Ortoloco bedeutet frei übersetzt so viel wie «verrückter Gemüsegarten». Weit mehr als ein Gemüsegarten ist die Hofkooperative Ortoloco auf dem Fondlihof in Dietikon ZH. 600 Personen sind als Genossenschafter und Genossenschafterinnen beteiligt. Seit fünfzehn Jahren besteht die Kooperative als Form der solidarischen Landwirtschaft nun. Hinter dem Erfolg stecken nicht etwa hierarchische Strukturen, sondern eine basisdemokratische Organisation, in der die Verantwortung von vielen Schultern getragen wird.
Viel Ehrenamt nötig
«Wir sind sehr dezentral organisiert», sagt Marietta Stadlin, Vorstandsvorsitzende von Ortoloco. Zusammen mit den sechs auf dem Betrieb angestellten Fachkräften (Landwirte und Landwirtinnen) bildet der Vorstand die sogenannte Betriebsgruppe. Der Vorstand wird von der Genossenschaftsversammlung gewählt. Das Gremium trifft sich alle zwei Wochen, die Betriebsgruppe einmal pro Monat.
Weiter unterstützen sogenannte Aussenkreise den Vorstand in gewissen Tätigkeitsbereichen, wie die Finanzen, das Personal oder die Infrastruktur. Bis auf die Arbeit der Fachkräfte basiert alles auf ehrenamtlicher Arbeit, die teilweise durch Reduktionen im Jahresbeitrag verdankt wird.
Kein veganer Hof
Für spezifische Themen werden Projektgruppen mit interessierten Personen gebildet. Ein Beispiel: Die Tierhaltung auf dem Hof stand zur Diskussion, die Projektgruppe «Nutztiere» habe einen Vorschlag ausgearbeitet, und schliesslich wurde an der Genossenschaftsversammlung abgestimmt, dass die Kooperative kein veganer Hof werden soll. Zu solchen Themen finden auch Konferenzen statt, wo sich alle interessierten Genossenschafter und Genossenschafterinnen einbringen können.
Die Genossenschaftsversammlungen finden zweimal jährlich statt. Dort wird unter anderem die Anbauplanung, die Fruchtfolge und auch der Umbau des Hofs von den Fachkräften und Projektgruppen vorgestellt und über wichtige Entscheidungen abgestimmt. «Wir funktionieren als direkte Demokratie», sagt Stadlin. Auch das Budget wird an dieser Versammlung verabschiedet.
Anteilsscheine kaufen
Beim Budget interessiert, wie sich die Kooperative überhaupt finanziert. Wer eintreten will, muss rückzahlbare Anteilsscheine kaufen. Pro Haushalt sind mindestens vier mit einem Wert von je 250 Franken zu zeichnen. Damit wird ein Grossteil der Investitionen in die Infrastruktur finanziert.
Das teuerste Abonnement (Hofabo) kostet 1680 Franken pro Jahr und schliesst Gemüse, Fleisch, Getreide, Sonnenblumenöl und Obst ein. Mit den Abos werden alle laufenden Kosten des Betriebs finanziert (inkl. Löhne, Abschreibungen, Rückstellungen). Zudem leistet jeder Genossenschafter vier Arbeitseinsätze auf dem Hof.
Gelder für Investitionen
«Wir zielen darauf ab, eine schwarze Null zu erwirtschaften mit den Beiträgen», sagt Stadlin. Für diese Budgetplanung ist der Aussenbereich Finanzen verantwortlich. So könnten sie den laufenden Betrieb komplett selbst finanzieren. Für die Investitionen in den Hofumbau, der bereits teilweise läuft, hätten sie auch Stiftungen angefragt und Darlehen bezogen sowie nach Möglichkeit Fördergelder bezogen, beispielsweise für die Solaranlage.
«Bei uns kann sich jeder mit eigenen Initiativen und Ideen einbringen», sagt Stadlin. Operative Entscheide würden im Konsens durch die jeweiligen Gruppen getroffen. Sie hätten klar geregelte Entscheidstrukturen, aber die Wege dahin seien breit abgesteckt. «Wir haben nicht mehr oder weniger Probleme als Organisationen mit hierarchischen Strukturen», so Stadlin weiter.
Bei Problemen fühle sich aber der Vorstand in der Verantwortung, sich um diese zu kümmern und die Genossenschaft darüber zu informieren. Man müsse auch etwas loslassen können, da niemand stets über alle Bereiche der Kooperative informiert sei. «Ortoloco würde nicht funktionieren ohne viel Freude und gegenseitige Wertschätzung», sagt Stadlin.
Bio-Produktion
Gemäss Informationen auf der Website werden auf dem Hof Gemüse, Obst, Süssmost, Getreide, Rindfleisch, Speisesoja, Sonnenblumenöl, Eier, Teekräuter nach Bio-Richtlinien produziert. Zum Betrieb gehören weiter Hecken, extensiv genutzten Wiesen und Weiden, Obstgarten und Wald.
Im 2021 konnte Ortoloco einen Meilenstein verkünden: Die damals 500 Mitglieder der Genossenschaft haben ein Darlehen gewährt. So konnte die Kooperative den Hof Ende 2021 kaufen.
Aber warum überhaupt so kompliziert? Weil offenbar der sogenannte Markt nicht fähig ist, eine Landwirtschaft hervorzubringen die wirklich nachhaltig ist. In der ganzen "Lieferkette" des Marktes schieben die Akteur:innen die Verantwortung an die vor- oder/und nachgelagerten Elemente ab und weisen sie weit von sich. Auch Solawi ist zwar keine Nachhaltigkeits-Garantie, aber das einzige Hindernis zur tatsächlichen Nachhaltigkeit ist der gemeinsame Wille. Wenn Änderungen z.B. in der Produktionsweise vorgeschlagen werden (z.B. wollen wir Klimabelastung maximal reduzieren) dann wird diskutiert, abgewogen, entschieden und schliesslich umgesetzt. Sogar wenn die Basis sich gegen Nachhaltigkeit entscheidet, dann ist das halt so und wir wissen tatsächlich mehr über die Menschen und ihre Problembewältigungsfähigkeiten. Aber der Markt hingegen gaukelt sehr oft Nachhaltigkeit vor wo gar keine ist. Deshalb können am Markt sogar diejenigen, denen Nachhaltigkeit wirklich wichtig wäre, ihren Willen gar nicht zum Ausdruck bringen.
Bei demokratischen Wirtschaftsformen wie z.B. Solawi liegt die Verantwortung bzgl. Nachhaltigkeit tatsächlich bei den Konsumierenden. Beim Markt wird dasselbe zwar behauptet, ist aber tatsächlich nicht der Fall, kann es gar nicht sein.
Als Genossenschafterin bei Ortoloco freue ich mich, dass unsere Art von Landwirtschaft durch diesen Artikel weiteren Personen bekannt wird. Etwas Wichtiges möchte ich ergänzen: Unsere Ernte, sei sie üppig oder mager, wird solidarisch durch alle Abonnent:innen geteilt. Die Bäuer:innen und Gärtner:innen, die bei Ortoloco arbeiten, erhalten einen fixen Lohn. So wird das Risiko auf vielen Schultern verteilt und der Erfolg von vielen genossen.