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«Negatives findet mehr Gehör als Positives»

Wenn die Themenwahl im Sommer für die Medien eingeschränkt sei, könne das der Schweizer Landschaft helfen. Aber Positives zu platzieren, bleibe schwierig. Das sagt Sandra Helfenstein, Co-Leiterin Kommunikation beim SBV.

sal |

«Schweizer Bauer»: Der «Berner Oberländer» titelte am Montag: «Wie der Wolf die Landwirte unter Druck setzt». Der «Tages-Anzeiger» brachte einen grossen Artikel zur wissenschaftlichen Neubewertung von Methan, das als Treibhausgas nicht mit CO2 gleichgesetzt werden dürfe. Das Schweizer Fernsehen wiederholte den Dokfilm über die Bergbauernfamilie Epp im Maderanertal. Auch die «Neue Zürcher Zeitung» schrieb, dass die irische Idee fürs Küheschlachten zugunsten des Klimas nicht die beste sei und dass Soja nicht zu verteufeln sei, sondern eine interessante Pflanze, die man auch hierzulande anbauen könne. Findet die Landwirtschaft zuletzt in den Schweizer Medien mehr Verständnis?

Sandra Helfenstein: Die Landwirtschaft hat die Medien schon immer sehr interessiert. Unsere Themen sind emotional, und alle Menschen haben durch den Kauf der Lebensmittel einen Bezug (und eine Meinung) dazu. Verglichen mit anderen Branchen geniessen wir also überdurchschnittlich viel Beachtung. Im Sommerloch zeigt sich das dann besonders stark, denn die Landwirtschaft gibt immer etwas her! Leider für uns sind negative Schlagzeilen besonders «clicky». Und heute zählt, wie oft ein Artikel geklickt wird. Aus diesem Grund finden diese viel leichter Gehör als positive. Erfolge lassen sich medial also nur schlecht verkaufen. Das Sommerloch kommt uns diesbezüglich entgegen. Wenn die Themenwahl für die Medien eingeschränkt ist, ist es einfacher. Die Geschichte mit der Neubewertung des Methans beruht auf einem neu erschienenen Bericht von uns, den der «Tages-Anzeiger» aufgenommen hat. Das ist wertvoll, um der verbreiteten Meinung «Kühe sind Klimakiller» einen sachlicheren Kontext zu geben.

Einerseits heisst es in den Medien, Schweizer Tomaten seien derzeit wegen des Grenzschutzes teuer oder zu teuer, andererseits heisst es, die wahren Kosten von Lebensmitteln müssten viel höher liegen, da Umweltschäden aktuell nicht einberechnet würden. Wie reagieren Sie darauf, was machen Sie damit? 

Mit Widersprüchlichkeit in ihren Berichten haben die Medien keinerlei Probleme. Wenn also jemand behauptet, dass der Grenzschutz die Tomaten für die Konsumenten unverhältnismässig verteuert, dann findet er Gehör. Wenn dann irgendeine Untersuchung – oder in diesem Fall der Versuch des deutschen Detailhändlers Penny, die «wahren» Kosten einzupreisen – zum Schluss kommt, dass Lebensmittel zu günstig sind, ebenso. Das ist aber nicht nur schlecht, denn so kann sich die Bevölkerung aufgrund der verschiedenen Argumente selbst ein Bild machen. Die Wirkung wird stark davon abhängen, welches Wertebild die entsprechende Person hat. Eine umweltaffine Person wird den zweiten Artikel stärker gewichten. Ob sie dann allerdings ihr Kaufverhalten entsprechend anpasst, ist damit nicht gesagt. Denn auch der Mensch selbst hat mit Widersprüchlichkeit kein Problem.

Wie wurde die Medienkonferenz von SBV und IP-Suisse zum sogenannten Food Overshoot Day von Anfang Juli auf einem Hof in Deisswil BE in den Medien aufgenommen?  

Wir haben diese Medienkonferenz am 7. Juli und damit zu Beginn des Sommerlochs durchgeführt, in der Hoffnung, dann mediale Aufmerksamkeit zu finden. Persönlich bin ich etwas enttäuscht, dass es uns nicht gelungen ist, SRF Radio oder Fernsehen fürs Thema zu interessieren. Aber dank der Meldung der Schweizerischen Depeschen-Agentur (SDA) ist der Food Overshoot Day (den wir übrigens in Anlehnung an den Earth Overshoot Day selbst erfunden haben) doch vielerorts als kleine Agenturmeldung erwähnt worden. CH-Media, die ja einen Grossteil der Deutschschweiz abdeckt, hat dann mit etwas Verzögerung noch etwas Grösseres daraus gemacht. Von dem her bin ich zufrieden.

Wenn Sie wünschen könnten: Was sollten die Schweizer Medien verstärkt thematisieren?

Aufhänger des Food Overshoot Day ist das Thema Ernährungssicherheit. Wie wir künftig die wachsende Menschheit mit schwindenden Flächen, klimatisch immer grösseren Einschränkungen und mit nicht unendlichem Potenzial für Effizienzsteigerung ernähren können, ist für mich eine der grossen Herausforderungen unserer Zeit. Bei uns in der Schweiz mit unserem Überfluss ist dieses wichtige Thema definitiv noch kaum angekommen.

Sie arbeiten seit dem Sommer 2005 für den SBV im Bereich der Kommunikation. Was hat sich in dieser langen Zeit verändert?  

Am stärksten verändert haben sich die Medienlandschaft und die Konsumgewohnheiten. Es gibt in der Schweiz vor allem noch grosse Medienkonglomerate. Kleine, unabhängige lokale Medien sind fast verschwunden. Vom Bündnerland bis nach Solothurn, von Zürich über Basel bis nach Bern lesen Frau und Herr Schweizer abgesehen vom Regionalteil praktisch die gleichen Zeitungen. Ebenso gross sind die Veränderungen beim Medienkonsum. Gerade jüngere Menschen konsumieren kaum mehr herkömmliche Medien. Sie informieren sich über Instagram, Youtube oder Tiktok. Bei jenen im mittleren Alter kommt noch Facebook hinzu, bei politisch aktiven Menschen und bei den Medien Twitter.

Lassen sich die grossen Publikumstitel der grossen Verlage überhaupt beeinflussen?

Nein. Sie lassen sich höchstens dazu gewinnen, ein Thema aufzunehmen, wenn man ihnen genügend spannendes Material dazu liefern kann. Aber wie sie es bringen und wen sie alles dazu zu Wort kommen lassen, darauf haben wir keinen Einfluss.

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