Die Bundesverfassung fordert die sichere Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln durch die Landwirtschaft. Durch den Absenkpfad wird den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft eingeschränkt.
Gemäss Schweizer Bauernverband (SBV) wurden seit 2005 208 Wirkstoffen die Zulassung entzogen. «Allein in der Periode zwischen 2013 und 2022 wurden 88 Wirkstoffe zurückgezogene, während gerade mal 41 Neue folgten, davon waren 12 Mikro und Makroorganismen», so der SBV Die Folge davon: sinkende Ernteerträge und die Zunahme von Food-Waste.
Totalausfall wegen fehlendem Mittel
Diese politischen Rahmenbedingungen hätten verschiedene Auswirkungen, führte der Zürcher Bauernverband aus. Er hat zur Medienkonferenz Landwirt René Ritter aus Wenslingen (BL) eingeladen. Er baut unter anderem – wie von der Politik gewünscht – vermehrt pflanzliche Proteine an. Doch die Ernte in diesem Jahr war ein Totalausfall. Er habe nur eine Schubkarre geerntet statt wie zuvor 2 bis 3 Tonnen Hektaren.
Grund dafür war ein Insekt. Der Baumwollkapselwurm hat der Kultur arg zugesetzt und zur Missernte geführt. «Geeignete Pflanzenschutzmittel sind zwar verfügbar, jedoch in der Schweiz nicht zugelassen», so der ZBV. Die Schweizer Bauer hätten in Bezug auf Pflanzenschutz nicht die gleich langen Spiesse wie die Kollegen im Ausland, sagte Ritter. Man müsse dringend Lösungen finden. «Sonst wird das Nichts mit der Eiweissproduktion in der Schweiz in den nächsten Jahren», macht er klar. Trotz des Rückschlags und mehrere tausend Franken Verlust will Ritter mit pflanzlichem Protein weitermachen.
Resistenzgefahr
Der Schaden von Ritter sei kann Einzelfall, führte Markus Hochstrasser vom kantonalen Pflanzenschutzdienst aus. Bei Zwiebeln, Rettich, Zuckerrüben, Mais und Raps sei ein ähnliches Szenario zu beobachten. Bei Letzterem sei der Erdfloh der Übeltäter.
Da eine effektive Saatgut-Beizung in der Schweiz nicht zugelassen sei, müssten Rapskulturen gegen den Schädling jährlich bis zu dreimal behandelt werden, so Hochstrasser. «Die einzige in der Schweiz, alternativ wirksame zugelassene Wirkstoffgruppe Pyrethroide ist für Wasserorganismen wie Krebse sehr schädlich. Zudem steigt die Resistenzgefahr beim Raps», warnt Hochstrasser. Die Produktivität auf dem Feld nimmt ab, Food Waste und Ernteausfälle nehmen zu, wenn Pflanzenschutzmittel fehlen, bilanziert Hochstrasser
Ferdi Hodel (Geschäftsführer ZBV) und Martin Haab (Präsident ZBV) freuen sich mit den Referenten Markus Hochstrasser (Pflanzenschutzdienst Strickhof) Regine Sauter (Syngenta) über die gelungene Martini PK.
ZBV
Zulassungsprozess beschleunigen
Der ZBV kritisiert, dass Alternativen seit Jahren im Zulassungsprozess stecken bleiben. Rund 700 Gesuche sind bei den Bundesbehörden pendent. Die Pflanzenschutzindustrie fordert deshalb vom Bund, dass in der EU zugelassene Pflanzenschutzmittel nicht noch einmal in einem separaten aufwändigen Schweizer Zulassungsprozess überprüft werden müssen.
Für den Zürcher Bauernverband ist deshalb klar: Innovative Landwirte wie Ritter dürften nicht durch mangelnde Perspektiven, also fehlende Pflanzenschutzmittel, ausgebremst werden. Der Mangel werde von den Behörden künstlich erzeugt. Damit die Landwirtschaft den Auftrag für eine gesicherte Ernährung der Bevölkerung erfüllen könne, sei der sinnvolle Einsatz von geeigneten Pflanzenschutzmitteln vonnöten, macht der ZBV deutlich.
Landwirt René Ritter wendet sich direkt an die Politik: «Liebe Politikerinnen und Politiker: Ihr fordert, dass wir pflanzliches Eiweiss produzieren. Lässt uns nicht im Stich. Jetzt muss etwas gehen.»
Fehlender Pflanzenschutz – Import von Raps
Obwohl das Schweizer Klima optimale Bedingungen für den Rapsanbau bietet und Potential in der Fruchtfolge vorhanden ist, wird hierzulande aufgrund der anspruchsvollen Pflege und wenig ergiebigen Ernten wegen fehlenden Pflanzenschutzmitteln zu wenig Raps produziert. Für die vom Bund beschlossene Erhöhung der Pflichtlager musste auf importiertes Rapsöl zurückgegriffen werden.
«Notabene Öl aus Raps, der mit in der Schweiz nicht zugelassenen Pflanzenschutzmitteln produziert wurde. Bedenkt man den Hintergrund warum Pflichtlager umgesetzt werden – zur Versorgungssicherheit und Unabhängigkeit von der ausländischen Produktion - so mag es erstaunen, wenn gerade diese Unabhängigkeit kurzfristig wirksam durch Importe sichergestellt wird», kritisiert der ZBV. Nahrungsmittelimporte würden diese Probleme nicht lösen.
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