Der Chef des Agrarkonzerns Syngenta hat angesichts einer drohenden Nahrungskrise eine Abkehr vom Biolandbau gefordert. Reiche Länder stünden in der Pflicht, ihre Agrarproduktion zu erhöhen, um eine weltweite Hungerkrise zu verhindern, sagte Erik Fyrwald. Die Kleinbauern-Vereinigung und Bio Suisse kritisieren den Syngenta-Chef.
Die Erträge im Biolandbau könnten je nach Produkt um bis zu 50 Prozent tiefer ausfallen, sagte der 62-jährige US-Manager des Basler Konzers im Interview mit der «NZZ am Sonntag». «Die indirekte Folge ist, dass Menschen in Afrika hungern, weil wir immer mehr Bioprodukte essen.»
«Bio schadet Klima»
Der Biolandbau fördere den Landverbrauch, weil er grössere Flächen benötige, sagte Fyrwald. Bio schade auch dem Klima, weil die Äcker in der Regel gepflügt würden, was den CO2-Ausstoss erhöhe. Und in der Biolandwirtschaft würden auch Pestizide im grossen Stil eingesetzt. «Sie sind allerdings weniger effizient. Im Bioweinbau wird gegen Pilzbefall Kupfer eingesetzt, ein Schwermetall», so der Syngenta-Chef.
Die Leute sollen nach Ansicht von Fyrwald biologisch produzierte Produkte kaufen dürfen, wenn sie dies wollten, aber die Regierungen sollten darauf pochen, dass die Ertragsverluste nicht derart gross sind. Die EU-Landwirtschaftspolitik strebt demnach einen Bioanteil von 25 Prozent an. In der Schweiz beträgt der Marktanteil 11 Prozent. Das Ziel gelte es aber kritisch zu überprüfen, machte der Manager deutlich. «Menschen in Afrika wird Nahrung weggenommen, weil wir Bioprodukte wollen und unsere Regierungen die Biolandwirtschaft unterstützen», kritisiert der in Basel lebende Fyrwald.
Ukraine ernährte 400 Millionen Menschen
Fyrwald plädierte für einen dritten Weg in der Landwirtschaft, also weder nur konventionell noch rein biologisch. «Unsere Vision heisst regenerative Landwirtschaft», sagte er. Vom Biolandbau übernehme man die Fruchtfolge. So würden die Böden gesund bleiben. Gleichzeitig setze man Pflanzenschutzmitteleinsatz gezielt ein, damit die Äcker nicht gepflügt werden müssten und das CO2 in der Erde bleibe. «Dazu braucht es Pflanzen, die Wetterextremen widerstehen», so der Manager weiter. Da helfe Genom-Editierung, um die Erträge zu steigern
Dass er und Syngenta den Biolandbau aus Konzerninteressen bekämpfen, bestritt er im Interview. «Die ganze Branche erzielt mit Bio hohe Gewinne, weil die Konsumenten bereit sind, viel dafür zu zahlen.»
Gefahr einer Ernährungskrise
Der Syngenta-Chef sah eine grosse Gefahr für eine weltweite Ernährungskrise. Bereits vor dem Ukraine-Krieg seien die Preise für Mais, Soja und Getreide wegen Covid-19 und Wetterextremen gestiegen. Es habe eine Dürre in Südamerika und im Westen der USA gegeben, gleichzeitig sei es im Mittleren Westen kalt und nass gewesen. Zudem leide Indien unter einer Rekordhitze.
Und nun komme der Krieg in der Ukraine dazu, sagte Fyrwald. Die Ukraine ernähre 400 Millionen Menschen. Das Uno-Welternährungsprogramm decke den Bedarf von 125 Millionen Menschen, die Hälfte des Getreides komme aus der Ukraine. Dieses falle nun weg.
Bauern unterstützen
Europa und die USA würden die Verknappung in erster Linie durch steigende Preise zu spüren. «Die reichen Länder stehen aber in der Pflicht, selbst so viel Nahrung zu produzieren, um eine Hungerkrise in armen Ländern zu verhindern», sagte der US-Amerikaner zur «NZZ am Sonntag».
Es spricht sich auch gegen die Schliessung von Märkten aus. Boykotte gegen russische Agrarexporte wären keine gute Idee, hielt er fest. «Vor allem müssen wir aber die Bauern rund um die Welt unterstützen. Wir sollten ihnen Mittel zur Verfügung stellen, die helfen, die Erträge zu erhöhen, und die Resistenz der Pflanzen gegen Wetterextreme stärken», so Fyrwald.
Kritik der Kleinbauern-Vereinigung und Bio Suisse
Der Berner Biobauer und Präsident der Kleinbauern-Vereinigung, Kilian Baumann, bezeichnete die Argumentation von Syngenta als grotesk: Weil die Bauern immer weniger Pestizide einsetzten, kämpfe ein Agrarkonzernvertreter um seine Umsätze. Nicht der Biolandbau, sondern der Hunger auf Fleisch förderten den Landverbrauch, schrieb der Grüne Berner-Nationalrat in einem Tweet.
Auf 43 Prozent der Schweizer Ackerfläche würden Futtermittel angebaut und zusätzlich würden noch 1,2 Millionen Tonnen an Futtermitteln importiert. Um eine tierische Kalorie zu produzieren benötigt es ein Vielfaches an Fläche gegenüber einer pflanzlichen Kalorie, so Baumann.
Bio Suisse wies in einer Stellungnahme auf Anfrage von Keystone-SDA darauf hin, dass ein Drittel der produzierten Nahrungsmittel ungenutzt in den Abfall wandere. Getreide, Mais und Speiseöl würden in enormen Mengen in Treibstofftanks landen oder zu Fleisch verarbeitet, während Menschen verhungerten. «Die Fläche für eine Portion Schweineschnitzel könnte dabei fünf Portionen Bio-Soja produzieren», schreibt der Kommunikationsleiter von Bio Suisse, Lukas Inderfurth.
Zudem sollten Kleinstbetriebe gefördert werden, die sind oft kreativer und flexibler als die Grossen.
Wie es ist, wenn man richtig abhängig ist, zeigt leider die aktuelle Lage bei Gas und Öl!
Diverse spritzmittel wo über Jahre nicht abbaubar sind etc. Produziere jetzt wieder nach ip Richtlinien und der Ertrag macht wider richtig Freude auch wenn unterem Strich finanziell drinn ist.
Habe Milchvieh Haltung zuchtsauen, wenig ackerbau und ein paar hochstämmer.
Die Argumente vom Bauern-Killian kann man nicht wirklich ernst nehmen. Leute die arbeiten brauchen auch mal ein Stück Fleisch. Und wenn die Leute ein Stück Fleisch wollen, dann wollen sie nicht Kraut und Rüebli.
Gescheiter mal was gegen das Foodwaste unternehmen, als immer Die Bio branche verfluchen. Das ganze ist nicht zu ende gedacht!
Sie haben Recht, das ganze *Bio* ist wirklich nicht zu Ende gedacht. ;-)
Sie sollten desweiteren Ihrem Namen gerecht werden und noch etwas weiter zurück "beobachten"...
https://www.blick.ch/wirtschaft/migros-chef-bolliger-provoziert-debatte-bio-ist-schlecht-was-ist-dran-id7745659.html
Ausgerechnet Derjenige, welcher "Bio" zu dem gemacht hat, was es heute ist... letztendlich geht es immer nur um Eines: Margen, Gewinn, Wachstum. UND NICHTS ANDERES.