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Auch kleine Biogasanlagen lohnen sich

Michael Götz |

 

Biogasanlagen entstehen meistens dann, wenn viel Gülle oder grosse Mengen an Gärsubstraten aus Industrie oder Gewerbe verfügbar sind. Doch auch für kleinere Betriebe kann eine Biogasanlage interessant sein.

 

Andreas Lehmann ist ein Tüftler, einer, der Freude an der Technik hat, am liebsten nichts fertig übernimmt, sondern die Technik seinen Wünschen anpasst. Er führt zusammen mit seinem Sohn Robin in Langrickenbach TG einen 15 ha grossen Landwirtschaftsbetrieb mit 20 bis 25 Milchkühen, die ein Roboter melkt.

 

Trotz der bescheidenen Tierzahl hat der Landwirt seit dem Jahre 2020 eine Biogasanlage in Betrieb. Neben den betriebseigenen Gärsubstraten verwendet er auch Gülle und Hühnermist nahe gelegener Landwirtschaftsbetriebe.

 

Beim Fermenter nicht sparen

 

Es ist im Grunde genommen eine einfache Sache, erklärt der Landwirt. Es braucht einen Fermenter, in welchem die Gülle gärt, eine Vorgrube, aus welcher die Gülle in den Fermenter gepumpt wird, einen Gasspeicher und ein Blockheizkraftwerk (BHKW), welches das Gas in elektrische und thermische Energie umwandelt. Die Kunst liege darin, es möglichst einfach und schlank zu machen. Der Fermenter muss mindestens 5 m3 Volumen/GVE fassen.

 

Der Motor, der das Rührwerk im Fermenter antreibt.
Michael Götz

 

«Nicht bei der Fermentergrösse sparen», betont Lehmann. Er «füttert» den 400 m3 grossen Fermenter täglich mit etwa 9 m3 Gülle. Die durchschnittliche Gärdauer der Gülle beträgt folglich gerade einmal etwa 45 Tage. Besser wäre eine Gärdauer von 60 bis 80 Tagen, fügt der Landwirt an. Damit liesse sich das Gärpotential besser ausschöpfen.

 

Flügel-Rührwerk

 

Das Gärsubstrat «wandert» langsam vom Einlass zum Auslass. Um dies zu erreichen, sind halboffene Zwischenwände in den Gärbehälter eingebaut, eine Art Labyrinth. Ein horizontal liegendes Flügel-Rührwerk mischt das Substrat regelmässig und verhindert die Bildung einer Schwimmdecke.

 

Das Labyrinth ist eine wichtige Voraussetzung für eine effiziente Nutzung der Gülle, betont Niklaus Hari von der Haral GmbH in Reichenbach BE. Er hat das Biogassystem «Haral» entwickelt. Ziel ist es, die ganze Gülle zu vergären. In einem Rundbehälter wird unvergorene und vergorene Gülle miteinander vermischt und die Nutzung des Gaspotentials ist weniger effizient.

 

Der Druckausgleichsbehälter verhindert einen Überdruck um Fermenter, falls die Gasleitung verstopft ist
Michael Götz

 

Gärung benötigt Wärme

 

Die Methanproduktion beginnt etwa bei Gülletemperaturen ab 30 °C. Die Gülle muss deswegen erwärmt werden. Die ideale Temperatur liegt bei 42 °C. Dafür sind entlang der Fermenterwände Heizschlangen montiert. Heizmittel ist Wasser, das im BHKW von der Abwärme erwärmt wird. Gemäss dem deutschen Biogas-Experten Hans Friedmann kommt es für die Gasausbeute weniger darauf an, ob die Gülle auf 30 oder 50 °C erwärmt wird. Wichtig ist, dass es keine grossen Temperaturschwankungen gibt. Die Temperatur der Gülle im Fermenter sollte nicht mehr als 1°C pro Woche schwanken.

 

Der Fermenter auf dem Betrieb Lehmann ist ein geschlossener Betonbehälter, der rundum mit einer 16 cm dicken Isolation umhüllt ist. Eine zweite Betonplatte auf dem erdverlegten Fermenter macht das Befahren möglich. Eine Über- /Unterdrucksicherung schützt den geschlossenen Behälter vor einem Bersten. Ein gefährlicher Überdruck kann dann entstehen, wenn die Gasleitung verstopft. Zu einem Unterdruck kann es kommen, wenn der Landwirt Substrat aus dem Fermenter pumpt, der Gasballon leer ist oder, wenn das Gas zum Druckausgleich zu langsam in den Fermenter zurückströmt.

