Vor 40 Medienschaffenden und im Einzelinterview beantwortete Markus Ritter viele Fragen. Die Antworten sind hier im Wortlaut wiedergegeben.
Zu seiner Zeit im Militär:
«Ich war gerne im Militär. Ich war in der Truppenschule der Bettnachbar von Beat Walti, wir haben uns damals über Gott und die Welt ausgetauscht, ich meine den heutigen Nationalrat Beat Walti. Ich wurde damals noch bei der gezogenen Artillerie ausgebildet und wurde dann zur Panzerartillerie umgeteilt. Ich habe Dienst geleistet in der Panzerhaubitzenbatterie 33. Es hat mir Freude gemacht: die Technik, die Zusammenarbeit, auch das komplexe Zusammenspiel, das nötig ist, damit man in der nötigen Geschwindigkeit schiessen kann. Das hat mir grosse Freude bereitet. Ich konnte aber mit 22 Jahren unseren Landwirtschaftsbetrieb übernehmen. Damit war eine militärische Karriere einfach schwierig zu vereinbaren. Wir waren aber sieben Mann an unserer Geschützbedienung in der RS (Rekrutenschule). Ich war einer der Treiber dort, sie hatten es nicht so schön mit mir. Aber von meinen sechs Kameraden haben alle sechs den Vorschlag für die Unteroffiziersschule erhalten, ausser mir alle. Wir waren immer die Schnellsten in der Geschützbedienung, an uns führte kein Weg vorbei. Ich selbst bin dann Gefreiter gewesen, habe mich mit sehr viel Herzblut und Engagement in die WKs (Wiederholungskurse) eingebracht. Daneben war ich Schützenmeister und Aktuar unserer Schützengesellschaft. Armee und Landesverteidigung haben mir immer viel bedeutet.»
Auf die Frage, ob er mit der Kandidatur nicht auch viel verlieren könnte:
«In den Diskussionen im Bauernverband sind wir zum Schluss gekommen, dass wir am Abend des 12. März so oder so Gewinner sein werden. In jedem Fall haben wir mit einer hochprofessionellen Kandidatur zu einer Auswahl beigetragen und gezeigt, dass das VBS wichtig ist, dass wir auch das VBS führen könnten, dass wir bereit sind, Verantwortung zu übernehmen und hinzustehen, dass wir Bauern, die dieses Land auch aufgebaut haben, bereit sind, uns für die Armee, für das Land, für die Landesverteidigung zu engagieren, wenn Not am Mann ist. Wenn es eng war in der Geschichte unseres Landes, ist die Landwirtschaft nie zurück, sondern nach vorne gestanden. Das ist auch jetzt der Fall. Wenn ich nicht gewählt werde, bin ich weiterhin Bauernverbandspräsident, ein sehr glücklicher Bauernverbandspräsident. Dann mache ich das genau, wie es geplant worden ist, bis zum November 2028.»
In meinem Leben habe ich noch nie ein Haus verlassen, das ich nicht aufgeräumt habe.
Ob er bei der erstbesten Gelegenheit ins Wirtschaftsdepartement wechseln würde:
Doris Kleck, Bundeshausredaktorin und stellvertretende Chefredaktorin von CH-Media, fragte Markus Ritter: «Sie haben jetzt eigentlich eine Bewerbung für das VBS abgegeben. Können Sie uns versprechen, im VBS zu bleiben und nicht bei der nächstbesten Gelegenheit das Wirtschaftsdepartement zu übernehmen?» In ihren Augen darf es offenbar nicht sein, dass Ritter in der ferneren Zukunft das Wirtschaftsdepartement übernähme, wo Ritter viele Vorkenntnisse mitbrächte.
Markus Ritter (rechts) im Gespräch mit PR-Berater Lorenz Furrer. Ritter dankte ihm vor der Medienkonferenz für seine Ideen.
