Kuh Viola erlitt eine Schwergeburt und war danach rund zwei Wochen krank. Deshalb liess Hansruedi Müller die Tiere ein paar Tage nicht in den Laufhof, um die kranke Kuh nicht unnötig zu stressen. Das wurde ihm zum Verhängnis.
Adrian Haldimann
Das Auslaufjournal wahrheitsgetreu ausfüllen, das Tierwohl mit bestem Wissen und Gewissen berücksichtigen. Das tat Landwirt Hansruedi Müller aus Affoltern i.E. BE auch im Januar letzten Jahres und büsst es jetzt mit einer Direktzahlungskürzung.
Kuh nicht laufhoftauglich
Ein Blick zurück. Es ist Samstag, 13. Januar 2024. Bei der Kuh Viola kommt es zu einer Schwergeburt, ein Notfall für den Tierarzt. Glücklicherweise kommt ein lebendes Kalb zur Welt, doch Viola muss in den folgenden 14 Tagen mehrfach wegen Stoffwechselstörungen therapiert werden.
In dieser Zeit ist die Kuh nicht laufhoftauglich und muss aufgestallt bleiben. «Um Violas Gesundheit zu schonen, habe ich beschlossen, die Tiere ein paar Tage nicht in den Laufhof zu lassen, um Unruhe zu vermeiden», sagt Müller. Denn wenn eine Kuh Festliegen habe, wolle er Ruhe im Stall haben und die kranke Kuh nicht noch wegen des Auslaufs der anderen Kühe nervös machen. Er habe das Wohl des Tieres über die Bewegungsfreiheit gestellt, so Müller weiter. Eigentlich müsste er wegen des Weidebeitrags seinen Kühen im Winter 22 Tage pro Monat Auslauf gewähren.
Schlechte Stimmung
Am 3. Juni folgt auf dem Betrieb Müller eine unangemeldete ÖLN-Kontrolle durch die Aniterra AG, ehemals KuL. Auch das Weideprogramm wird kontrolliert. An diesem Tag regnet es. Die Kontrollperson will die Weide ablaufen und kontrollieren. «Ich war nicht bereit, sie zu begleiten, und habe auf die letztjährige Kontrolle verwiesen, die sehr konstruktiv und auf Augenhöhe stattfand», so Müller. Nun aber war die Stimmung gedämpft. Nach der Weidekontrolle will die Kontrollperson auch noch einen Blick in den Abferkelstall werfen. Jetzt nimmt Müller die Biosicherheit ernst. Denn die Kontrollperson habe sich nicht zu vorgängigem Kontakt zu anderen Schweinen geäussert, so Müller.
Das gilt es zu beachten
Thomas Walther, Fachbereichsleiter Tierhaltung und Primärproduktion bei der Kontrollorganisation Aniterra AG, weist auf Folgendes hin: «Auf unserem Kontrollrapport ist das rechtliche Gehör aufgeführt: ‹Die Bewirtschafterin oder der Bewirtschafter kann bei der Aniterra AG innert einer Frist von drei Arbeitstagen nach Bestätigung des Kontrollresultats die Kontrollergebnisse hinterfragen und eine Feststellungsüberprüfung verlangen...›» Diese Zeilen habe der Bewirtschafter offenbar nicht durchgelesen, ansonsten hätte sich seine Reklamation diesbezüglich erübrigt, so Walther weiter. hal
Sie habe dann auf Nachfrage bestätigt, dass sie zuvor einen Mastbetrieb besucht habe. Erst auf Nachdruck habe sie Überziehstiefel angezogen, nicht so aber den von Müller angebotenen Schutzanzug. Trotzdem habe sie den Schweinestall bis zur dritten Abferkelbox betreten. Das war für Müller zu viel des Guten. «Mehrere Stellen wie die Suisseporcs, der Schweinegesundheitsdienst oder der Abferkelring bestätigten mir, dass zum Schutz der Tiergesundheit das gemachte Vorgehen nicht akzeptabel ist und die gesamten Betriebe im Abferkelring und allenfalls weitere Schweinehaltungen gefährdet sind.» Die Stimmung während der Kontrolle wurde nicht besser ‒ im Gegenteil.
