen Schweiz mit ihrem hohen Kostenniveau der Staat die landwirtschaftliche Produktion unterstützt, sonst würden nur einige wenige Idealisten und Hobbytierhalter melken. Das vergessen die Käser manchmal.
Öffnung der «weissen Linie» (Butter, Milch) als politisches Risiko
Ebenfalls speziell war, dass im Zusammenhang mit der Verkäsungszulage, die laut Fromarte eben gerade nicht direkt an die Milchproduzenten ausbezahlt werden soll, sondern weiterhin via die Hand der Käser zu den Bauern gelangen soll, die Öffnung der weissen Linie als politisches Risiko genannt wurde. Gemeint ist damit, dass gegenüber der EU die Zölle auf Butter, Trinkmilch und Milchpulver gestrichen würden, wie es heute beim Käse bereits der Fall ist. Das könnte auf den ersten Blick die Stellung der Käsewirtschaft verbessern, die sich manchmal darüber beklagt, das die «gelbe Linie» (Käse) wegen des Freihandels mit der EU stärker zu kämpfen habe als die «weisse Linie» (Molkereiprodukte), die wegen Zollmauern vom EU-Markt abgeschottet sei. Bekanntlich ist in der Stadt Basel viel Käse aus dem Elsass zu kaufen, aber keine Milch aus dem Schwarzwald. Ein Widerspruch entsteht insofern, als Fromarte nach wie vor Mitglied bei der Interessengemeinschaft Agrarstandort Schweiz (Igas) ist und damit für den Agrarfreihandel mit der EU, also für ein Ende der schweizerischen Schutzzölle, einsteht.
Ein Erklärungsversuch, warum die Fromarte auf den Staat setzt
Das könnte wie folgt erklärt werden: Die Fromarte weiss, dass bei einem vollständigen Agrarfreihandel mit der EU sich die Milchwirtschaft vergleichsweise am besten halten würde, weil sie gegenüber der EU komparative Vorteile (Wettbewerbsvorteile) hätte: Berg- und Alpenland, grosses Know-How, etablierte Marken, Tradition von Export etc. Die Fromarte weiss aber auch, dass ein vollständiger Agrarfreihandel, bei dem nicht nur die Zölle auf Butter und Frischmilch, sondern auch auf Getreide, Kartoffeln, Gemüse, Rindfleisch, Pouletfleisch etc. fallen, derzeit politisch illusorisch ist. Also würde eine Öffnung der weissen Linie neben der gelben Linie, die bereits offen ist, die Milchwirtschaft im Vergleich zu den anderen Sektoren der Schweizer Landwirtschaft noch stärker schwächen, denn auch die Käser profitieren von dem höheren Fettpreis in der Schweiz, wenn sie Überschussmilch in die Molkereien liefern, wo sie verbuttert wird
Wertschöpfungskette muss Bauern angemessen beteiligen
Bei einer (sektoriellen) Öffnung der weissen Linie wäre zu befürchten, dass das Melken noch einmal weniger attraktiv würde und dass noch viel mehr heutige Milchbetriebe die Kuhhaltung aufgäben und stattdessen auf andere Sektoren wie die Fleischproduktion oder auf die politisch gewollte Ökologie (Buntbrachen etc.) setzen würden. Also fordert Fromarte von der Politik, dass sie mit Steuergeld die marktordnungsmässigen Nachteile der Käse- und der Milchwirtschaft ausgleicht. Gleichwohl muss sie sich fragen, ob die Millionengewinne der Emmi und die Gewinne vieler Käser in guten Jahren, die nicht selten in schöne Mehrfamilienhäuser fliessen, sich in Zukunft halten lassen, wenn gleichzeitig die Melkbereitschaft des Schweizer Landwirtschaftsnachwuchses sichergestellt werden muss. Die jüngere Generation der Bauernschaft rechnet tendenziell schärfer: Wenn Käser, Molkereien, Detailhändler den Milchproduzenten zuwenig gönnen, wird die Milch nicht mehr fliessen.
3 Responses
Es gibt Käser, die
– von den Milchlieferanten den grünen Teppich verlangen, die 3 Rp. bezahlen sie nicht…
– für IP Suisse Milch den Zuschlag nur für 20% der abgelieferten Milch bezahlen…
-bei einem BOM Preisabschlag diesen umsetzen, bei einem BOM Preisaufschlag 100 Ausreden haben, warum sie diesen Aufschlag nicht umsetzen können…
Ich habe die Konsequenzen gezogen.
Und es gibt Käser, die Millionen Liter Milch importieren…
Unglaublich schlechter Journalismus ist das. Eine Vermischung von Fakten und Meinungen des Autors.
Das sollte als Kommentar des Journalisten gekenneichnet sein, dann wäre es ok. Aber so nicht.