Daniel Salzmann
Ob sie den studierten Umweltwissenschaftler Beat Jans (SP), der viele Jahre in der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie gesessen hat, vor seiner Wahl in den Bundesrat auch gefragt hat, ob er verspricht, nie das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation zu übernehmen? Das muss an dieser Stelle offen bleiben. Hier die Antwort von Markus Ritter:
«Ich möchte den Konjunktiv vorausstellen. Wenn ich die Sicherheitsüberprüfung gut überstehe, aufs Ticket der Mitte-Fraktion komme, von der Bundesversammlung als Bundesrat gewählt werde und dann das VBS bekomme, wenn das alles eintritt, dann kann ich ihre Frage beantworten. Schauen Sie, in meinem Leben habe ich noch nie ein Haus verlassen, das ich nicht aufgeräumt habe. Das galt für mich als Stadtrat von Altstetten, als Präsident des St. Galler Bauernverbandes, das gilt für mich als Schweizerbauernverbandspräsident. Aber auch unsren Betrieb, den wir vor zwei Jahren an unsere Söhne weitergegeben haben, haben wir in allen Teilen so übergeben, dass unsere optimale Grundlage haben oder hatten, um den Betrieb weiterzuführen. Das wäre selbstverständlich auch im VBS so. Bevor nicht dieses VBS in einem Topzustand wäre, auf den wir alle stolz sein können, sodass jeder und jede mit Stolz und Freude auf dieses VBS schaut und die kritischen Stimmen mindestens mit Respekt auf dieses VBS schauen, solange würde ich dort bleiben. Das kann ich hier versichern. Was die Zukunft bringt, weiss man nie, und man kann den Entscheiden des Gesamtbundesrats in einer solchen Situation nicht vorgreifen. Aber für mich ist klar: Das VBS braucht zurzeit eine starke Hand und eine gute Führung. Ich möchte hier der Öffentlichkeit, aber auch den 12’000 Mitarbeitenden im VBS die Gewähr und die Sicherheit geben, dass wenn ich dort anpacken würde und ein Garant für Stabilität, für Führung, aber auch für das Anstreben des notwendigen Erfolgs in den Projekten, in der Beschaffung, aber auch und in den dazugehörigen Prozessen wäre.»
Wenn ich gewählt würde, werde ich Vollgas geben.
Auf die Frage, ob er als VBS-Vorsteher am Chef der Armee festhielte:
«(…) Ich rede zuerst mit den Leuten, bevor ich über sie urteile. Ich bin ein Mensch, der mit sehr viel positiver Energie auf die Menschen zugeht. Ich war einmal Präsident der Baukommission der Stadt Altstätten. Damals wurde mir gesagt, die Leute in dieser Abteilung kannst du alle gleich schicken, die nützen nichts. Ich habe festgestellt, dass es ausgezeichnete Leute waren, die nicht geführt waren. Das war innerhalb von zwei Monaten anders. Und ein älterer Mitarbeiter hat mir einmal mit Tränen in den Augen gesagt, er hätte nie geglaubt, dass es einmal noch so schön werden würde hier in diesem Betrieb. Wir hatten Zug auf der Maschine!»
Zum allfälligen Abschied vom Schweizer Bauernverband:
«Wenn ich gewählt würde, werde ich Vollgas geben, wie immer im Leben. Da werde ich 150 Prozent meiner Energie in die neue Aufgabe investieren. Alles andere wird vorbei sein. Aber dass ein Mensch, der zwölf Jahre daran gearbeitet hat, einen Verband in diese Kampagnenfähigkeit, in diese Schlagkraft zu bringen, die in der Schweiz wirklich fast ihresgleichen sucht, es da nicht einfach hat loszulassen, das müssen Sie mir glauben. Das war ein ganz schwerer Entscheid, der mir und meinen Leuten im Bauernverband, in dem ich wirklich ein Team habe, das so gut und eng zusammenarbeitet und sich so vertraut, alles andere als leicht gefallen ist. Da stand wirklich das Land und die Landesverteidigung im Vordergrund, und wir haben offen diskutiert: Können wir nochmals die Priorität Landwirtschaft setzen in dieser extremen Ausgangssituation, oder müssen wir hier jetzt Hand bieten? Es gab noch zwei Telefone, die wichtig waren, mit möglichen Nachfolgern im Präsidium Bauernverband. Und wenn die nicht zugesagt hätten, diese Aufgabe zu übernehmen, wenn sie gewählt werden, dann hätte ich auch nicht zugesagt.»