«Ich war nicht einverstanden»
Kurz vor Mittag setzt er sich mit der Kontrollperson an den Tisch. Dann sei das Auslaufjournal drangekommen. Die Kontrollperson stellt fest, dass den Kühen im Januar nur an 18 Tagen Auslauf gewährt wurde. «Ich merkte, wie sie sich an die vier fehlenden Auslauftage im Januar klammerte. Alles andere interessierte sie nicht mehr. Sie wusste, dass sie mich damit packen konnte.» Obschon er ihr gesagt habe, dass er aufzeigen könne, weshalb er die Kühe an vier Tagen nicht auf den Laufhof gelassen habe, habe sie aus Zeitgründen abschliessen und den Kontrollrapport unterschreiben wollen.
«Ich war mit diesem Vorgehen nicht einverstanden und verweigerte die Unterschrift», erläutert Müller. Noch am selben Tag schrieb Müller eine Mail an die Aniterra AG und belegte mit den Tierarztrechnungen die notwendige Aufstallung der kranken Kuh. Innerhalb der nächsten zwei Tage lieferte er per Mail eine Therapiebestätigung des Tierarztes und einen Stallplan nach. Müller sagt, die Kontrollperson habe in der Zwischenzeit den Rapport eigenmächtig bereits an das Amt für Landwirtschaft und Natur des Kantons Bern (Lanat) weitergeleitet. Ist es üblich, dass Kontrollrapporte mit aufgeführten Mängeln direkt weitergeleitet werden, ohne dass sie im Plenum bei der Aniterra AG besprochen werden?
«Ich merkte, wie sie sich an die vier fehlenden Auslauftage im Januar klammerte. Alles andere interessierte sie nicht mehr.»
Thomas Walther, Fachbereichsleiter Tierhaltung und Primärproduktion bei der Aniterra AG, verneint auf Anfrage: «Unsere Kontrollpersonen können die Ergebnisse/Feststellungen nicht direkt an die Abteilung Direktzahlungen des Kantons Bern weiterleiten. Die Kontrollergebnisse werden in einer unserer Geschäftsstellen inhaltlich geprüft – Vieraugenprinzip –, die Kürzungsanträge berechnet und erst dann weitergeleitet. Dort werden sie im Übrigen nochmals gegengeprüft.» Offenbar habe man die Begründung des Landwirtes im entsprechenden Fall nicht akzeptieren oder nachvollziehen können, so Walther weiter.
Einsprache erfolglos
So war Müller mit Direktzahlungskürzungen konfrontiert. Bei vier fehlenden Tagen wurden ihm 14 Prozent des Weidebeitrags respektive 952.95 Franken abgezogen. Und Müller blieb nichts anderes übrig, als Einsprache gegen die Schlussabrechnung der Direktzahlungen 2024 zu erheben. Erfolglos, die Einsprache wurde vom Lanat abgewiesen. Im Schreiben des Lanat, das dem «Schweizer Bauer» vorliegt, heisst es: «In Ihrer Einsprache erläutern Sie, wieso Sie den Auslauf für die Milchkühe eingeschränkt haben, und legen entsprechende Belege vor (Bestätigung des Tierarzts, Tierarztrechnung, Stallskizze).
«Ich war mit diesem Vorgehen nicht einverstanden und verweigerte die Unterschrift»
Die Direktzahlungsverordnung sieht zwar unter Ziffer 2.3 im Anhang 6 B (bzw. Ziffer 2.3 im Anhang 6 C) eine Einschränkung des Zugangs zu einer Auslauffläche oder Weide im Zusammenhang mit einem Eingriff am Tier vor. Dies bezieht sich aber nur auf das betroffene Tier und nicht auf den gesamten Tierbestand der entsprechenden Kategorie. Somit wäre die Einschränkung des Auslaufs nur für die Kuh Viola, aber nicht für sämtliche Milchkühe zulässig gewesen.»