 

Rohre für die Gasentwässerung.
Michael Götz

 

Der Gasdruck, der sich im Fermenter aufbaut, drückt das Biogas aus dem Fermenter über eine erdverlegte Gasleitung in den Gasballon. Zuvor kondensiert in der Gasleitung Wasser aus dem feuchten Gas und wird in einem Entwässerungsschacht aufgefangen.

 

Fermenter gleichmässig beschicken

 

Niklaus Hari, der erwähnte Planer der Anlage, empfiehlt, nach Möglichkeit den Fermenter täglich mehrmals in gleichen Intervallen mit Gärstoffen gleicher Art und Menge zu beschicken. So lasse sich gleichmässig Gas produzieren. Lehmann beschickt die Anlage vier Mal täglich. Eine Pumpe fördert das Gärgut zeitgesteuert aus einer Vorgrube in den Fermenter. Die Vorgrube befüllt der Landwirt nur einmal pro Woche, da er die Kanäle im Kuhstall nicht täglich entleeren kann. Ein Misthacker zerkleinert Rinder- und Hühnermist, bevor sie in die Gülle eingerührt werden. Neben Gülle und Mist füttert der Biogasproduzent die Bakterien in der Gülle mit Mühlestaub und je nach Jahreszeit mit Abfällen aus dem eigenen Gemüse- und Obstanbau.

 

Für das wöchentliche Aufbereiten benötigt er etwa drei Stunden. Es wäre besser, das Gärgut täglich aufzubereiten und in den Fermenter zu pumpen, da Methangas, das schon in der Vorgrube entsteht, verloren geht. Je früher das Gärgut in den Fermenter kommt, desto grösser die Gasausbeute. «Ich will lieber weniger Arbeit als ein Maximum an Ertrag», begründet Lehmann sein Vorgehen. Er hat sich auch einen Tank für Co-Substrate zugelegt, das sind Abfälle aus der Lebensmittelindustrie. Man solle jedoch bei der Planung nicht mit diesen Abfällen rechnen, empfiehlt er. Da sie viel Biogas erzeugen, sind sie gesucht und werden immer teurer.

 

Der Gasballon muss geschützt sein.
Michael Götz

 

Ballon als Gasspeicher

 

Der erwähnte Ballon zur Gasspeicherung vergrössert oder verkleinert sich je nachdem, wie viel Gas produziert und verbrannt wird. Er befindet sich in einem Raum über der Werkstatt und ist der Sicherheit entsprechend durch Brandschutzwände geschützt. Man könnte den Gasspeicher auch einfacher in einem separaten Holzbau ohne Brandschutz schützen, ergänzt Lehmann. Dann würde der Gasspeicher günstiger. Explosionsgefahr besteht nur dann, wenn Leckgas entweicht und sich ein entzündliches Gas-/Luftgemisch bildet.

 

Das Herz der Biogasanlage ist das 50 kW Blockheizkraftwerk (BHKW) Mephisto G50 von der Firma «Kraftwerk» in Hannover. Der Betrieb des BHKW reguliert sich automatisch nach Zeit und Gasmenge, sagt Lehmann. Er selbst hat praktisch keine Arbeit damit. Den Strom, der bei der Gasverbrennung entsteht, verkauft der Landwirt vollumfänglich an den Netzbetreiber, das sind zwischen 400 und 500 kWh pro Tag. Der Einspeisevertrag garantiert ihm einen Preis von total 46 Rappen pro kWh. Neben Strom fällt viel Wärme an. Damit werden zwei eigene und zwei Wohnungen des Nachbarn geheizt und alle Warmwasserboiler betrieben.

 

Die Investitionskosten der Biogasanlage betragen etwa 800'000 Franken. Der Kanton Thurgau förderte die Anlage, indem er 25% der Kosten übernahm. Wer in Zukunft eine Biogasanlage baut, darf sogar mit höheren Förderbeiträgen rechnen. Ab 2023 gewährt der Bund Beiträge von 50% der Baukosten exklusive Planungskosten. Ausserdem zahlt er jährliche Beiträge an die Betriebskosten.