Die zwei Telefone mit möglichen Nachfolgern führte Markus Ritter sehr wahrscheinlich mit Nationalrat Martin Hübscher (SVP, ZH) und Nationalrat Ernst Wandfluh (SVP, BE).
In Verträgen ist es matchentscheidend, wie die einzelnen Formulierungen aussehen.
Zu den EU-Verträgen, welche der Bundesrat mit der Europäischen Kommission ausgehandelt hat:
«Wir reden von einem grossen Vertragswerk, und wir reden von einigen zentralen Punkten, die die politische Diskussion in diesem Land beeinflussen werden. Ich habe alle Informationen des Bundesrates und der Verwaltung zur Kenntnis genommen, die jetzt natürlich zurecht versuchen, das Verhandlungsergebnis auch in ein günstiges Licht zu stellen. Ich möchte einfach alle diese heiklen Passagen mit den exakten Regelungen, zu Beispiel, wie der Streitbeilegungsmechanismus genau funktioniert, wie die flankierenden Massnahmen aussehen, wichtig für die Arbeitnehmenden, lesen. Ich will wissen, wie diese genau ausformuliert sind. Und zwar will ich das selbst lesen. Und wenn man das nicht tut… In Verträgen ist es matchentscheidend, wie die einzelnen Formulierungen aussehen. Ich bin offen für die Diskussion, und der Gesamtbundesrat hat Unterstützung beschlossen. Wenn ich gewählt würde als Bundesrat, dann ist es klar, dass ich Meinung des Gesamtbundesrates vertrete. Aber für meine eigene Meinungsbildung, das habe ich im Schweizer Bauernverband immer so gehandhabt, wir werden den ganzen Vertrag lesen, sechs bis sieben Leute, Seite für Seite, Satz für Satz, da bekomme ich jeweils eine detaillierte Zusammenfassung mit sämtlichen strittigen Punkten (…) Wenn Sie glaubwürdig entscheiden wollen, müssen sie auf präzise Fragen, die von den Gewerkschaften kommen werden, von Rechts kommen werden, von Links auch, präzise Antworten haben. Und diese haben Sie nur, wenn Sie solche Werke selbst gelesen haben, selbst verstehen und auch präzise Auskunft geben können. Vom Hörensagen… ich werde die Zusammenarbeit mit der Verwaltung schätzen, ich werde die Gespräche schätzen, aber ich lese alles zuerst selbst. Und dann rede ich mit den Leuten und lasse mich noch zusätzlich informieren. Ich lasse mich nicht nur in Gesprächen informieren. Das finde ich einfach zuwenig. (…)»
Ritters Aussage lässt sich auf den Bundesrat beziehen
Die Brisanz in Ritters Aussage liegt darin, dass der Bundesrat in seiner Sitzung am Vormittag des 20. Dezembers sehr wahrscheinlich dem Vertragswerk mit der EU zugestimmt, ohne den ganzen Vertrag in voller Länge mit allen Formulierungen vor sich gehabt zu haben. Das zumindest schreibt Carl Baudenbacher, der frühere Präsident des EFTA-Gerichtshofes und entschiedener Gegner der Verträge, auf nebelspalter.ch . SVP-Nationalrat Franz Grüter, der frühere Präsident der Aussenpolitischen Kommission und ebenfalls Gegner der Verträge, sagte vor einigen Tagen an einer Nebelspalter-Anlass in Luzern vor über hundert Leuten, dass die Bundesräte bei ihrem Entscheid die 1500 Seiten des Vertrags nicht vor sich gehabt hätten, sondern am Donnerstagmittag, also weniger als 24 Stunden vor der Bundesratssitzung, erhalten hätten.
Laut Grüter ist die Bundesratssitzung extra wegen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen um eine Stunde nach vorne geschoben worden, von neun auf acht Uhr. Von einem Korrigendum im Nebelspalter oder anderslautenden Aussagen in anderen Medien las man bislang nichts. Also muss Stand heute davon ausgegangen, dass die Bundesräte dem Vertragswerk zugestimmt haben, ohne ihn vorher selbst durchgelesen zu haben. Damit hätten sie das oben formulierte Prinzip von Markus Ritter verletzt.
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