Kontrolle nie mehr allein
Müller ist enttäuscht ‒ insbesondere vom Verhalten der Kontrollperson. «Wenn man über Jahre wahrheitsgetreu dokumentiert und über Jahre keine Beanstandungen hat, ist dieses Vorgehen für mich schmerzhaft. Insbesondere bin ich enttäuscht darüber, dass die Kontrollperson im Nachhinein nicht die Wahrheit erzählt.» Denn gemäss einem Schreiben von Walther an Landwirt Müller, das dem «Schweizer Bauer» vorliegt, bestreitet die Kontrollperson den Eintritt in den Gang vor den Abferkelbuchten.
Zum Weidebeitrag
Laut Thomas Walther von der Kontrollorganisation Aniterra AG seien beim Weidebeitrag das Erfüllen der monatlichen 22 Auslauftage bei angebundenem Rindvieh im Winterhalbjahr und der minimale 70-Prozent-TS-Verzehr an jedem Weidetag während des Sommerhalbjahrs ein Dauerthema. Ebenfalls falle auf, dass das Erfüllen der Anforderungen mit Jungvieh oder Mutterkühen einfacher ist als mit Milchkühen. Walther weist darauf hin, dass der Bewirtschafter nicht die Möglichkeit hat, seine Dokumentation anlässlich einer Kontrolle anzupassen respektive zu ergänzen. hal
«Ich kann Ihnen versichern, dass wir die Biosicherheitsmassnahmen und auch die Besucherreihenfolge in Schweinebeständen sehr ernst nehmen und unser Kontrollpersonal diesbezüglich sensibilisieren und ausbilden», hält Walther in diesem Schreiben fest. Für Müller ist klar: «Ab sofort werde ich nie mehr allein mit einem Kontrolleur eine Kontrolle abhalten.» Seine Frau oder sein Nachbar werden ihn künftig dabei begleiten.
Warum erscheint der Artikel nicht mehr unter Meistkommentiert?
Bio schon gleich überhaupt nicht. Das sind die allerschlimmsten die es gibt. Bio wird nur zum Traktieren hergenommen, sonst taug es nichts.
Wo ist das Problem.Eine Kuh krank und sofort bleibt die ganze Herde im Stall?? Da läuten beim Kontrolleur doch sämtliche Alarmglocken. Es gibt Landwirte die haben ein chronisches Leiden wenn sie ihre Tiere aus dem Stall lassen müssen,dabei sollte es doch selbstverständlich sein,dass sie täglich mindestens auf dem Laufhof sind. Wer damit Mühe hat sollte sich Gedanken machen ob er den richtigen Beruf gewählt hat.
Es gibt leider auch Kontrolleure die keinen gesunden Menschenverstand haben!!!!
Wie man in den Wald hineinruft, so kommt es zurück.
Bei der Kontrolle unkooperativ sein und sich wundern wenn die Stimmung kippt. Ich habe jährlich min 2 Kontrollen auf meinem Betrieb. Mit den Kontrolleuren bin ich auch nicht ein Herz und eine Seele.
Jedoch gillt es zu bedenken, dass es auch nur Menschen sind, die ihren Job machen. Mir ist es lieber wenn jemanden von einer Kontrollstelle kommt als vom Amt. Darum macht es keinen sinn die Kontrolleure zum Teufel zu jagen. Ja ich hatte auch schon einen Mangel. Dann wird dieser behoben und gut ist. Viel Betriebe betrügen das System um tausende Franken und wundern sich dann ab einer Kürzung. Dabei wird nicht der Kontrolleur beschissen, sondern die Berufskollegen, welche die Auflagen einhalten und somit die Beiträge verdient haben.
