Bis 2018 vergütete die Eidgenossenschaft den Exporteuren von verarbeiteten Landwirtschaftsprodukten einen grossen Teil der Differenz zwischen in- und ausländischen Rohstoffpreisen, um so die Verwendung schweizerischer Agrarrohstoffe (Milch- und Getreidegrundstoffe) in Exportprodukten wirtschaftlich zu ermöglichen.
Nachfolge des Schoggigesetzes
Diese Ausfuhrbeiträge nach dem sogenannten «Schoggigesetz» wurden im Zusammenhang mit Änderungen in den internationalen Verpflichtungen aufgehoben, wie BAK in der Studie schreibt. Seit Januar 2019 gibt es eine exportunabhängige Finanzhilfe, die den Milch- und Getreideproduzenten seit dem 1. Januar 2019 direkt ausgerichtet wird.
Als zweite Massnahme wurde das Bewilligungsverfahren für den aktiven Veredelungsverkehr mit Milch- und Getreidegrundstoffen vereinfacht. Das soll den Verarbeitern im Export den Zugang zu Milch- und Getreidegrundstoffen zu konkurrenzfähigen Preisen gewährleisten.
Aktiver Veredelungsverkehr
Der aktive Veredelungsverkehr dient der vorübergehenden Einfuhr von Waren zur Bearbeitung, Verarbeitung oder Ausbesserung. Die Waren werden in die Schweiz eingeführt, um eine Veredelung vorzunehmen und danach wieder ins Ausland zu exportieren. Der aktive Veredelungsverkehr ist immer bewilligungspflichtig und muss in der Einfuhrzollanmeldung mit dem Typ «Veredelungsverkehr» angemeldet werden. Die Waren können zollbefreit oder mit Anrecht auf Zollrückerstattung vorübergehend eingeführt werden. Auch eine Befreiung von der Mehrwertsteuer ist möglich.
Weniger Preisdruck
«Die Studie von BAK Economics gelangt zu insgesamt positiven Schlussfolgerungen», schreibt der Bundesrat. Die Ziele der Begleitmassnahmen seien erreicht worden. Ausschlaggebend waren zwei Faktoren:
- Die zusätzlichen Finanzhilfen haben geholfen, den Preisdruck im Schweizer Milch- und Getreidesektor zu reduzieren.
- Das vereinfachte Verfahren des aktiven Veredelungsverkehrs hat ein Konkurrenzangebot von Grundstoffen auf dem Binnenmarkt geschaffen, das für die Verarbeiter von landwirtschaftlichen Grundstoffen eine wettbewerbliche Beschaffung gewährleistet. «Dies wohlgemerkt bereits allein durch die blosse Existenz des vereinfachten Verfahrens, ohne dass es effektiv in Anspruch genommen werden muss», schreibt BAK.
Kapazitäten abgebaut
Insgesamt sei die Balance jedoch fragil. «Unter der insgesamt intakten Oberfläche zeigen sich bereits erste Bruchstellen», heisst es im Bericht. Betroffen ist vor allem die erste Verarbeitungsstufe. BAK nennt die Schweizer Milchpulverproduzenten sowie die Mahl- und Schälmühlen.
So fällt bei den Schweizer Mühlen die Redimensionierung der Beschäftigtenzahlen seit 2019 stärker aus als in anderen Bereichen der Nahrungsmittelindustrie oder des verarbeitenden Gewerbes. Und bei der Milchpulverproduktion haben einzelne Verarbeiter Kapazitäten abgebaut. Als Grund wurde der allgemein hohe Preisdruck genannt. «Kunden der zweiten Verarbeitungsstufe beziehen aufgrund der hohen Preisdifferenz Milchgrundstoffe verstärkt im Veredelungsverkehr, d. h. aus dem Ausland», schreibt BAK.
«Wettbewerbsfähige Preise ermöglichen»
Sollte der Kapazitätsabbau in der ersten Verarbeitungsstufe nicht ausgeglichen werden, hätte dies direkte Folgen für die Schweizer Milchproduzenten. «Grössere Milchmengen müssten dann zu schlechteren Konditionen verkauft werden», heisst es im Bericht. Noch gravierender wäre es, wenn die Nahrungsmittelindustrie ihre Produktionskapazitäten in der Schweiz deutlich reduzieren würde.
Laut BAK ist es entscheidend, dass die verarbeitende Nahrungsmittelindustrie weiterhin Milch- und Getreidegrundstoffe zu wettbewerbsfähigen Preisen beziehen kann. Einschränkungen beim vereinfachten Verfahren des aktiven Veredelungsverkehrs könnten diesen Vorteil zunichtemachen. BAK bewertet politische Vorstösse, die eine Rückkehr zu restriktiveren Regeln fordern, deshalb kritisch.