 

Das 50 kW-Mephisto-Blockheizkraftwerk BHKW
Michael Götz

 

Wenig Arbeit und kaum Störungen

 

Es ist ein guter Zeitpunkt, eine Biogasanlage zu bauen, folgert Lehmann. Manches liesse sich kostengünstiger als bei ihm bauen, wenn man die Anlage kompakter plane. BHKW und Fermenter sollten nahe beieinander liegen, um Leitungen zu sparen. Für den Gasspeicherraum würde eine einfache Holzkonstruktion genügen. Da Wärmeleitungen teuer sind, sollte man auch darauf achten, das BHKW in der Nähe der mit Fernwärme beheizten Wohnhäuser zu platzieren.

 

Allein schon durch eine geschickte Planung lässt sich viel Geld sparen. Wer betriebseigene Gärstoffe verwendet, ist unabhängig vom Preis der Gärstoffe und benötigt keine grossen Umschlagplätze für die Anlieferung. «Die Anlage benötigt wenig Arbeit, also keine zusätzlichen Arbeitskräfte, und ist nicht störungsanfällig, fasst der Landwirt für ihn wichtige Vorteile zusammen

 

Anlagenplaner Niklaus Hari von der Haral GmbH in Reichenbach BE
Michael Götz

 

Anlagenplaner Niklaus Hari am Weiterbildungskurs der ALB-Schweiz

 

  • «Eine Biogasanlage füttert man wie eine Kuh». Es kommt nicht nur auf die Art des Gärsubstrates an, sondern auch darauf, wie und wie oft man das Gärsubstrat in den Fermenter gibt. Dazu braucht es Fingerspitzengefühl. 
  • Faustzahl: Die Gülle einer Kuh kann etwa einen Haushalt mit Energie versorgen.
  • Biogasanlagen tragen dazu bei, unabhängig von fossiler Energie zu werden. Das Energiepotential ist etwa 2,5 Mal so gross wie die Stromproduktion des AKW in Gösgen.
  • Klimaschutz: Pro Kuh und Jahr werden etwa 5'000 kg CO2 weniger emittiert. Der Hof wird CO2 neutral. 
  • Der Eigenstromverbrauch einer gut geführten Biogasanlage lässt sich auf etwa 3 % beschränken.
  • Biogas lässt sich auch direkt als Treibstoffe in Fahrzeugen verwenden.
  • Vergorene Jauche stinkt nicht. Stickstoff liegt als pflanzenverfügbares Ammonium vor.
  • Eine mit reinem Hofdünger betriebene Biogasanlage ist ab etwa 40 GVE Rindviehgülle wirtschaftlich.

Kommentare (3)

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  • Toni Fritsche Gehrenberg 33 9050 Appenzell | 22.02.2023
    Toni Fritsche ist überzeugt:
    Mit einer solchen anlage wurde ich vom Energiekonsument zum Energieproduzent, das schon vor 25 Jahren und alles selber bezahlt und viel selber gemacht mit gesundem Menschenverstand( keine Feuerversicherung die ev. schäden bezahlen würde), also ist sicherheit zentral,wichtig.
    letztes Jahr mit 12ha 50 Liter Diesel verbraucht , und 7000 Kwh eigener Strom
    wahrscheinlich wird die Anlage stillgelegt weil sie seit 3 Jahren in der Qellschutzzohne 2 liegt( Wasser gegen
    Energ
  • Lampart Daniel | 19.02.2023
    Immer wieder wird von der kleinanlage Hari oder Harald geschrieben. Solche Kleinanlagen sind grundsätzlich zu begrüssen. Es wird aber festgestellt das solche Anlagen meistens nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprechen. Es ist einebastlerei. Das sollte vermieden werden, sonst leider nur die Branche darunter.
    Die Baukosten für diese kleinanlage sind aus meiner Sicht zu hoch. Eigenleistungen wahrscheinlich nicht eingerechnet.
    • Firefighter | 26.02.2023
      Gibt es nicht am Stadtrand von Sursee einebastlerei?

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