Es grüsst der Nachbahr, denn der besste Kontrolleur ist der Nachbahr 365 Tage anwesend.
Bei den Kontrolleuren, spielen grosse Altersunterschiede, und Ausbildung, und Charakter, und dazu noch die Intelligenz, nicht zu vergessen, wie Menschenkentnis, Anstand und psychologische Fähigkeiten, und letzten Endes, noch die Erfahrung,und die Ausbildung, vor dem Einstieg ins Kontrollwesen eine grosse Rolle.
Den Stellungnahmen von Thomas Walter, kann man nur entnehmen, wie es sein sollte.
Zur Zeit sind drei weibliche Personen, im Kontrolleinsatz.
Dem ganzen Bericht, ist zu entnehmen, das die Chemie, vom Anfang an nicht gesimmt hat, und die Kontrolle sehr unprofessionell verlaufen ist.
Das Landwirt Müller, die Kontrolleurin, als Lügnerin darstellt,wennes nicht so ist, bezweifle ich.
Bei mir wurde falsch gemessen. Der Kontrolleur fand es nicht nötig, die Massskizze im Kontrollhandbuch zu konsultieren und hat mir eine Verwarnung mit allen Folgen (Busse Label, DZ Kürzung, Frist vom Veterinäramt) ausgestellt. Da sich das Ganze als "Missverständnis" herausstellte, wurden die Sanktionen dann nicht vollzogen.
Ich kenne sehr korrekte und angenehme Kontrolleure, leider nun auch andere.
Mich stört, dass es offenbar ein Rating gibt, welche Kontrolleure zuwenig Beanstandungen melden.
Meine Meinung ist,dass der Bauer nur die Kranke Kuh hätte ruhen lassen sollen,dann wäre das nicht passiert.Zudem akzeptiere ich keine Frauen für solche Jobs....
Wenn etwas wirklich aus dem Ruder läuft ist eine Beanstandung ok, aber das meiste ist nur Willkür und Machtspiel. Als bei mir nach langem Suchen nichts gefunden wurde, wurde ich dann verwarnt wegen zu viel Stroh eingestreut...
Uf rächnigshöchi vodä dz chürzigä
Gesunden Menschenverstand gibt es überhaupt nicht mehr.
Gegen dieses System hilft nur ein Mittel: Liberalisierung und Beschränkung der Regulierungswut auf das Wesentliche, Wirksame und einfach Überprüfbare. In Europa in der heutigen politischen Konstellation praktisch unmöglich. Braucht zuerst eine tiefgreifende Wirtschaftskrise.
Es mönschelet…….
Neid und Missgunst sind bei diesen Kontrollen an der Tagesordnung, (gilt sicher nicht für alle Kontrolleure).
Auch wir wurden mehr "schiganiert" als kontrolliert.
Sehr viele Kontrolleure sind NICHT zu 100% auf dem laufende ( gut Ausgebildet)
Wir nahmen einen Anwalt zu hilfe .
Das KUL ( Mitarbeiter) muss unbedingt regenerieriet werden , wir fordern weniger Bürokratie!!
Freundliche Grüsse
Die kontrolleure haben heute keinen Verstand mehr. Ich nenne das einen Kindergarten.
Normales verhalten und eine entsprechende Beratungwäre von Vorteil.
Bei uns im Kt.SG gibt es auch solche Kontroleure.
Die Direktzahlungen gehören den Landwirten,obwohl 1/3 von denen Bundesgeldern im Büro versinkt!!!
Dann suchen sie Neue Kontroleure die keinen Viehhandel betreiben und mit Viehanhänger unterwegs sind um Kalber zu kaufen......
Auf der andern Seite werden gut geführte Betriebe auseinander genommen und gesucht, bis sie irgend etwas kleines finden, das man es sanktionieren kann und das es Abzüge gibt.
Da müssten ja die Chaotenbetriebe noch Geld bringen, denn wenn alle Beanstandungen die ja jeder von weitem sieht auch so scharf sanktioniert würden.